Intakte Aufwärtsentwicklung der deutschen Logistikkonjunktur

Die aktuelle Konjunkturtendenz der deutschen Logistikwirtschaft ist weiterhin aufwärts gerichtet. Der Logistik-Indikator, den das Institut für Weltwirtschaft im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. berechnet, stieg im dritten Quartal zum fünften Mal in Folge und erreicht mit einem Niveau von 147,6 den höchsten Wert seit dem Jahreswechsel 2007/2008. Dies entspricht einem Anstieg um 8,7 Zähler gegenüber dem Vorquartalswert. Die Lagebeurteilung hat weiter an die bislang vorauseilenden optimistischen Erwartungen aufschließen können. Beide Komponenten liegen nunmehr praktisch gleich auf.

Auch wenn die Lagebeurteilung und die Erwartungen nun gleichermaßen optimistischer ausfallen, ist die Entwicklung bei den Anbietern (Logistikdienstleister) und den Anwendern in Industrie und Handel nicht mehr so gleichförmig wie noch in den Vorquartalen. Während sich die kräftige Aufwärtsentwicklung auf der Anbieterseite fortgesetzt hat (Anstieg um 13 Indexpunkte), fiel der Zuwachs auf der Anwenderseite eher schwach aus (4,5 Zähler). Zudem haben sich dort auch die Erwartungen für die kommenden 12 Monate erstmals seit dem Frühjahr 2009 wieder leicht gedämpft. "Intelligentes Wachstum ist das Gebot der Stunde: fähig sein, den Aufschwung mitzugestalten, aber trotzdem bereit, kommenden Turbulenzen zu trotzen", kommentierte Prof. Raimund Klinkner, der Vorstandsvorsitzende der BVL, das Ergebnis.

Logistikanbieter: Lageeinschätzung weiter verbessert
Die weitere Klimaaufhellung der Logistikdienstleister ist vor allem auf die günstigere Lageeinschätzung zurückzuführen (Anstieg um 17,6 Punkte auf 141,7). Hierzu haben maßgeblich eine deutlich bessere Kapazitätsauslastung und eine ganz überwiegend als gut beurteilte Auftragslage beigetragen. Dämpfend wirkte jedoch, dass die Entwicklung der binnenwirtschaftlichen und grenzüberschreitenden Auftragseingänge zwar immer noch sehr kräftig ausfällt, gegenüber dem Vorquartal aber leicht an Dynamik verloren hat. Das Vertrauen in eine weiterhin positive Entwicklung auf Sicht der kommenden 12 Monate hat sich weiter verfestigt (Anstieg der Erwartungskomponente um 8,4 auf 158,8 Indexpunkte). "Dass die Aussichten für die Geschäfts- und Auftragsentwicklung ihre hohen Vorquartalswerte bei einer gleichzeitig verbesserten Lageeinschätzung halten konnten, deutet auf eine robuste Aufwärtsentwicklung hin", betont IfW-Konjunkturforscher Kooths, der die Berechnung des Indikators betreut. "Zudem hat auch die Bereitschaft zur Kapazitätsausweitung deutlich angezogen. Per Saldo plant etwa die Hälfte der Befragten sowohl einen Aufbau ihrer Sachanlagen als auch eine Aufstockung ihres Personalbestandes", so Kooths.

Logistikanwender: leicht nachlassende Erwartungen
Auch der Klimawert für die Logistikanwender in Industrie und Handel liegt mit einem Wert von 145,5 deutlich oberhalb der neutralen 100er-Marke. Anders als bei den Anbietern zeichnet sich hier jedoch eine Seitwärtsbewegung ab. Zwar konnte die Lagebeurteilung nochmals deutlich um 12,1 Zähler auf ein neues Zweieinhalbjahreshoch von 149,2 Indexpunkte zulegen; gleichzeitig gaben jedoch die Erwartungen seit dem Tiefpunkt im Winter 2008/2009 erstmals leicht nach (Rückgang um 3,1 auf 140,8 Punkte). Die Lageverbesserung zeigt sich in einer merklichen Verknappung der im Markt verfügbaren Logistikkapazität und ist begleitet von einer kräftigen relativen Verteuerung der Logistikkosten. Demgegenüber hat sich der Zuwachs der Logistiknachfrage bei weiterhin hoher Auslastung der eigenen Kapazitäten abgeschwächt. Die leicht nachlassenden Erwartungen für die nächsten 12 Monate rühren von einer nicht mehr ganz so starken Einschätzung der zukünftigen inländischen Logistikbedarfe. "Alle übrigen Erwartungskomponenten liegen praktisch auf ihren Vorquartalsniveaus. Daraus ergibt sich – angesichts der aktuellen Lageeinschätzung – ein insgesamt weiterhin positiver Ausblick auf die weitere Entwicklung der Logistikkonjunktur in Deutschland", bewertet Kooths das Ergebnis der Befragungen.

