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Herausforderungen des stationären Handels in Deutschland

Der stationäre Handel im Wandel: Nachhaltigkeit und die Evolution des Kundenerlebnisses durch einen ganzheitlichen Ship-from-Store-Service.

Beitrag: ARVATO SYSTEMS GMBH, MAIL ALLIANCE & LOGISTIC-NATIVES

Der stationäre Einzelhandel in Deutschland sah sich in den vergangenen Jahren mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. Die zunehmende Popularität des Online-Shoppings wurde durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie weiter erhöht. Lockdowns, Geschäftsschließungen und verändertes Konsumverhalten der Konsumenten haben zu Umsatzeinbußen und existenziellen Sorgen vieler Einzelhändler geführt. Während der Umsatz im stationären Einzelhandel seit 2019 um 3% gestiegen ist, legte der Online-Handel im selben Zeitraum um 31% zu. Zusätzlich wurden Gewinnmargen durch den Preisdruck infolge des steigenden Wettbewerbs, die Möglichkeit des Online-Preisvergleiches und den erhöhten Kosten durch die Inflation weiter belastet.

Parallel ist das Thema Nachhaltigkeit zu einem der wichtigsten Aufgabengebiete avanciert, das sowohl von den Verbrauchern als auch von der Politik verstärkt in den Fokus gerückt wird. Der Anspruch, nachhaltig zu konsumieren und das Bewusstsein für verantwortungsvolles Handeln, hat seitens der Kundinnen und Kunden stark zugenommen und beeinflusst maßgeblich ihre Kaufentscheidungen. Sie sind sensibilisiert für Umwelt- und Sozialfragen und bevorzugen Unternehmen, die nachhaltige Praktiken in ihre Geschäftsmodelle integrieren. Gleichzeitig setzen politische Entscheidungsträger verstärkt auf Nachhaltigkeit, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und dem Klimawandel entgegenzuwirken.

Als Konsequenz ändert sich das Stadtbild in vielen Städten maßgeblich. Das vermehrte
Online-Shopping und der Aufstieg großer E-Commerce-Plattformen haben zu einem veränderten Konsumverhalten geführt, bei dem vermehrt auf den Online-Kanal zurückgegriffen wird. Dies resultiert in einer deutlichen Abnahme der Kundenfrequenz in den Geschäften, was wiederum Umsatzrückgänge und die Schließung von Einzelhandelsgeschäften zur Folge hat. Zusätzlich verändern sich Ladentypen, indem Einzelhandelsgeschäfte durch größere Ketten oder internationale Marken ersetzt werden. Kunden legen mehr Wert auf Erlebnisse und die Möglichkeit, Gastronomie mit Shopping zu verbinden. Dabei liegt der Fokus weniger auf reine Einkaufsmeilen. Im Gegensatz dazu führt die steigende Anzahl von Paketen, die von Paketdienstleistern ausgeliefert werden, zu einer deutlichen Zunahme des Lieferverkehrs in den Innenstädten. Dies hat zur Folge, dass die Verkehrsbelastung spürbar ansteigt.

Trotz der zahlreichen Herausforderungen halten viele Unternehmen weiterhin an ihren stationären Geschäften fest. Diese dienen als wichtige Markenpräsentationsfläche und ermöglichen ein persönliches Einkaufserlebnis, das für viele Kundinnen und Kunden nach wie vor von großer Bedeutung ist. Um jedoch im heutigen Wettbewerbsumfeld erfolgreich zu bestehen, ist es erforderlich, dass die Geschäfte ihre Rolle über die traditionelle Verkaufsfunktion hinaus erweitern.

Ship-from-Store-Service: Nachhaltig, kostengünstig, regional

Angesichts dieser Ausgangssituation stehen Einzelhändler vor der Herausforderung, innovative Wege zu finden, um sich anzupassen und zu überleben. Der Wandel im Konsumverhalten eröffnet die Möglichkeit neuer Geschäftsmodelle. Es gilt, die Vorteile des stationären Geschäfts wie zum Beispiel sofortige Warenverfügbarkeit, Kundenerlebnis oder kürzere Wege gewinnbringender zu nutzen, ohne dabei auf die Nachhaltigkeit und Kundenzufriedenheit zu verzichten.

Eine vielversprechende Lösung, die den Wandel im Stadtbild berücksichtigt, Kosten reduziert und gleichzeitig nachhaltige Prinzipien umsetzt, ist der „Ship-from-Store-Service“.

Der Ship-from-Store-Service ermöglicht Einzelhändlern, ihre physischen Geschäfte nicht nur als Verkaufsfläche, sondern auch als Distributionszentren für den Online-Versand zu nutzen. Anstelle der Versendung von Produkten aus dem Zentrallager, werden diese bei Verfügbarkeit direkt aus den einzelnen Filialen heraus versandt. Distributionszentren werden nur genutzt, wenn die Ware in den Filialen nicht verfügbar ist oder keine Ressourcen für die Versandvorbereitung zur Verfügung stehen.

