BVL: Logistik-Indikatoren im vierten Quartal 2010

Die deutsche Logistikwirtschaft geht mit viel Schwung aus dem laufenden Jahr // Logistikkonjunktur wieder über Vorkrisenniveau // Fachkräftemangel bleibt auf der Tagesordnung

Dies geht aus dem Verlauf des Logistik-Indikators hervor, den das Institut für Weltwirtschaft im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) berechnet. Der in der Novembererhebung im vierten Quartal gemessene Klimawert legt um 7 Zähler auf 154,6 Punkte zu und reicht nunmehr knapp an die bislang gemessenen Spitzenwerte aus der ersten Jahreshälfte 2007 heran. Das Vorkrisenniveau aus der ersten Jahreshälfte 2008 ist damit wieder überschritten. Hierzu trägt vor allem die hervorragende Lagebeurteilung bei: Mit 160,8 Punkten – das ist ein Zuwachs um gut 15 Zähler – setzt sich die kräftige Aufwärtsentwicklung aus den Vorquartalen fort und erreicht den höchsten Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2006. Demgegenüber gaben die Erwartungen um 1,7 auf 148,4 Punkte geringfügig nach.

Im Verlauf des kommenden Jahres leichte Abkühlung auf hohem Niveau zu erwarten. Die Spanne zwischen Lage- und Zukunftsbeurteilung ist im vierten Quartal mit 12,3 Punkten recht deutlich zugunsten der Lageeinschätzung ausgeprägt, was auf eine bevorstehende leichte Abkühlung auf hohem Niveau im Verlauf des kommenden Jahres hindeutet. Insgesamt verläuft die Klimaentwicklung auf der Anbieter- (Logistikdienstleister) und Anwenderseite (Industrie und Handel) sehr gleichförmig, allerdings setzte bei den Anwendern der Lagevorsprung früher ein und ist dort auch deutlich ausgeprägter.  „Bei aller Euphorie über das Wirtschaftsklima müssen Logistiker aktuell mit hohen Risiken leben: Mögliche Währungskrisen finanzschwacher Eurostaaten oder auch Vertrauen erschütternde terroristische Aktivitäten besitzen das Potenzial, die globale Wirtschaft maßgeblich zu schädigen und den momentanen Wachstumskurs ins Gegenteil zu verkehren – schnell und unerbittlich“, mahnt der Vorstandsvorsitzende der BVL, Prof. Raimund Klinkner. „Wachsamkeit, Flexibilität und Umsicht sind zurzeit die obersten Gebote – nicht nur in der Logistik“, so sein Fazit.
 
Logistikanbieter: Stabilisierung auf hohem Niveau. Wie schon im Vorquartal und noch deutlicher als auf der Anwenderseite ist die abermalige Klimaverbesserung bei den Logistikanbietern auf eine günstigere Lagebeurteilung zurückzuführen, die jetzt einen Indexstand von 156,7 erreicht; das ist ein Anstieg um 19,3 Zähler. Fast drei von vier Befragten schätzen ihre gegenwärtige Geschäftslage als gut ein – vor 18 Monaten war es noch genau umgekehrt. Zur ebenfalls sehr günstigen Einschätzung der Auftragsbestände trägt insbesondere ein lebhaftes Auslandsgeschäft bei. Vor diesem Hintergrund ist der leichte Rückgang der Geschäftserwartungen um 6,2 auf 152,5 Punkte als Stabilisierung auf hohem Niveau zu werten. „Netto rechnen immer noch mehr als die Hälfte der Befragten mit einer weiteren Belebung der Geschäftstätigkeit und die Investitions¬bereitschaft bleibt unverändert hoch“, führt IfW-Konjunkturforscher Kooths aus, der die Berechnung des Indikators betreut. „Demgegenüber wird bei der Beschäftigung nunmehr eine geringfügig geringere Expansion erwartet als noch vor drei Monaten“, so Kooths weiter.

Logistikanwender: Reaktionen auf deutliche Anspannung der Logistikkapazitäten. Bei den Logistikanwendern in Industrie und Handel setzte die Stabilisierung der Geschäfts-erwartungen bereits vor einem halben Jahr ein. Bei seitdem weiterhin deutlicher Aufwärts-entwicklung der laufenden Geschäftstätigkeit liegt nunmehr die Lageeinschätzung mit einem Wert 160,6 (Zuwachs um 11,4 Zähler) deutlich vor dem Erwartungsindex, der um 3,6 auf 144,4 Punkte nur sehr leicht zulegt. Die günstigere Lagebeurteilung speist sich aus allen Teilkomponenten, insbesondere signalisieren die Einschätzungen der Kapazitätsverfügbarkeit im Markt, der Auslastung der Eigenkapazität sowie der relativen Preisentwick¬lung eine deutliche Anspannung der Logistikkapazitäten in Deutschland. „Dementsprechend legen die Investitions- und Beschäftigungsabsichten in den Logistikbereichen von Industrie und Handel gegenüber dem Vorquartal nochmals zu, obwohl die Geschäftsentwicklung etwas weniger günstig eingeschätzt wird als noch vor drei Monaten“, betont IfW-Forscher Kooths.

Fachkräftemangel wird wieder zum Problem. Mit der kräftigen Wiederbelebung der Logistikaktivitäten im Verlauf der zurückliegenden eineinhalb Jahre kehrt auch das Problem des Fachkräftemangels zurück. Für rund die Hälfte aller Befragten (54,5 Prozent der Anbieter und 47,6 Prozent der Anwender) stellt die Knappheit an qualifizierten Arbeitskräften bereits wieder ein Problem dar. Dies sind mehr als im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt (dort haben nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft derzeit vier von zehn Unternehmen Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden), jedoch weniger als noch in der Frühjahrsbefragung des Jahres 2008, als bei ähnlichem Logistikklima über 70 Prozent der Befragten einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften meldete. Auch damals war der Anteil bei den Logistikdienstleistern etwas höher als bei den Anwendern in Industrie und Handel.

Der Logistik-Indikator wird vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) an der Universität Kiel für die Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) berechnet. Konstruktionsgemäß kann der Indikator Werte zwischen 0 und 200 annehmen, wobei ein Wert von 100 eine konjunkturelle Normalsituation kennzeichnet (befriedigende und stabile Geschäfts- und Auftragslage mit normaler Kapazitätsauslastung).

Diese Kommentierung fußt auf der bislang absehbaren Entwicklung der erhobenen Befragungskomponenten. Die Verdichtung zu den vorgestellten Gesamt- und Teilindikatoren ist auf der bisherigen Datengrundlage nur als erste Rechnung möglich. Das dem Indikatorkonzept zugrunde liegende Fragedesign zielt bei quartalsbezogenen Angaben auf eine Einschätzung der jahreszeitlich üblichen (um saisonale Effekte bereinigten) Werte ab. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass sich im Antwortverhalten noch Saisoneffekte niederschlagen. Diese können zukünftig (nach längerer Laufzeit des Indikators) statistisch herausgerechnet werden. Darüber hinaus sind zukünftig auch Untersuchungen zu den zeitlichen Vorlaufeigenschaften sowohl zur sektoralen als auch zur gesamtwirtschaftlichen Konjunkturentwicklung möglich. Diese werden vom IfW durchgeführt, sobald die dazu notwendige Datengrundlage erreicht ist.

Quelle: BVL – Bundesvereinigung Logistik e.V.

 

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