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Das Prinzip Hoffnung

Die heimische Logistikbranche sieht erste Indikatoren für einen Aufschwung. Luftfracht boomt, Frächter und Spediteure suchen ihr Glück im Ausflaggen der Lkw, um Kosten zu sparen. Redaktion: Markus Trostmann

Das Jahr 2009 war das Jahr der Unsicherheit und Ängstlichkeit. Industrieunternehmen hielten sich bei der Vergabe von Transportaufträgen zurück, wollten zuerst ihre prall gefüllten Lager leeren und erst später wieder die Bestände auffüllen. Das Nachsehen hatten die Verkehrsträger, denen mitunter von einem Tag auf den anderen ganze Jahresvolumen abhanden gekommen sind. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Harald Bollmann, Präsident des österreichischen Zentralverbandes Spedition und Logistik über die aktuelle Befindlichkeit in der heimischen Speditionsbranche. Das Bild der Krise ist sehr unterschiedlich: Luft- und Seefracht leiden unter der flauen Nachfrage noch immer. Es sind nicht nur die sinkenden Mengen, sondern auch die sinkenden Sendungsgewichte, die den Spediteuren Sorgen machen. „Bei den Umsätzen erleben wir große Einbrüche und das Vorjahr hat sich bislang so entwickelt, wie wir das erwarten haben“, bilanziert Wolfram Senger-Weiss, Mitglied im Vorstand von Gebrüder Weiss die Entwicklung bei den Spediteuren ein. Anders im Landverkehr, wo Bahn und Lkw wieder zu mehr Volumen kommen, weil die Nachfrage in Europa steigt.

Luftfracht hebt ab
Hört man sich auf dem Wiener Flughafen oder bei den Airlines um, überwiegt doch der Optimismus. Das Luftfrachtaufkommen auf dem Flughafen Wien hat allein im ersten Monat dieses Jahres um 31 Prozent auf mehr als 21.000 Luftfrachttonnen zugelegt. 2009 lag das Jahresminus noch bei fünf Prozent. Das ist ein gewaltiger Sprung, wie man seitens des Airports auch gern zugibt. Die Airlines zieht es seit Jahresbeginn ebenfalls in luftige Höhen. So beispielsweise Emirates Airlines, der Luftverkehrsgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, die täglich von Dubai nach Wien v. v. fliegt.  „Es kommt wieder richtige Luftfracht an Bord und die Raten bewegen sich nach oben“, freut sich René Patek, Air Cargo Manager bei Emirates in Österreich. Emirates hat trotz Krise keine Flugzeuge stillgelegt und die Kapazität sogar um 18 Prozent erhöht. Patek: „Wir bewegen uns derzeit auf dem Frachtratenniveau des Jahres 2007.“ In den Jahren 2007 und 2008 verzeichneten die Airlines durchwegs respektable  Umsatzsteigerungen von 20 und mehr Prozent. Und daher sollte man die Delle im vergangenen Jahr auch nicht überbewerten, weil der Rückgang von einem sehr hohen Niveau passiert sei, merkt Patek entspannt an.

Straßengüterverkehr unter Druck
Im heimischen Straßentransportgewerbe gibt man sich weniger entspannt. Die Frächter kämpfen gleich an mehreren Fronten, die ihre Substanz aufzehren. Zum einen ist es der knallharte Konkurrenzkampf und zum anderen sind es die verschiedenen steuerlichen Belastungen, wie beispielsweise überdurchschnittlich die hohe Kfz-Steuer in Österreich, Lkw-Road-Pricing oder generell steigende Kosten. Der Ausweg für die Unternehmen: Die Lkw im Ausland anmelden, salopp als „Ausflaggen“ bezeichnet. Bis 2011 werden 13.000 Lkw von österreichischen Frächtern mit ausländischem Kennzeichen durch die Gegend fahren. Fazit: In Österreich gehen 26.000 Arbeitsplätze verloren. Vom Steuerausfall für den Fiskus noch gar nicht zu reden. 

Stärke durch Größe
Steuerlich in Österreich zuhause bleiben, aber geschäftlich sehr international agieren. Das ist die Strategie von Rail Cargo Austria (RCA), dem Güterverkehrsbereich der ÖBB. „Wir sind jetzt schon Marktführer in Zentral- und Osteuropa und sind auf dem Weg, die Nummer zwei in Europa zu werden“, betont Friedrich Macher, Vorstandschef von RCA. Nach DB Schenker und der französischen SNCF rangiert RCA auf Platz drei. RCA musste 2009 einen Umsatzrückgang um rund 20 Prozent auf zwei Milliarden Euro hinnehmen. Unterm Strich ging sich keine schwarze Null aus, wie man bis zuletzt gehofft hatte. Der operative Verlust lag 2009 bei rund 100 Millionen. Euro. Doch die Ziele für die nahe Zukunft sind ehrgeizig. In drei bis fünf Jahren will Macher die RCA wieder auf Profitkurs trimmen. Eine EBIT-Marge von 2,5 bis 3 Prozent und eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 7 bis 8 Prozent sind die klaren Ziele. Wird dieses Ziel erreicht, könnte RCA für externe Geldgeber attraktiv werden. Denn Macher will einen solchen ins Haus locken und mit 25,1 Prozent an der Güterbahn beteiligen. Das würde schnell hochgerechnet 300 Millionen Euro in die RCA-Bordkasse spülen.

Quelle: Logistik express Ausgabe 1/2010

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