Einkauf und Logistik gut gerüstet für globale Herausforderungen

Krisen in wichtigen Beschaffungsmärkten, volatile Rohstoffpreise und wachsender Wettbewerbsdruck auf die Lieferketten sind zentrale Herausforderungen für Einkauf und Logistik. Auch die Unternehmen am Bodensee können in den volatilen Beschaffungsmärkten nur dann überlegen navigieren, wenn sie ihre Procurement-Strategie den sich wechselnden Marktbedingungen anpassen. Für den Geschäftserfolg ist entscheidend, dass Einkaufs- und Logistikteams souverän geführt, Optimierungspotenziale der Supply Chain genutzt und Beschaffungsrisiken begrenzt werden. Das ist das Fazit des 6. Internationalen Bodensee-Forums für Einkauf und Materialwirtschaft. Die Einkäuferverbände Deutschlands (BME), Österreichs (BMÖ) und der Schweiz (procure.ch) hatten am 23. April gemeinsam mit dem WIFI – Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Vorarlberg zahlreiche Gäste zum Erfahrungsaustausch nach Dornbirn/Österreich eingeladen. Mit knapp 180 Besuchern (davon allein 77 Einkäufer und Logistiker aus der Schweiz), wurde 2013 ein Teilnehmerrekord erzielt.
 
Manfred Brandl, Geschäftsführer Produktion der Liebherr-Werke Nenzing, Rostock und Sunderland, verwies in seiner Keynote auf die wachsende Verantwortung der Top-Manager. Die erste Führungsebene in den Betrieben leite in Produktion und Montage sowie in Einkauf und Logistik ein Team oder gar eine ganze Schicht. Sie stehe in direktem Kontakt zu den Mitarbeitern und habe damit wesentlichen Einfluss auf Qualität, Produktivität und Betriebsklima. Die Auswahl von Abteilungs-, Gruppen- und Vorarbeitern sei Chefsache. Geeignete Personen benötigten Eigenschaften wie Leidenschaft, Verantwortungsbewusstsein und soziale Kompetenz. Das Rekrutieren, Entwickeln und Befördern von Mitarbeitern gehöre zu den schwierigsten Aufgaben des Managements.
 
„Professionelles Beschaffungsmanagement erfordert maßgeschneiderte Lieferstrategien. In unserem Unternehmen diskutieren die Spitzen von Marketing, Vertrieb und Einkauf regelmäßig Probleme entlang der Lieferkette und besprechen Lösungsmöglichkeiten“, sagte Sylvia Völker, Head of Purchasing and Logistics der Maresi Austria GmbH. Dabei gehe es ihnen auch darum, mögliche Bereichs- oder Interessenkonflikte zu vermeiden. Wichtig sei die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Im Umgang mit Lieferanten sprach sich Völker für Fairness aus: „Der Lieferant ist unser Partner. Wer immer nur gewinnen will, verhandelt mit Verlierern.“ Die Logistik stelle für den österreichischen Lebensmittelhersteller eine der größten Herausforderungen dar. Gleichzeitig biete dieser Bereich die größten Einsparmöglichkeiten. Völker: „Bei uns existiert kaum ein Aufgabenfeld, das nicht von der Logistik beeinflusst wird.“ Die kontinuierliche und schnelle Versorgung der Kunden mit Maresi-Lebensmitteln gehöre zu den Hauptzielen des Unternehmens. Dazu sei es erforderlich, jederzeit auf mögliche Störfaktoren reagieren zu können. Als Beispiel nannte Völker den Lagerbestand im Unternehmen. Richtig dosiert ermögliche er einen reibungslosen Fertigungsdurchlauf, sorge für Liefertreue und überbrücke Schwankungen im Betriebsablauf. Gleichzeitig sänken die Lagerkosten. Zu hohe Lagerbestände führten dagegen zu ungleichmäßiger Auslastung der Produktion, verursachten Qualitätsprobleme und machten die Prozesse störungsanfälliger.
 
„Solar hat im Vergleich mit anderen erneuerbaren Energien das größte Potential, die wachsende Energienachfrage in der Schweiz zu decken. Deshalb gehört der Solarenergie trotz anhaltender Krise in der Photovoltaik-Branche die Zukunft. Allerdings brauchen wir neue Geschäftsmodelle für die Energieerzeuger und -Verteiler“, betonte Martin Plüss, CEO des Schweizer Technologieunternehmens Meyer Burger AG. Durch Photovoltaik-Anwendungen ließen sich heute landesweit 0,02 TWh Strom pro Jahr erzeugen. 2050 könnten es bereits acht bis zwölf TWh/Jahr sein. Zum Vergleich: Windkraftanlagen leisten laut Plüss derzeit zwar ebenfalls 0,02 TWh/Jahr. 2050 werde ihre Stromproduktion aber nur marginal auf zwei bis drei TWh/Jahr steigen.
 
