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Kommentar: Amazon patentiert Wearable für Picker, überwacht werden diese aber eh schon

Amazon steht immer wieder in der Kritik, wenn es um die Arbeitsbedingungen in seinen Logistiklagern geht. Jetzt dürfte diese noch lauter werden, denn es ist ein neues Patent aufgetaucht. Das neue Wearable könnte die Logistikmitarbeiter auf Schritt und Tritt verfolgen.

Amazon überrascht immer wieder mit Patenten in der Logistik. Neben der Lagerung von Waren im Wasser, einem Drohnenturm oder mobile Flugplätze für Drohnen zur kommerziellen Paketlieferung – meist ist die Idee hinter den Patenten weit hergeholt und ist in erster Linie darauf bedacht, die Logistik zu digitalisieren, ohne dabei den Mitarbeitern zu sehr auf die Füße zu treten.

Überwachung oder Unterstützung?
Nun wurde allerdings ein Patent bekannt, dass in eine ganz andere Richtung geht. Wie t3n unter Berufung auf „The Guardian“ schreibt, hat Amazon ein Wearable entwickelt, das von Mitarbeitern von Versandzentren getragen werden kann. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Datenbrille, die bei dem Kommissionier-Verfahren „Pick-by-Vision“ eingesetzt wird. Nein – das Patent sieht ein Armband vor, dass vibriert, wenn der Picker die falsche Ware greift. Soweit ist das kein Problem, doch der Vorwurf der Überwachung – den sich Amazon immer wieder gefallen lassen muss – steht wieder zur Debatte, denn das Armband verfügt über einen Radiowellentransceiver. Durch den Receiver ist Amazon dazu in der Lage, die exakte Position des Mitarbeiters auch in weitläufigen und mit einer großen Zahl an Empfängern ausgestatteten Lagerhallen exakt verorten kann.

Im Gegensatz zur Datenbrille basiert das Armband auf Triangulation, einer geometrische Methode der optischen Abstandsmessung durch genaue Winkelmessung innerhalb von Dreiecken. So ist es sehr einfach möglich, genau zu erfassen, an welcher Position sich das Armband befindet. Für Arbeitsrechtler und sicher auch Verdi, die schon lang die Überwachung bei Amazon in der Logistiklagern anprangern, dürfte das neue Armband ein No-Go sein. Denn durch das Armband lässt sich tracken, welcher Mitarbeiter länger als eine bestimmte Zeit am gleichen Platz verharrt oder sogar die Halle verlässt und zur Toilette geht. Das Überwachen von einzelnen Handgriffen dürfte ebenso machbar sein.

Amazon Patent für Wearable Armband
© Amazon / USPTO (Quelle: theguardian.com)

Amazons Umgang mit Mitarbeitern
Stellt sich die Frage, wie sich die Armbänder allerdings von anderen technischen Hilfsmitteln unterscheiden. Auch Datenbrillen erlauben tendenzielle eine Überwachung der Mitarbeiter. Die bisher bei Amazon eingesetzten MDE-Geräte stehen auch in der Kritik. Sobald technische Erweiterungen zum Einsatz kommen, ist eine Überwachung der Mitarbeiter möglich – und teilweise auch notwendig. Die Auswertung der gewonnen Daten kann zur Optimierung der Prozesse beitragen. Die Pickleistung ist in einem Lager eine wirtschaftlich relevante Kennzahl. Wer als Leiter eines Lagers keinen Überblick darüber hat, macht keinen guten Job.

Warum ist das Patent von Amazon also so ein Aufreger? Tendenziell geht es wahrscheinlich weniger um das Wearable an sich, sondern um Amazon und deren Umgang mit ihrem Personal. Amazon steht generell in der Kritik, weil es immer wieder heißt, dass den Mitarbeitern extreme Leistungen abverlangt werden. Wer seine Picker so am Limit hält, dem wird automatisch unterstellt, dass das Armband mehr zur Überwachung dient als zur Unterstützung. Generell sind Wearabels in der Logistik eine gute Sache, da sie die Mitarbeiter unterstützen und ihnen beispielsweise freie Hände ermöglichen. Doch Amazons Patent scheint weniger unterstützen als auszuspionieren zu wollen.

Amazons Logistik ist eine gut geölte Maschine und der Konzern wird auch künftig dafür sorgen, dass es so bleibt. Das Patent für das Wearable ist dafür nur ein weiteres Zeichen. Da es sich aber wie gesagt bisher nur um ein Patent handelt, sollte nicht schon im Vorfeld aus einer Mücke ein Elefant gemacht werden. Zudem weißt die t3n darauf hin, dass eine „ solche Maßnahme, die den Mitarbeiter so intensiv überwachen kann“, nach deutschem Arbeitsrecht ohnehin kaum denkbar ist. Allein in gefährlichen Industrien wie der Chemieindustrie, dem Bergbau oder auf Ölbohrplattformen wäre ein Einsatz gerechtfertigt.

© Dmitry Kalinovsky – shutterstock.com

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