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#ECOMLOG23 / Wo stehen wir in fünf Jahren?

Unter der Moderation von Peter Nestler stellten sich Peter Umundum (Österreichische Post AG), Harald Gutschi (OTTO UNITO-Gruppe), Siegfried Zwing (redPILOT), Wolfgang Kubesch (BVL Österreich) und Joachim Horvath (Österreichische Verkehrszeitung) interessanten Fragen darüber, wohin die Reise geht.

Redaktion: Angelika Gabor.

Wenig überraschend geht Harald Gutschi davon aus, dass e-Commerce weiter wachsen wird: „In China beträgt der Anteil schon 50 Prozent, und in diese Richtung geht es auch bei uns. Social Media und Live-Shopping haben einen enormen Anteil am Geschäft. Darüber hinaus denke ich, dass es zukünftig weniger Teilzeitangestellte geben wird.“

Stattdessen rechnet er mit einer Art Flatrate-Modell, was aus seiner Sicht zu einer transparenteren Gesellschaft führen würde. „Mittelmäßige Unternehmen werden verschwinden. Das Geschäftsmodell Europa muss sich ändern, es wird viele Umbrüche geben.“ Denn der Spruch „America innovates, China duplicates and Europa regulates“ könnte uns sonst noch zum Verhängnis werden.

Peter Umundum beschäftigt die brennende Frage, wer zukünftig Partner und wer Konkurrent sein wird. „Automatisierung und autonomes Fahren werden die Branche verändern. Das internationale Geschäft wird noch viel wichtiger, denn China wird weiter lernen. Schon jetzt haben chinesische Unternehmen ihr Fulfilment in Europa verbessert, jetzt arbeiten sie stark an der Qualität.“

Um als Logistiker weiter erfolgreich zu sein, muss man schneller und besser sein, Convenience und Nachhaltigkeit gleichzeitig bieten. Aktuell gibt es aus seiner Sicht drei Transformationsprozesse, die teilweise schon begonnen haben: eine zunehmende Höherqualifikation, mehr Automatisierung und der Einsatz von KI sowie die Notwendigkeit gezielter Zuwanderung, um den Arbeitskräftemangel auszugleichen. In puncto Migration schließt er sich Peter Umundums Meinung an: „Wir brauchen gezielte Migration, aber aktuell fehlt dazu die Struktur. Wir haben keine Willkommenskultur und langfristig lassen sich globale Player von unserem Charme allein nicht beeindrucken.“

Für Siegfrid Zwing steht fest, dass Flexibilität die wichtigste Eigenschaft sein wird. „Die Kombination aus Mensch und Maschine ist die größte Herausforderung, deshalb ist es so wichtig, die technische Ausbildung zu fördern“, meint er. Gegen die Personalnot könnte helfen, Ressorts zu teilen. „Die Unternehmenskultur spielt eine immer wichtigere Rolle und kann im Rennen um Mitarbeiter den entscheidenden Vorteil bringen.“

„In 10 Jahren wird es nichts Gedrucktes mehr geben“, malt Horvath ein düsteres Bild für die Druckerei-Branche. Hinsichtlich der Logistik sieht er die End-to-End-Logistik deutlich auf dem Vormarsch. „Bei Reedereien ist Europa sehr stark, aber die Speditionen müssen aufpassen. So will beispielsweise MSC der größte Bahnlogistiker werden. Reine Carrier haben bald komplett ausgedient“, ist er überzeugt. „Im Bereich Personal wird die größere Herausforderung sein, die Leute nicht nur zu finden, sondern sie auch zu halten. Heutzutage wollen Mitarbeiter Dinge sofort haben und erreichen, aber das geht oft nicht.“

Deutliche Trends sind für Wolfgang Kubesch die Themen Convenience und Preisvergleichbarkeit. „Schon heute sind viele Produkte „online only“ verfügbar, hier liegt großes Potential für eCommerce. Die nächsten fünf Jahre werden nicht nur spannend, sondern auch voller Spannung sein“, spielt er auf die politische Entwicklung in den unterschiedlichen Regionen der Welt an. Die Unterschiede im gesellschaftlichen Gefüge aufstrebender Länder wirken sich zudem negativ auf die Stellung Europas aus. „Wir müssen und nur die Lieferketten ansehen. Wenn ein chinesisches Elektrofahrzeug bei Tests gleich abschneidet wie ein deutsches Elektrofahrzeug, aber zum halben Preis und dafür gleich verfügbar ist – für welches Fahrzeug wird man sich da entscheiden?“ „Wer auf Rohstoffe nicht zugreifen kann, hat das Nachsehen. Das Problem ist der Umweltaspekt.“

„Europa hat die Entwicklung verschlafen. Es herrscht Scheinheiligkeit, wir haben Rohstoffe, aber bauen sie nicht ab. Die Politik diskutiert alle möglichen Themen, aber löst keine wichtigen Probleme. Trotzdem denke ich, dass auf Dauer die Demokratie dem chinesischen Modell überlegen ist. „Es wird auch nicht kommuniziert, was nötig ist. Eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene klingt toll, aber dass dafür ein Tunnel nötig ist, wird nicht erwähnt. Es herrscht ein starker Replacementeffekt: egal, wo es stinkt, nur nicht hier“, ärgert sich Kubesch. (RED)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 4/2023

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