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Breitband für die Weltmeere

Der Business Club Hamburg hätte sich kaum eine schönere Location aussuchen können. Sein Domizil sind die Räumlichkeiten einer geschichtsträchtigen Villa im Heine-Park an der Elbchaussee mit Blick auf Hafen und Elbe. Am 23. Februar stand ein Treffen mit Reedern und Offshore-Betreibern zum digitalen Wandel im maritimen Bereich auf dem Programm. Das “Business-Frühstück” wurde vom Business Club in Kooperation mit dem Maritimen Cluster Norddeutschland organisiert.

Internetversorgung zu Wasser
Referent war Holger Ritter, Managing Partner bei DRYNET, einem Kieler Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen für Kommunikations- und Sicherheitslösungen auf hoher See. Ritter berät Reeder und Offshore-Betreiber bei ihren Digitalisierungsvorhaben. Das ist auf den Weltmeeren ebenso wie in der Luftfahrt ein spezielles Thema. Denn die bislang nutzbaren Bandbreiten stehen in keinem Verhältnis zu den Geschwindigkeiten von DSL oder 4G/LTE Systemen an Land. Die Internetversorgung zu Wasser funktioniert über Satelliten, die bislang zwar flächendeckend, aber mit geringen Datenübertragungsraten zur Verfügung stehen.

In dieser Hinsicht hatte Ritter positive Neuigkeiten zu verkünden. “2016 versprechen gleich mehrere Satellitenbetreiber mit dem Launch der ersten High Throughput Satellites (HTS) auch für Schiffe und Offshore-Betreiber höhere Übertragungsbandbreiten bereitzustellen”, so der Referent. In den nächsten drei Jahren werden die Preise vermutlich deutlich sinken, so Ritters Einschätzung.

Kolossale Antennen
Herkömmliche Satelliten decken relativ große Flächen ab, wie etwa NSS7, der mit einem Beam ein Drittel der Erdoberfläche erfasst. HTS sollen viele kleine Zellen von 200 bis 500 Kilometer Durchmesser bilden, die in Summe ebenfalls breite Flächen abdecken, aber höhere Übertragungsrate ermöglichen. Zum Empfang der Übertragungsraten könnten herkömmliche Antennen mit einem Gewicht von bis zu 900 Kilogramm durch vergleichsweise “handliche” Terminals mit einem Gewicht von unter 50 Kilogramm ersetzt werden.

Viele Einsatzgebiete
„Wir freuen uns sehr über die Vielzahl von Anbietern auch hier in Europa“, sagt Robert Struck, Nachrichtentechniker im Referat Schifftechnik bei der Bundesanstalt für Wasserbau mit Sitz in der Hansestadt. Sein Interesse gilt vor allem den Chancen, die sich durch die Digitalisierung auf Forschungsschiffen ergeben: „Wetterdaten, Geometriedaten, Vermessungsdaten, Wartungsdaten – es gibt so viele mögliche Einsatzgebiete für schnelles Breitband-Internet“, so Struck. Dass die Datengeschwindigkeiten im Verhältnis zu den Preisen fallen würden, bedeute einen „deutlichen Sprung“.

Optimierung durch Cloud-Lösungen
Ähnlich beschreibt Ritter die Perspektiven für die Schifffahrt und das Offshore-Segment. “Big Data” sei ein wichtiges Stichwort, so der Spezialist. Angetrieben werde die Entwicklung durch den steigenden Bedarf an schnellen Datenübertragungswegen auf den Weltmeeren. Insbesondere im Luxus-Segment, auf Yachten und Kreuzfahrtschiffen, gebe es eine steigende Nachfrage. Aber auch die Crewmitglieder großer Handelsschiffe nutzten zunehmend internetfähige Endgeräte, die es zu versorgen gelte. Mithilfe verbesserter Internetverbindnungen könnten Leistungsanalysen und Trendrechnungen für die Schifffahrt erstellt werden, so Ritter. Cloud-Lösungen, die einen sicheren Breitband-Zugang voraussetzen, würden immer wichtiger.

Für Ritters Prognosen gibt es schon heute erste praktische Beispiele: So hat die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd erst kürzlich verkündet, eine cloud-basierte Stauplanungssoftware zu testen. Dabei sollen die Stauplanungs- und Ladungsdaten der einzelnen Schiffe für Reederei wie auch für das Terminal in den Häfen in Echtzeit verfügbar sein. Auf Basis der neuen Informationen soll die Reederei den Schiffseinsatz effizienter und vorausschauender planen können.

Von Autobahnen und Weltmeeren
Wie Ritter die Zukunft der Digitalisierung auf den Weltmeeren sieht? Hier zog der Experte einen anschaulichen Vergleich zu seiner Anreise zum Business-Frühstück heran. “Die Autobahnverbindung zwischen Kiel und Hamburg wird gerade auf drei Spuren erweitert. In wenigen Jahren wird auch diese Breite nicht mehr genügen”, sagt Ritter, und fügt hinzu: “Ähnlich können wir uns das Szenario mit den neuen HTS vorstellen. Der Wettlauf zwischen Angebot und Nachfrage wird immer weitergehen.”
ca/kk

Quellen und weitere Informationen:
www.drynet.de
www.bch.de
www.maritimes-cluster.de
www.hafen-hamburg.de

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