Der Airport schläft nie

Volle Lagerräume, Gabelstapler flitzen durch die Gänge, Laster fahren vor und entladen ihre Sendungen an den Rampen, Mitarbeiter sortieren Packstücke und bauen Paletten. Während in der nahen Großstadt die Lichter langsam ausgehen, dreht die CargoCity Süd auf dem Frankfurter Flughafen erst richtig auf.

Es ist kurz vor Mitternacht. Ein Short-Frachter der örtlichen Gesellschaft Nightexpress rollt voll beladen mit Maschinenteilen, Produkten der chemischen Industrie und Expresssendungen zum Abflug mit Ziel Birmingham. Gleich daneben bewegen sich Container und Paletten wie von Geisterhand bewegt zwischen den Frachthallen und den parkenden Flugzeugen über das Vorfeld des Airports. Millionenwerte werden hier permanent umgeschlagen, tagein, tagaus, vor allem nachts. Und riesige Warenmengen.

Die deutsche Wirtschaft brummt. Ein Blick auf die knallvollen Hochregallager der Airlines, Spediteure und Bodenabfertiger belegt das anschaulich. Davon profitieren viele: Ex- und Importeure, deren Transporteure und auch der Dienstleister LUG aircargo handling GmbH. Gut 240.000 Tonnen hat der Anbieter im abgelaufenen Jahr umgeschlagen. Rund 400 Menschen stehen bei ihm in Lohn und Brot. Bald werden es 500 sein, sobald zusätzlich zur heutigen 20.000 Quadratmeter großen Luftfrachthalle eine 10.000 Quadratmeter große Anlage in Betrieb geht.

Doch LUG-Betriebsleiter Günther Wedel sieht, wie viele Mitglieder der Luftfrachtbranche, düstere Wolken am Horizont drohen. "Sollte das Bundesverwaltungsgericht ein Nachtflugverbot für den Frankfurter Flughafen verhängen, werden wir unseren Personalbestand gewaltig reduzieren müssen", schaltet Wedel von Dur auf Moll. Weil zwischen spätabends und frühmorgens ein großes Produktionsloch entstünde und aller Voraussicht nach Airlines den Standort Rhein/Main verlassen werden, die heute noch Kunde seiner LUG sind. Weniger Umsatz bedeutet weniger Arbeit. Punkt!

Die LUG war eine der Teilnehmerinnen am "Tag der Logistik" Mitte April, die sich für Interessierte öffnete. So auch für rund ein Dutzend Medienvertreter, die sich auf Einladung der Initiative "Die Fracht braucht die Nacht" ein Bild von den operativen Abläufen auf dem größten Frachtflughafen in Kontinentaleuropa machen wollten.

Wie dynamisch es an dem Standort abends und nächtens zugeht, wurde den Gruppenmitgliedern auch bei Kuehne + Nagel (K+N) vor Augen geführt. Gabelstapler überall, die Waren von A nach B in der Großhalle hin und her fahren. Auffälliger Blickfang: ein großes Röntgengerät. Bei stetig steigenden Sicherheitsanforderungen an die Luftfracht eine notwendige Anschaffung, begründet Frankfurts Niederlassungschef Götz Wendenburg von K+N die Investition.

Zeit für Fragen: Ob denn Kontaktlinsen im Nachtsprung nach Großbritannien geflogen werden müssten, denn es gehe doch auch langsamer. Per Flugzeug importierte Erdbeeren im Winter, ließe sich darauf nicht verzichten, lautete ein weiterer Einwurf. – Der Verbraucher habe das so entschieden. Und wenn diese Güter nicht in Frankfurt umgeschlagen würden, dann eben in Amsterdam, Paris oder Lüttich, so die Antwort von Ewald Heim, dem Geschäftsführer der Initiative. Von dort würden sie per Lkw zu ihren Bestimmungszielen quer durch die Bundesrepublik gefahren. CO2-schonend seien diese längeren Fahrwege mit Sicherheit nicht.

Wie abhängig viele Unternehmen von der Cargodrehscheibe Frankfurt sind, betonte Thorsten Hölser, der Geschäftsführer des Speditions- und Logistikverbands Hessen/Rheinland-Pfalz. Rund 400 Mitglieder gehören seiner Organisation an. Davon sitzt etwa ein Drittel direkt am Frankfurter Flughafen. Die heutigen globalen Logistikabläufe seien so getaktet, dass die Produkte direkt in die Fertigungsprozesse der Industrie eingespeist würden, ob in China, den USA oder Brasilien, beschrieb er die Fakten. Käme ein Nachtflugverbot, betonte Wolf-Dietrich von Helldorff, Präsident des Aircargo Clubs Deutschland (ACD), würde ein Run auf Flughäfen einsetzen, die rund um die Uhr geöffnet seien. Die Konsequenz für Hölser, von Helldorff und Heim: Frankfurt würde einen schleichenden Niedergang als Frachtstandort erleben und Deutschland seinen Rang als Logistikweltmeister verlieren. Leidtragende seien die Exportindustrie und die in der Transportbranche Beschäftigen.

Quelle: MyLogistics
Portal:  www.logistik-express.com

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