General Motors verliert die Geduld mit Opel

Dem Rüsselsheimer Autobauer Opel stehen harte Zeiten bevor. General Motors will laut Medienbericht kräftig Kosten bei seiner defizitären Tochter einsparen, zudem sollen zwei Werke zur Diskussion stehen.

Opel kommt einfach nicht aus den roten Zahlen und hat nach Aussage eines GM-Offiziellen auch im vierten Quartal einen “horrenden” Verlust geschrieben. Nun legt der wieder vor Selbstbewusstsein strotzende amerikanische Mutterkonzern dem Sorgenkind die Daumenschrauben an und dringt auf weitere tiefe Einschnitte.

“Die Frustration nimmt zu”, sagte ein Konzernvertreter, der ungenannt bleiben möchte, weil die Gespräche mit den Gewerkschaften über mögliche weitere Einschnitte noch andauern, mit Blick auf die Lage bei Opel. “Man hat zunehmend das Gefühl, dass die Einschnitte vor zwei Jahren nicht annähernd tief genug gingen”, sagte er. “Wenn Opel gerettet wird, dann wird es jetzt gerettet und die Einschnitte werden tief sein.”

Verlust von rund 14 Milliarden US-Dollar

Die Äußerung ist eine Botschaft an die Gewerkschaften, insbesondere in Deutschland, dass es dem Konzern mit der Restrukturierung der europäischen Geschäfte ernster ist denn je. Global gesehen ist GM wieder auf Erfolgskurs und stieg 2011 erneut zum größten Autobauer der Welt auf.

In Europa hat GM seit 1999 aber Verluste von rund 14 Milliarden US-Dollar angehäuft. Die schwachen Geschäfte auf dem alten Kontinent sind derzeit die größte Bedrohung für das fulminante Comeback des ehemals insolventen Autoriesen. Und sie lasten auf dem dahindümpelnden Aktienkurs.

GM arbeitet an einem Restrukturierungsplan für seine Töchter

Damit soll nun aber Schluss sein: GM arbeitet laut mehreren mit der Situation vertrauten Personen derzeit an einem neuen Restrukturierungsplan für die europäischen Töchter Opel und Vauxhall, mit dem die Gewinnschwelle deutlich gesenkt werden soll. Ein weiterer Stellenabbau wird dabei laut Kreisen ebenso diskutiert wie Werkschließungen. So stehen offenbar die Standorte in Bochum und im britischen Ellesmere Port zur Disposition. Insgesamt sind dort mehr als 5.000 Menschen beschäftigt, mehr als 3.000 davon in der Stadt an der Ruhr.

Um die Auslastung zu erhöhen, könnten laut den Informanten außerdem Teile der Produktion von Südkorea nach Deutschland verlagert werden. Zudem will GM unter anderem auch bei Zulieferern und Materialkosten Geld sparen. Eine Einigung mit den Arbeitnehmern um den neuen Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug muss aber noch gefunden werden. Das dürfte kein einfaches Unterfangen werden, schließlich wurden in der letzten Sanierungsrunde bis 2014 gültige Verträge unterzeichnet, die laut der Arbeitnehmerseite Werksschließungen unmöglich machen.

Der Opel-Betriebsrat hat Meldungen über geplante Werksschließungen zurückgewiesen. “Ich habe überhaupt keinen Hinweis darauf, dass GM plant, bestehende Verträge mit uns zu verletzen”, sagte der Opel-Konzern- und Gesamtbetriebsratsvorsitzende Wolfgang Schäfer-Klug. Die Verträge schließen Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen bis 2014 aus.

GM zeigte sich dennoch optimistisch, dass eine Einigung gefunden werden wird: “Das neue Managementteam hat eine produktive Beziehung mit den Gewerkschaften, und beide Parteien setzen sich dafür ein, die Herausforderungen zu lösen, vor denen das Unternehmen steht”, sagte Konzernsprecher Selim Bingol.

Opel nach wie vor vom europäischen Markt abhängig

In den vergangenen Monaten hat sich das Marktumfeld in Europa wegen der Schuldenkrise merklich eingetrübt, zahlreiche Branchenexperten nahmen ihre Schätzungen für den Automobilmarkt zurück. Da Opel nach wie vor fast ausschließlich von Europa abhängig ist, das automobile Wachstum aber anderswo stattfindet, kriselt es bei der Marke mit dem Blitz: In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres hat GM in Europa bereits 580 Millionen Dollar verloren.

Am 16. Februar, dem Tag, an dem GM einen konzernweiten Rekordgewinn für 2011 präsentieren wird, dürften für Europa auch im Schlussquartal massiv rote Zahlen vermeldet werden. Dabei hatte Opel – zumindest unter der Herausrechnung der Kosten der 2009 eingeläuteten Sanierungsrunde – im vergangenen Jahr eigentlich schwarze Zahlen schreiben wollen.

Um Opel wieder auf Kurs zu bringen, investierte der Mutterkonzern viel Zeit und viele Ressourcen. So schickte GM-Chef Dan Akerson vier hochrangige Konzernvertreter in den Aufsichtsrat der Rüsselsheimer. Neben seinem Vize Steve Girsky und Finanzvorstand Dan Ammann sitzen auch die Entwicklungschefin Mary Barra und der Leiter des internationalen Geschäftes, Tim Lee, in dem Kontrollgremium.

Auch der Präsident der amerikanische Autogewerkschaft United Auto Workers (UAW), Bob King, dürfte laut Kreisen in den Verhandlungen mitmischen, wenn er wie erwartet im März in den Aufsichtsrat einzieht. King will auf dem internationalen Gewerkschaftsparkett mehr Einfluss gewinnen. Gewerkschaftsvertreter in Deutschland waren für eine Stellungnahme zu den Informationen zunächst nicht zu erreichen, die UAW lehnte eine Stellungnahme ab.

Keine nachhaltigen Ergebnisse bei Opel

Vor zwei Jahren hatte GM bei Opel bereits europaweit 8.300 Stellen gestrichen und das Werk im belgischen Antwerpen geschlossen. Gleichzeitig waren mehrere Milliarden Euro in die Modellpalette investiert worden, um Opel zukunftsfähig aufzustellen. Trotz mehrfacher Restrukturierungsbemühungen hat Opel bislang aber keine nachhaltigen Ergebnisse geliefert. Arbeitnehmervertreter sehen den Grund dafür nicht zuletzt darin, dass Opel auf wichtigen Wachstumsmärkten wie China nicht von GM von der Leine gelassen wird.

Die Ausgangslage für eine Trendwende als “Regionalmarke” ist angesichts der jüngsten Absatzeinbrüche in Europa denkbar schlecht. Vor allem, da die Europäische Union in diesem Jahr erneut in eine Rezession abrutschen könnte. Analysten gehen davon aus, dass die Schwäche des Automobilmarkts einige Jahre anhält. Von 2007 bis 2011 schrumpften die Verkäufe um 15 Prozent auf 12,8 Millionen Fahrzeuge. 2012 dürfte es weiter abwärts gehen: Jüngste Prognosen des Marktforschungsunternehmens LMC Automotive gehen von einem Rückgang um weitere 5,9 Prozent auf 12,05 Millionen Autos und Lkw aus. Keine einfache Zeit also, um wieder profitabel zu werden.

Quelle: AP

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