Gute Entwicklungsperspektiven für das Binnenschiff im Seehafenhinterlandverkehr

Um über die Transportpotenziale des Binnenschiffs im Seehafen-Hinterlandverkehr zu diskutieren, lud Hafen Hamburg Marketing e.V. Mitte November zum Informationsabend nach Braunschweig ein. Die Zukunft des Verkehrsträgers Binnenschiff wurde aus verschieden Perspektiven beleuchtet und in einer anschließenden Podiumsrunde ausführlich diskutiert. Unter den rund 100 Gästen in der Industrie- und Handelskammer Braunschweig begrüßte Claudia Roller, Vorstandsvorsitzende Hafen Hamburg Marketing e.V., unter anderem Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, und Adalbert Wandt, Vizepräsident der IHK Braunschweig, Geschäftsführender Gesellschafter der Wandt Speditions- und Transportberatung GmbH, sowie Präsident beim Bundesverband Güterverkehr Logistik & Entsorgung (BLG) e.V.
 
Ziel der Veranstaltung war es, auf die Bedeutung des Binnenschiffes im Verkehr zwischen Hamburg und seinem Hinterland aufmerksam zu machen und auf die aus Sicht der Wirtschaft notwendigen Investitionen in eine leistungsfähige Infrastruktur hinzuweisen. Unter der Themenstellung „Binnenschifffahrt – Verkehrsträger der Zukunft“ diskutierten in der von Hans-Wilhelm Dünner moderierten Podiumsdiskussion Claudia Roller, Heinrich Goller, Geschäftsführer HHLA Container Terminals GmbH, Ingelore Hering, Präsidentin Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte, Jens Hohls, Geschäftsführer Hafenbetriebsgesellschaft Braunschweig mbH, Wolfgang Duffner, Geschäftsführer Niedersächsische Verfrachtungsgesellschaft mbH, Peter Jürgen Schneider, Vorstand Salzgitter AG, und Wolfgang Weber, Referatsleiter Luftverkehr, Schifffahrt und Hafenbehörde, Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.
 
Zum mehrheitlichen Tenor auf dem Podium gehörte die Notwendigkeit der Nutzung freier Kapazitäten in der Binnenschifffahrt im Hinterlandverkehr des Hamburger Hafens. Ingelore Hering führte aus, dass dadurch weiterer Flächenverbrauch für Landverkehrsträger reduziert werden könne. Darüber hinaus sei die umweltfreundliche Binnenschifffahrt in der Lage, die Schadstoffbelastung aus dem Transportgeschehen zu begrenzen und so zur Erleichterung der Klimaschutzziele beizutragen.
 
Für Jens Hohls ist die Binnenschifffahrt eine unverzichtbare Option für den Hamburger Hafen. Um ihre volle Kapazität ausschöpfen zu können, sieht er die Wasserstraßenverwaltung in der Verantwortung: „Die Bundeswasserstraßenpolitik muss die Vernetzung aller wichtigen Wasserstraßen ermöglichen. Ein Engpass auf den Wasserstraßen blockiert die gesamte Transportkette. Die Verwaltungsreform der WSV darf nicht zu einem unkalkulierbaren Risiko werden. Am Ende muss immer noch eine handlungsfähige und leistungsfähige Wasserstraßenverwaltung stehen.“ Um den Anteil des Binnenschiffsverkehrs im Seehafen-Hinterlandverkehr zu steigern, bedarf es dem weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur: So ist die Elbe in Niedrigwasserperioden aufgrund von zu geringer Wassertiefe nicht durchgängig an 345 Tagen im Jahr befahrbar und hemmt dadurch ein weiteres Umschlagwachstum.
 
Gleichermaßen argumentierte Wolfgang Duffner, der den Verkehrsträger Binnenschiff in der Logistik als unverzichtbaren Partner bezeichnet, um landseitige Verkehre zu entlasten und Verkehrszuwächse aufzunehmen: „Wir haben das Glück, über ein gutes Netz an Wasserstraßen zu verfügen und bieten zum Wohl des Wirtschaftsraums Niedersachsen ökologisch und ökonomisch günstige Möglichkeiten zur Teilnahme am Welthandel. Als eine der führenden Handelsnationen der Welt muss unser Blick natürlich in erster Linie auf die eigenen inländischen Verbindungen zu den Seehäfen gerichtet sein. Ein Schleusenneubau neben dem Hebewerk Scharnebeck, das sich für die moderne Binnenschifffahrt mehr und mehr als Sperrwerk erweist, sowie eine verlässliche Doppelschleusenanlage in Uelzen würden den Weg nach Hamburg auch für die moderne Binnenschifffahrt, d. h. das GMS (Großmotorgüterschiff) oder den großen Schubverband, freimachen. Neben der Massengutfahrt, die nun einmal eine größere Abladung der Fahrzeuge voraussetzt, könnten auch hier Containermengen gesteigert werden. Die Bereitschaft der Schifffahrttreibenden zu entsprechenden Investitionen ist vorhanden.“
 
Aus Perspektive der verladenden Wirtschaft betonte Detlev Wollert, dass der Bau einer neuen Schleuse in Lüneburg nicht nur für den Containertransport, sondern auch unter dem Gesichtspunkt von Neufahrzeugtransporten per Binnenschiff von größter Bedeutung ist. Peter-Jürgen Schneider bekräftigte ebenfalls, dass bei rund 8 Millionen Tonnen Transportvolumen seines Unternehmens der Bahnanteil bei 80 Prozent liegt und das Binnenschiff nach Ausbau des Stichkanals Salzgitter ein Transportvolumen in der Größenordnung von mehr als 4 Millionen Tonnen übernehmen könnte. Mit der Zusage zum Ausbau des Stichkanals Salzgitter sieht auch Wolfgang Weber als Vertreter der Landesregierung Niedersachsen eine für die Region entscheidende Infrastrukturverbesserung angeschoben.   
 
Auf die begrenzten Finanzmittel für Infrastrukturprojekte des Bundes ging Enak Ferlemann ein, der den zukünftigen Erhalt des Elbe-Seitenkanals nicht gefährdet ansieht. Ferlemann betonte, dass im Nationalen Hafenkonzept für die See- und Binnenhäfen der Ausbau der Hinterland-Anbindungen der deutschen Seehäfen höchste Priorität hat. Abseits der Ausbaumaßnahmen der Verkehrsinfrastruktur besteht für Heinrich Goller auch noch Optimierungsbedarf bei der Abfertigung von Containern, die per Binnenschiff die Containerterminals im Seehafen erreichen. Eine bessere Abfertigung könne aus seiner Sicht durch Mengenbündelung an den Terminals, eine effizientere Steuerung der Abläufe analog zur Feeder-Leitzentrale und der Schaffung zusätzlicher Liege- und Warteplätze in Terminalnähe erfolgen. Insgesamt sehe die Hamburger Hafenwirtschaft gute Wachstumspotenziale für die Binnenschifffahrt.
 
Der Wirtschaftsraum Braunschweig-Salzgitter-Wolfsburg, der stark durch die Stahl- und Automobilindustrie geprägt ist, nutzt den Hamburger Hafen für den seeseitigen Außenhandel. Das Binnenschiff verbindet im Containerverkehr über den Elbe-Seitenkanal mit regelmäßigen Schiffsabfahrten das trimodale Containerterminal Braunschweig mit den Umschlagterminals in Hamburg. Die Binnenschiffe mit einer Kapazität von 96 TEU verkehren werktäglich. Zusätzlich werden regelmäßig Ganzzüge zwischen Braunschweig und  Hamburg eingesetzt.

Quelle: Hafen Hamburg

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