Dieser Ansatz bietet mehrere Vorteile:

  • Der stationäre Handel kann seine Lagerbestände effizienter nutzen und die gesamte Lagerfläche optimieren. Somit können Kosten für zusätzliche Lagerflächen eingespart werden. Laut einer Untersuchung des EHI Retail Institute aus dem Jahr 2018 ist eine Reduzierung der Lagerfläche um durchschnittlich 15% möglich.
  • Durch den direkten Versand aus der nächstgelegenen Filiale an den Kunden können Lieferzeiten erheblich verkürzt werden. Anstatt auf den Versand aus einem entfernten zentralen Lager zu warten, kann der Artikel möglicherweise noch am selben Tag geliefert werden. Dies ist besonders vorteilhaft für Kunden, die eine schnelle Lieferung wünschen oder sich in der Nähe einer Filiale befinden. Laut einer Studie von Deloitte aus dem Jahr 2019 sind 55% der Kunden bereit, für eine schnellere Lieferung höhere Versandkosten zu akzeptieren.
  • Durch kürzere Transportwege können Lieferwege effizienter gestaltet werden, was zu Einsparungen von Versandkosten führt.
  • Ship-from-Store trägt zur Schaffung eines nahtlosen Omnichannel-Erlebnisses bei. Kunden haben die Möglichkeit, online bei ihrem Lieblingsgeschäft einzukaufen und die Artikel direkt an ihre Haustür liefern zu lassen. Dieses flexible und bequeme Einkaufserlebnis ermöglicht es den Kunden, den Kanal ihrer Wahl zu nutzen, ohne auf ein rein onlinebasiertes Angebot umzusteigen.
  • Der Ship-from-Store-Service trägt zur Reduzierung der CO2-Emissionen bei, da die Lieferwege verkürzt und Leerfahrten vermieden werden. Insbesondere in urbanen Bereichen werden auf der letzten Meile zunehmend emissionsfreie Transportmittel wie Lastenräder oder E-Kastenwagen genutzt. Laut einer Studie von Capgemini Research Institute aus dem Jahr 2021 kann die Nutzung von Ladengeschäften als Versandzentren die CO2-Emissionen um bis zu 23% im Vergleich zur herkömmlichen Zentrallagerlieferung reduzieren.

Das internationale Netzwerk logistic-natives e.V. versucht, mit seinen Mitgliedern auf pragmatische Weise innovative und neue Services zu entwickeln. Um diesen Ship-from-Store-
Service als ganzheitlichen End-to-End-Service anzubieten, kooperieren beispielsweise der logistic-native mail alliance – eine Marke der mailworXs GmbH und der IT-Spezialist Arvato
Systems, der durch seine umfangreichen
Erfahrungen im Bereich Logistik die notwendigen IT-Plattformen bereitstellt.

Bei einer Bestellung im Webshop trifft in der Praxis ein automatisiertes Routing die Entscheidung, ob der Versand über das Distributionszentrum oder über die Filiale die Ziele des Händlers am effektivsten erreicht. Bei dem Versand aus der Filiale erhalten die Mitarbeitenden vor Ort eine Information, welche Waren gepackt werden müssen und stellen die Waren an einem definierten Ort für die
Abholung bereit.

Die Abholung und flächendeckende Zustellung der im Webshop bestellten Waren erfolgt durch die mail alliance, die sich als
Kurierdienstleister auf die nachhaltige Zustellung spezialisiert hat. Damit wird eine kostengünstige und nachhaltige Alternative zu Lieferungen aus den Zentrallagern ermöglicht. Das gemeinsame Ziel von mail alliance und Arvato Systems besteht darin, die Lieferprozesse auf der letzten Meile zu optimieren, Lager- und Versandkosten zu senken sowie den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.

Das Konzept ist insbesondere für Unternehmen interessant, die eine schnelle und flexible Lieferung benötigen. Der neue End-to-End-Service steht ab sofort interessierten Pilotkunden zur Verfügung und ist eine zukunftsweisende Lösung, um Lieferprozesse nachhaltiger und kostengünstiger zu gestalten.

Zusätzlich bietet der Ship-from-Store-Service die Möglichkeit, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Durch die Nutzung der bereits vorhandenen stationären Geschäfte als Distributionszentren werden unnötige Lieferungen aus zentralen Lagern vermieden, was zu einer Reduzierung des Verkehrsaufkommens und der CO2-Emissionen beiträgt. Die kurzen Lieferwege ermöglichen zudem eine effizientere Nutzung von Lieferfahrzeugen und reduzieren somit den Ressourcenverbrauch.

Möchten Sie mehr über die logistic-natives e.V. und seine Mitglieder erfahren? Florian Seikel informiert Sie gerne. Jedes Unternehmen ist eingeladen, an dem Netzwerk zu partizipieren.

Quelle: LOGISTIK express Journal 3/2023

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