„Auch wir beschäftigen uns mit dem Erkennen und Eingrenzen möglicher Einkaufsrisiken“, so Giuseppe Terlizzi, Leiter Beschaffung der Meyer Burger AG. Mit einfachen Instrumenten wie der ABC-XYZ-Analyse habe das Schweizer Unternehmen beispielsweise den Lagerwert trotz steigenden Produktionsausstoßes reduzieren können. Die enge Zusammenarbeit mit den Hauptlieferanten ermögliche Meyer Burger, effektiv auf die Dynamik in der Solarbranche zu reagieren. So erhielten ausgewählte Lieferanten die Produktionsplanung, Forecasts und daraus resultierende Mengenkontrakte über einen 3-Monatsbedarf. Terlizzi: „Damit wir die eingegangenen Verpflichtungen auf den Tag genau abrufen können, hält sich die Beschaffung an die Vorgabe der Finanzabteilung: Je Maschinentyp sind mindestens 60 Prozent der Materialkosten als Mengenkontrakt und maximal 30 Prozent über Bestellungen abgesichert; höchstens zehn Prozent der Materialkosten dürfen bei Meyer Burger am Lager sein.“ Durch eine transparente und offene Kommunikation mit wenigen strategischen Lieferanten ließen sich etliche Beschaffungsrisiken entlang der Supply Chain verringern.
 
„ZF unternimmt große Anstrengungen, seine Materialwirtschaft an die globalen Herausforderungen der Automotive-Branche anzupassen“, betonte BME-Vorstandsvorsitzender Horst Wiedmann, Executive Vice President und Leiter der zentralen Materialwirtschaft der ZF Friedrichshafen AG. Er erinnerte die knapp 180 Gäste des Bodensee-Forums an die ZF-Initiative „Jahr des Lieferanten“, die Anfang 2011 gestartet wurde. „Mit dieser Aktion sollte sowohl den ZF-Mitarbeitern als auch den ZF-Lieferanten die Bedeutung unserer Supplier für das gesamte Konzerngeschäft verdeutlicht werden. Denn: Der richtige Umgang mit den Lieferanten hat direkte Auswirkungen auf Umsatz und Gewinn“, erläuterte Wiedmann. Die Bedeutung des Einkaufs steige weiter. So betrage das Beschaffungsvolumen und somit der externe Wertschöpfungsteil bereits mehr als 60 Prozent des Konzernumsatzes. Zu den wesentlichen Unternehmenszielen gehöre die frühe Einbindung der Lieferanten in den Produktentstehungsprozess. Der Schwerpunkt liege laut Wiedmann „auf der cross-funktionalen und interdisziplinären Zusammenarbeit entlang der gesamten Supply Chain“. Mit dem Label „Made for ZF“ stelle der drittgrößte deutsche Automobilzulieferer hohe globale Anforderungen an seine strategischen Lieferanten. Dazu zählten unter anderem Top-Qualität und Null-Fehler-Strategie, Transparenz und Bereitschaft für die allgemeine Prozessoptimierung, finanzielle Stabilität sowie Logistik-Kompetenz und hohe Liefertreue. Jährlich zeichnet die ZF die „Besten der Besten“ mit den ZF Supplier Awards weltweit aus. Erstmals wurde 2011 ein globaler Award unter den Lieferanten verliehen.
 
Paul Hofmann, Vorstandsvorsitzender der BME-Region Bodensee und Initiator der Veranstaltungsreihe, nannte die Rekordteilnehmerzahl des 6. Internationalen Bodensee-Forums „eine Bestätigung für dessen wachsende Bedeutung“. Offensichtlich sei die 2012 beschlossene Terminverlegung von Mitte Juni auf Ende April von den Unternehmen im Vierländereck honoriert worden. „Mit der Terminänderung wollten wir möglichst vielen Einkäufern aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein die Teilnahme am Bodensee-Forum erleichtern. Dieser Wunsch ist aufgegangen“, so Hofmann abschließend.
 
Save the Date: Das 7. Internationale Bodensee-Forum für Einkauf und Materialwirtschaft findet am 8. April 2014 in Dornbirn statt. Weitere Programmdetails werden auf der Webseite http://www.bme.de/bodensee_oberschwaben veröffentlicht.
Für weitere Informationen: region.bodensee@bme.de

Quelle: BME

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