| |

BMÖ-Frühjahrstagung: Wie verändert Künstliche Intelligenz die Welt des Einkaufs?

Der BMÖ – Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich veranstaltete in Kooperation mit dem Institut für Transportwirtschaft (ITL) an der Wirtschaftsuniversität Wien am 19. Juni seine Frühjahrstagung. Fokus: Bedeutung, Vorteile und sinnhafter Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) – und wie lässt sie sich speziell in Einkauf und Supply Chain Management einsetzen bzw. nutzen?

Neue Kompetenzen sind dringend nötig, um Sinnhaftigkeit neuer digitaler Tools analysieren zu können und damit zu optimierten Prozessen zu kommen. Blick voraus: Lernende Systeme werden zum Beispiel bei Verhandlungen Prozessschritte bis hin zur Entscheidung übernehmen. KI liefert etwa bei Auktionen zusätzliche Informationen. ChatGPT-Technologie könnte zur Bewertung des Reifegrads von Lieferanten verwendet werden. Alle Referenten waren sich freilich einig: Es gelte, die tiefgreifenden Risiken für Gesellschaft und Menschheit durch KI-Systeme kritisch zu hinterfragen. Was ist für allgemeine Anwendung geeignet und was sollte generell als Hochrisikosystem klassifiziert werden? 

STATEMENTS (Auswahl)

Heinz Pechek (geschäftsführender Vorstand des BMÖ):
„Abwarten ist keine Option. Es gilt jetzt, Erfahrungen zu sammeln, um dem Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein. KI wird in Einkauf und SCM alle operativen und auch alle höherwertigen strategischen Aufgaben durchdringen. Sie sorgt für dringend benötigte Daten- und Prozesstransparenz entlang der Wertschöpfungsketten. Wer die richtigen Tools im Rahmen seiner Digitalisierungsstrategie einzusetzen weiß, generiert belastbare Analysen und kann seine Maßnahmen in Sachen Kosten, Verträge, Lieferantenmarkt, Compliance und Nachhaltigkeit bis hin zu Innovationsgenerierung und Erfüllung von Kundenwünschen optimieren.“

Dr. habil. Holger Schiele (Universität Twente):
„Im Einkauf werden verschiedene Arten von digitalen Verhandlungen entstehen: zum einen ein geführtes System, vorprogrammiert für sich wiederholende Situationen, bei dem Roboter die Kommunikation mit dem Lieferanten übernehmen – und zum anderem ein Verhandlungs-Avatar für einzigartige Situationen; hierbei handelt es sich um ein lernendes System, bei dem ein Roboter die Verhandlungsentscheidungen übernimmt. Einkäufer werden in die neue Rolle kommen, ihren Avatar zu programmieren und diesen verhandeln zu lassen. Käufer und Lieferant legen ihre Verhandlungstaktik fest und das System führt sie dann autonom aus.“

Mag. Ines Sturm (strateg. Konzerneinkauf Nachhaltige Beschaffung, ÖBB-Holding AG):
„Die ÖBB hat ein System zur Kreislaufwirtschaft im Einkauf umgesetzt. Dafür wurde ein Management zur effizienten Beschaffung implementiert. Betrachtung: Nutzung bestehender Güter und Materialien, Sharing, Sicherstellung von Weiternutzungsmöglichkeiten. Lieferanten und Partner stellen zirkuläre Güter, Dienstleistungen, Bauleistungen und Materialien bereit … Beispielprojekt: jährlicher Bedarf an 30.000 Uniformhemden für Zugbegleiter, Busfahrer und das Bahnhofspersonal. Herausforderung ist dabei u.a. das hohe Volumen bei der Sammlung sowie die Sicherstellung von Wirtschaftlichkeit der Logistik … Chancen: Die Etablierung eines Sammelsystems für faserreine

Textilien könnte für das notwendige Volumen der Recycling-Industrie und eine wertvolle Grundlage für Unternehmen (auch Start-ups) in der Kreislaufwirtschaft sorgen … KI liefert für gelungene Kreislaufwirtschaft die Grundlagen wie Strukturierung, Sensorik, Tracking, Beschleunigung, Skalierung, Lernen aus Fehlern etc.“

Prof. Dr. Robert Dust (bbw University of Applied Sciences Berlin):
„Der Anspruch an ein innovatives datenbasiertes Lieferantenmanagement muss die Überwachung und Absicherung der gesamten Lieferantenbasis sein … Business Analytics liefert u.a. die Grundlage für Prävention, Mustererkennung und Datenqualität. Der Einkauf erkennt u.a., welcher Lieferant warum kritisch ist und welche Kosten ein Lieferant verursacht … Total Supplier Management umfasst die Identifikation kritischer Lieferanten, bereichsübergreifend abgestimmte Lieferantenentwicklung, standardisierte Analysetools für jede Risikoart, Maßnahmenverfolgung mit Einbindung der Lieferanten, kontinuierliche Verbesserungsprozesse, ein effizientes Reporting-system und zeigt Potenziale durch ein präventives Lieferantenmanagement auf.“

Klaus Pause (ehem. stellv. Einkaufsleiter/Leiter Operativer Einkauf Indirekt, Adidas):
„Manche reden über ChatGPT, erfassen aber ihre Auftragsbestätigungen noch mit der Hand … Es gilt dringend zu klären, was Einkäufer in drei bis fünf Jahren an Fähigkeiten benötigen … Rat: Grundsatzentscheidungen treffen (Pionier, Umsetzer, Folger?), Entschleunigung üben, einen Schritt nach dem anderen machen … Dabei gilt es Prioritäten festzulegen: Schwachstellenanalyse, Umsetzung pragmatischer Lösungen unter Kosten-Nutzen-Betrachtung sowie Mut zum Ausprobieren mit Hilfe von Profis und Start-ups … Wichtig sind Lotsen, die den Fokus nicht aus den Augen verlieren und Mut zu Entscheidungen haben.“

Susanne M. Zaninelli (CULTURE CONTACT München/New York):
„Wenn der Markt dynamisch und komplex agiert (Außensicht), kann ein Unternehmen nur überleben, wenn sich die Peripherie schnell und intelligent anpassen kann … Haltung muss nicht unbedingt geändert werden, sie sollte aber unbedingt erweitert werden.“

Mehr zum Thema KI bietet auch das Österreichische EinkaufsForum 2023

05.10.23 – 06.10.23, Wien

„Der Einkauf im Spannungsbogen Digitalisierung und volatiler Lieferketten –

Was der Einkauf zur Wertsteigerung  und Kostensenkung im globalen Umfeld beitragen kann“

Plenum: führende österreichische und internationale Vertreter aus Wissenschaft und Praxis

Veranstaltungsprogramm des BMÖ und der BMÖ-Akademie:
http://www.bmoe.at/Veranstaltungen/Veranstaltungskalender/
http://www.bmoe.at/Akademie/

Rückfragen und Kontakt:
BMÖ Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich
Liechtensteinstraße 35, 1090 Wien

Tel.: +43 1 367 93 52, Fax: +43 1 367 93 52-15
E-Mail: sekretariat@bmoe.at, Internet: www.bmoe.at


Ähnliche Beiträge