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Interview mit Prof. Dr. Sebastian Kummer

Prof. Dr. Sebastian Kummer, Institutsvorstand für Transportwirtschaft und Logistik

Das Jahr 2009 war für die Transportwirtschaft, die Dienstleister und die verladende Industrie gleichermaßen schwierig. Durch starke Mengen- und Preisrückgänge haben sich die Flexibilitätsanforderungen stark erhöht. Die Preisentwicklung stellt für Straßengüterverkehrsunternehmen eine existenzbedrohende Situation dar, es ist fraglich, ob die derzeitige leichte Erholung das Frächtersterben aufhalten kann. Für mich war erschreckend, wie massiv sich die Rückgänge bei der Bahn auswirkten. Verantwortlich dafür waren die gestiegenen Flexibilitätsanforderungen und der hohe Preisdruck, es stellt sich die Frage, ob dieser Marktanteilsverlust rückgängig gemacht werden kann. Schade ist, dass die Krise nicht als Chance zur ökologischen Erneuerung des Transportes genutzt wurde. Die schwach ökologisierte Maut ab 2010 stellt jedoch wenigstens einen ersten Schritt in diese Richtung dar.

An der Universität haben wir es geschafft, die vorgenommenen Projekte – etwa unser CO2-Ausweis-Tool – zu realisieren. Wir konnten zudem einige Projekte zur Verkehrsinfrastrukturbewertung durchführen und ich hoffe, es kommt zu einer rationaleren Diskussion als zuletzt, um zukunftsträchtige Infrastrukturprojekte zu fördern. Wir haben auch die Kummertabelle aktualisiert und eine weitere Version für die Slowakei entwickelt. Gut angekommen ist unsere Sommeruniversität über Supply Chain in Vietnam in Kooperation mit Jöbstl.

Neu in 2010 ist, dass wir ab Herbst erstmals einen Master Supply Chain Management anbieten wollen. Für die Unternehmen generell wird es noch ein schwieriges Jahr, wenn die Auftragsvolumina wieder steigen wird es zu Liquiditätsproblemen kommen. Meiner Meinung nach ist ein Ende der Krise in Sicht, aber noch sind längst nicht alle Unternehmen über den Berg. Die Frage ist hier, wie man sich am besten auf diese zappelige Situation einstellen kann, das Stichwort Agilität gewinnt an Bedeutung. Gute Chancen sehe ich für die RCA, den Zusammenbruch einiger Staatsbahnen in Osteuropa zu nutzen. Daraus ergeben sich Vorteile für den internationalen Güterverkehr. Ich glaube, die Ökologisierung der Logistik und der Transportwirtschaft zur Erreichung der Klimaziele muss voranschreiten, für Logistikunternehmen sehe ich hier Chancen, durch rasche Umsetzung Imagegewinne zu erzielen. An der WU planen wir, interkontinentale Verkehr besser als bisher abzubilden. Zudem entwickeln wir ein Kalkulationstool zur Abbildung des Schienenverkehrs. Es wird auch wieder eine Sommeruniversität geben, diesmal in Indonesien.

Ich wünsche mir, dass es privat weitergeht wie bisher, dass unser Master erfolgreich wird, dass wir unsere geplanten Buchprojekte realisieren können und dass die ÖBB ihre Geldprobleme in den Griff bekommen.

Das Interview führte Angelika Thaler

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