EMI: Sinkende Produktion schürt Rezessionsängste

Die deutsche Industrie konnte auch im Juli 2012 ihren Abwärtstrend nicht stoppen. Erneut deutliche Auftragsverluste führten dazu, dass der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) binnen vier Wochen um zwei Zähler auf 43,0 Punkte sank. Damit ist der stärkste Rückgang des wichtigen Konjunktur-Frühindikators seit Juni 2009 zu verzeichnen. Der EMI liegt nun schon den fünften Monat in Folge unter der 50-Punkte-Marke, ab der Wachstum signalisiert wird. 
 
"Wäre nicht der schlechte Konjunkturverlauf zu beklagen, könnten sich unsere Einkäufer eigentlich freuen. Denn: Seit Monaten befinden sich viele Rohstoffpreise im Sinkflug und dämpfen damit die Beschaffungskosten", betonte BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Holger Hildebrandt. 
 
Helaba-Chefvolkswirtin Dr. Gertrud Traud hofft darauf, dass die Wirtschaft wieder anzieht. "Sollte in den kommenden Monaten allerdings keine Besserung eintreten, müssten wir unsere BIP-Prognose für das kommende Jahr von derzeit 1,7 Prozent für Deutschland signifikant reduzieren", sagte Frau Traud dem BME. Die Prognose für das laufende Jahr von 1,2 Prozent arbeitstäglich bereinigt bleibe davon allerdings unbeeinflusst. Nach ihrer Einschätzung ist die Stimmung in der deutschen Industrie weiter stark gen Süden gerichtet. Das zeigten auch die aktuellen EMI-Daten. Traud: "Üblicherweise wird für diesen Rückgang die angebliche Eurokrise verantwortlich gemacht. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass auch andere Regionen der Welt in den vergangenen Monaten eine geringere Wirtschaftsaktivität aufwiesen." 
 
Für DIHK-Chefvolkswirt Dr. Alexander Schumann zeigen die jüngsten EMI-Zahlen, "wie groß die Verunsicherung in der deutschen Wirtschaft momentan ist. Bislang haben Unternehmer und Konsumenten trotz andauernder Euroschuldenkrise kühlen Kopf bei ihren Planungen bewahrt. Denn die tatsächlichen Auftragseingänge sind dem EMI-Konjunkturfrühindikator noch nicht gefolgt", sagte Schumann dem BME. Allerdings wachse das Risiko eines deutlichen Übergreifens auf die Realwirtschaft stetig. Eurokrisenländer und Europartner müssten daher endlich aufhören, immer wieder neue, vermeintlich einfache Lösungen zu präsentieren. "Was Wirtschaft und Finanzmärkte jetzt gleichermaßen brauchen, ist politische Verlässlichkeit, nicht mehr Schulden", so Schumann abschließend. 
 
Im Juli schränkten die Betriebe ihre Produktion zum vierten Mal hintereinander und so stark ein wie seit April 2009 nicht mehr. Der Teilindex Leistung fiel von 44,8 im Juni auf aktuell 42,2. Am stärksten zurückgefahren wurde die Erzeugung im Investitionsgüterbereich; doch auch im Konsum- und Vorleistungsgüterbereich wurde weniger hergestellt als im Juni. Hauptursache für das erneute Produktionsminus war der gravierende Mangel an Neu- und Folgeaufträgen. 
 
Dreizehn Monate in Folge und damit so lange wie nie zuvor seit Umfragebeginn im April 1996 geht der Auftragseingang in der deutschen Industrie nun schon zurück. Der wichtige Teilindex sank im Juli gegenüber dem Vormonat um 2,2 Zähler auf 42,2. Mit Abstand am stärksten betroffen war der Vorleistungsgüterbereich. Ausschlaggebend für die aktuellen Verluste der Global Player und KMU war die niedrige Investitionsbereitschaft der Kunden infolge der unsicheren globalen Konjunkturperspektiven. Bei den Exportbestellungen schlug zum wiederholten Mal ein noch höheres Minus zu Buche als beim Gesamtauftragseingang. Zurückzuführen waren die höchsten Verluste seit Mai 2009 auf rückläufige Neuaufträge aus Westeuropa sowie die nachlassende Nachfrage nach deutschen Industrieerzeugnissen aus Asien und den USA. Der Teilindex fiel im Berichtsmonat auf 41,6 (Juni: 42,1). Die Auftragsbestände nahmen im Juli so zügig ab wie seit über drei Jahren nicht mehr. 
 
Angesichts schwacher Nachfrage und wachsender Sorgen hinsichtlich der weiteren Produktionsanforderungen bauten die Betriebe zum vierten Mal hintereinander Stellen ab. Der Teilindex verzeichnete mit 44,3 (Juni: 47,8) den stärksten Beschäftigungsrückgang seit zweieinhalb Jahren. Die Branchenakteure reduzierten die Einkaufsmenge im Juli so stark wie zuletzt im Juni 2009 und bauten ihre Vormateriallager den elften Monat in Folge ab. Dadurch verkürzten sich die durchschnittlichen Lieferzeiten ein weiteres Mal erheblich. Bei den Fertigwarenlagern kam es hingegen zum ersten Anstieg seit November 2011, was auf den stärker als erwartet ausgefallenen Absatzrückgang zurückgeführt wurde. Infolge der Verbilligung zahlreicher Rohstoffe und Vormaterialen auf den internationalen Märkten sanken die durchschnittlichen Einkaufspreise im Juli so rasant wie seit August 2009 nicht mehr. Gleichzeitig wurden die Verkaufspreise so deutlich reduziert wie zuletzt vor zweieinhalb Jahren. 
 
Der "Markit/BME-Einkaufsmanager-Index" (EMI) ist ein monatlicher Frühindikator zur Vorhersage der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, London, erstellt. Der Index beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager’s Index (PMI). 

Quelle: MyLogistics

Portal: www.logistik-express.com       

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