Logistikprozesse: flexibler gestaltet
Vier Fünftel der Logistikdienstleister sowie fast alle Befragten aus Industrie und Handel (92,5 Prozent) haben ihre logistikbezogenen Prozesse – auch als Reaktion auf die zurückliegende Krise – flexibler gegenüber Bedarfsschwankungen ausgerichtet. Indes konnte auf der Anwenderseite die Tendenz zum Outsourcing von Logistikleistungen noch nicht an die Vorkrisenentwicklung anschließen.

Kommentar von Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, Vorsitzender des Vorstands, Bundesvereinigung Logistik
Der Gesamtindikator für den Wirtschaftsbereich Logistik erreicht im Spätsommer 2010 wieder das Niveau des Jahresbeginns 2008. Ausgelöst durch die Finanz- und Wirtschaftskrise wurde der Weg zur Talsohle und wieder heraus in rund 33 Monaten zurückgelegt. Die konjunkturelle Erholung scheint sich im weiteren Verlauf des Jahres fortzusetzen. Der realistische Optimismus, der schon in vorhergehenden Umfrageergebnissen deutlich wurde, zeigt sich also auch im 3. Quartal 2010.

Die Augustbefragung der Logistikverantwortlichen ergibt einen um sechs Prozent steigenden Gesamtindexwert gegenüber Mai. Einhellig berichten Industrie, Handel und Logistikdienstleister von weiter gestiegenen Kapazitätsauslastungen und guten Auftragslagen aus dem In- und Ausland. Zudem ist die Investitionsneigung gestiegen und es wird verstärkt Personal aufgebaut.

Der Index wird aus zwei wesentlichen Komponenten gebildet: der aktuellen Geschäftslage und den Erwartungen für die nächsten zwölf Monate. Bei differenzierter Betrachtung ist bemerkenswert, dass die Logistikdienstleister höhere Erwartungen an die Geschäftsentwicklung berichten als die Verantwortlichen aus Industrie und Handel. Dort sind die Erwartungen für die Zukunft niedriger als die aktuelle Lageeinschätzung. Industrie und Handel scheinen eine leicht nachlassende Dynamik zu spüren.

Dies sind Hinweise darauf, dass wir es mit einer positiven Grundentwicklung zu tun haben, die aber nicht ohne Risiken ist. Der nicht anspringende Weltkonjunkturmotor USA, die Risiken hoch verschuldeter Volkswirtschaften und die Ängste vor einer Überhitzung der Märkte in China mahnen zur Wachsamkeit. Intelligentes Wachstum ist das Gebot der Stunde: fähig sein, den Aufschwung mitzugestalten, aber trotzdem bereit, kommenden Turbulenzen zu trotzen. "Intelligent wachsen" lautet somit der Leitgedanke des 27. Deutschen Logistik-Kongresses, zu dem vom 20.-22. Oktober 2010 wieder 3.500 Entscheider aus über 40 Nationen in Berlin zum Wissens- und Erfahrungsaustausch erwartet werden.

Auf die Frage: "Haben Sie Ihre Prozesse als Reaktion auf die Krise gezielt für eine schnellere Anpassung auf Schwankungen ausgerichtet?" antworteten vier Fünftel der Logistikdienstleister sowie mehr als 90 Prozent der Befragten aus Industrie und Handel mit einem klaren ja. Die deutsche Logistikwirtschaft ist auf dynamische Märkte gut vorbereitet.

Quelle: MyLogistics
Portal: www.logistik-express.com

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