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Fenchel und Kümmel für unsere Regierung?

Bei Blähungen helfen Fenchel und Kümmel, damit das Verdauungssystem sich beruhigt. Aber was tun bei einem aufgeblähten Verwaltungsapparat? Die Abgabenquote ist so hoch wie nie zuvor, Tendenz weiter steigend. Die Koalitions“partner“ streiten, weil keiner seine Wählerschäfchen scheren und damit am eigenen Steuer-Futtertrog sägen möchte. In Puncto Steuerreform herrscht Stillstand, und sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer leiden. Wo soll das nur hinführen?

Wirtschaftsexperten fordern seit Jahren eine Senkung der Lohnnebenkosten. Doch trotz durchaus ambitionierten medialen Echos verhallten diese Forderungen bislang stets ungehört (oder überhört) in den Weiten der Regierungsgebäude. Eine Studie der OECD zeigt, dass die österreichische Abgabenquote (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) in Prozent des BIP im Jahr 2012 stolze 44,6 Prozent betrug. Die Prognose für 2013 lag sogar bei 45,3 Prozent… Darüber können die USA, Wirtschaftsmacht und durchaus auch Konkurrent Europas in bestimmten Bereichen, nur lachen: hier lag diese Quote 2012 bei 24,7 Prozent. Zwar kletterte sie im letzten Jahr auch auf 26,3 Prozent, aber trotzdem liegen da fast 20 Prozentpunkte dazwischen. Gut, dafür sind auch das Sozial- und Gesundheitswesen in den USA absolut nicht mit unserem zu vergleichen, aber es muss doch auch einen Mittelweg geben. Wie kann es sein, dass berufstätige Menschen sich kaum ihr Leben leisten können? Dass sich Familien von Urlaubs- zu Weihnachtsgeld wursteln, um Zahlungsrückstände zu tilgen?

Wie aus dem Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer Oberösterreich hervorgeht, reicht beispielsweise in den Berufssparten Gastronomie, Einzelhandel, Kinderbetreuung, Friseur- und Kosmetikgewerbe für 11 Prozent der Beschäftigten das Einkommen nicht aus: „working poor“ ist in Österreich Realität, besonders Frauen sind davon betroffen. Das bedeutet, das Haushaltseinkommen liegt unter der Armutsgefährdungsschwelle – aktuell 12.792 Euro pro Jahr für einen Ein-Personen-Haushalt. Zum Vergleich: der österreichische Bundespräsident verdient knapp das Doppelte davon. Allerdings 14 Mal pro Jahr. Oder, weil ich Vergleiche mag: Gerhard Roiss, CEO der OMV, muss für diesen Betrag rund 31 Stunden arbeiten (der verdiente 2012 nämlich 3.588.000 Euro). Wo liegt hier die Verhältnismäßigkeit? Wie kann es sein, dass börsenotierte Unternehmen auf der einen Seite Sparkurse fahren und teilweise Arbeitsplätze abbauen oder auslagern, auf der anderen Seite aber dank hoher Bonuszahlungen Traumgagen kassieren?

„Der Wildwuchs bei den Managergehältern muss dringend eingedämmt werden“, meinte Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske angesichts der Tatsache, dass ein Vorstand eines ATX-Unternehmens locker das 49-fache eines österreichischen Duchschnittsgehalts auf seinem Konto findet. Da kann man schon verstehen, dass Finanzminister Spindelegger auf die kreative Idee kommt, die Reichen des Landes einfach um einen freiwilligen Beitrag zugunsten der Forschung, Bildung und Entwicklungshilfe zu bitten. Liest sich auch viel angenehmer als eine „Reichensteuer“, schreibt keinen fixen Betrag vor und ist so herrlich unverbindlich. Um es klar zu stellen: Vermögenssteuern sind kein Allheilmittel für ein verpfuschtes Budget und fehlenden Reformwillen. Sie können maximal populistisch den Volkszorn besänftigen, wenn der Mittelstand sich nicht mehr als alleinige Melkkuh fühlt. Transparenz bei der Vergabe von Förderungen, ein klares, einfaches Steuersystem ohne unzählige Ausnahmeregelungen mit höherer Freibetragsgrenze und vor allem: ein Senken der immensen Lohnnebenkosten, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu attraktivieren – das sind Punkte, die uns voranbringen würden. Denn wenn mehr Unternehmen sich hier ansiedeln, steigt wieder die Quote der Beschäftigten. Und wenn diesen gleichzeitig mehr im Geldbörserl bleibt, wird auch endlich der Konsum wieder angekurbelt – das wäre der nötige Beginn einer nachhaltigen Aufwärtsspirale. Und dann kann man den oft zitierten Wirtschaftskammer-Slogan „Geht‘s der Wirtschaft gut, geht‘s uns allen gut“ auch umdrehen: geht’s uns allen gut, geht’s auch der Wirtschaft gut. Denn egal was produziert wird- wenn’s keiner kauft, ist das Unternehmen zum Scheitern verurteilt.

Quelle: Logistik express Fachmagazin 2/2014

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