Beben lässt Japans Wirtschaft erzittern

D&B hat den Risiko-Indikator für Japan von DB2c auf DB3a heruntergestuft. Dieser Schritt erfolgte angesichts der enormen Folgen, die das Erdbeben und der Tsunami vom 11. März mit sich brachten für Menschen in Japan sowie die japanische Wirtschaft. 

Noch ist das komplette Ausmaß der Zerstörung durch den Tsunami nicht zu überblicken. Die Folgen der atomaren Schäden durch die Reaktorkatastrophe am Kernkraftwerk Fukushima I sind derzeit noch gar nicht abzuschätzen. Selbst ohne Betrachtung der atomaren Folgen rechnen die Experten von D&B damit, dass der Wiederaufbau nicht vor dem 3. Quartal beginnen wird. Zu stark sind Infrastruktur und damit die Lieferketten innerhalb Japans zerstört. 

Allein die Stromkonzerne gehen davon aus, den Strom bis mindestens Mitte April rationieren zu müssen. Hiervon hängt auch stark die Versorgung mit Lebensmitteln ab. Ebenso müssen Transportwege in manchen Gebieten völlig neu geschaffen werden. Erst in den kommenden Wochen wird sich abzeichnen, wie schwer die Lieferketten im japanischen Export und auf dem Heimatmarkt betroffen sind. Insgesamt geht D&B davon aus, dass die Auswirkungen beträchtlich schwerwiegender sein werden als nach dem Erdbeben von Kobe 1995, das einen wirtschaftlichen Schaden von 100 Mrd. USD verursachte. 

Kein Wachstum 
Derzeit erwartet D&B für das laufende Jahr in Japan kein Wachstum mehr und senkt die Prognose von 0,6 Prozent auf minus 0,4 Prozent. Sollte sich die atomare Katastrophe jedoch noch vergrößern, ist ein stärkerer Abschwung der japanischen Wirtschaft fast zwangsläufig. 

Damit ist für Japan auch Inflation wieder ein Thema. D&B erwartet aktuell eine Inflationsquote von 0,6 Prozent für das laufende Jahr, während Anfang des Jahres noch eine leichte Deflation prognostiziert war. Auch im besten Fall werden die fehlenden Kapazitäten zur Stromerzeugung im Osten Japans aufgrund mehrerer vom Netz genommener Atomkraftwerke dazu führen, dass auch in Gebieten, die nicht vom Tsunami betroffen sind, Fabriken geschlossen werden müssen. Das kann womöglich noch wochenlanger der Fall sein, wodurch sich der Beginn des Wiederaufbaus bis weit ins 2. Quartal hinauszögern kann. Der Strom wird rationiert und bei der Versorgung werden private Haushalte den Unternehmen vorgezogen. Die Unpassierbarkeit von Straßen, der teilweise Zusammenbruch des Schienenverkehrs sowie der Ausfall der Wasser- und Stromversorgung werden die Beschaffung von Rohstoffen aus dem Ausland erschweren. Verschiedene große Importeure werden wahrscheinlich bevorstehende Ausfälle aufgrund höherer Gewalt anmelden müssen. Nicht nur Atomkraftwerke wurden abgeschaltet, sondern auch Wärmekraftwerke, und im März war ein Drittel der Raffineriekapazitäten nicht verfügbar. 

Folgen für Weltwirtschaft ungewiss doch derzeit nicht dramatisch 
Trotz massiver Verluste an den Börsen sieht es derzeit nicht danach aus, als würden Erdbeben und Tsunami das Wachstum der Weltwirtschaft nachhaltig bremsen. Es wird womöglich einen Dämpfer im Wachstum geben. Jedoch gibt es derzeit keine Möglichkeit, dessen Ausmaß abzuschätzen, solange die nuklearen Schäden nicht bezifferbar sind. Doch einzelne Wirtschaftsbereiche wird es hart treffen – Bereiche in denen Japan traditionell sehr stark ist, wie Automobil und IT/Elektronik. Derzeit steht die Produktion bei Toyota, Honda und Nissan still. Bei anhaltend starker Nachfrage vor allem aus China und den USA bleibt abzuwarten, ob es die japanischen Autohersteller schaffen werden, rechtzeitig wieder mit der Produktion zu beginnen. Andernfalls könnte es zu Verschiebungen beim weltweiten Automobilabsatz kommen. Auch die Chipindustrie in Japan kann derzeit nicht produzieren. Hier gab es zwar keine direkten Schäden an den Fabriken, trotzdem müssen die empfindlichen Maschinen noch hinsichtlich möglicher Beschädigungen untersucht werden, bevor die Produktion wieder angefahren werden kann. Auch das kann sich bis weit ins 2. Quartal 2011 hinziehen. 

Angesichts der zum Teil vergeblichen Versuche der Probleme im Kernkraftwerk Fukushima I Herr zu werden, bleibt die Gefahr einer Ausbreitung der atomaren Verseuchung um das Kernkraftwerk herum unverändert bestehen. Aufgrund dieser Faktoren und obwohl ein Großteil der japanischen Wirtschafts- und Bevölkerungszentren außerhalb der vom Tsunami betroffenen Gebiete liegt, bleibt die Prognose für den Risiko-Indikator in Japan negativ. Der Risiko-Indikator von D&B gibt hierbei das Risiko an, das Unternehmen eingehen, wenn sie wirtschaftlich in Japan aktiv, sei es mit Niederlassungen und Produktionsstätten oder als Kunde bzw. Zulieferer. Erdbeben, Tsunami und die atomare Katastrophe haben die wirtschaftliche Lage Japan und das Umfeld für Unternehmen, die am japanischen Markt agieren, deutlich verschlechtert. 

Deutsche Wirtschaft nur gering betroffen 
Die direkten Folgen für die deutsche Wirtschaft sind derzeit noch überschaubar, denn der Einfluss Japans auf die Ex- und Importe Deutschlands ist nicht allzu groß. Es gibt Branchen wie den Maschinenbau oder auch Autohersteller bzw. -zulieferer, die intensiver auf dem japanischen Markt aktiv sind. Jedoch ist der Aufschwung in Deutschland so robust, dass er mögliche Ausfälle weitgehend kompensieren kann. 

Unternehmensverflechtungen in Japan 
203 deutsche Unternehmen haben 1.484 Töchter/Niederlassungen in Japan 
724 US-Firmen haben 5.786 Töchter/Niederlassungen in Japan 
27 chinesische Unternehmen haben 59 Töchter/Niederlassungen in Japan 

Unternehmensverflechtungen japanischer Firmen 
470 Unternehmen in Japan haben 1.561 Töchter/Niederlassungen in Deutschland 
1.755 Unternehmen in Japan haben 23.895 Töchter/Niederlassungen in USA 
2.442 Unternehmen in Japan haben 6.430 Töchter/Niederlassungen in China

Quelle: MyLogistics
Portal:  www.logistik-express.com

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