Kostendruck zwingt Automobilzulieferer zum Handeln im Einkauf

Automobilzulieferer erwarten für die nächsten Jahre steigenden Kostendruck: 87 Prozent der deutschen Zulieferer in der Automobilindustrie gehen davon aus, dass die Rohstoffpreise steigen werden. 86 Prozent befürchten, dass die Autohersteller den Preisdruckder Endkunden an sie weiterreichen. Und 84 Prozent sehen die Energiepreise weiter klettern.

Gleichzeitig erwarten vier Fünftel der Zulieferer einen zunehmenden Konkurrenzkampf im Einkauf von Produkten und Dienstleistungen von Sublieferanten – auch, weil 64 Prozent eine Oligopolbildung bei diesen beobachten. Um dem Kostendruck zu begegnen, haben Unternehmen erste Maßnahmen im Einkauf eingeleitet, verschenken in vielen Punkten aber noch große Potenziale. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung des Kerkhoff Competence Center of Supply-Chain-Management an der Universität St. Gallen, des Instituts für Demoskopie Allensbach und der Fachzeitschrift Automobilwoche.

Wissenschaftler und Meinungsforscher haben im August 2010 100 Einkaufsverantwortliche mittlerer und großer Automobilzulieferunternehmen zu aktuellen Trends und Herausforderungen in Einkauf und Beschaffung befragt. Auszüge der Studie werden exklusiv in der Automobilwoche vom 20. September 2010 sowie der Sonderausgabe zur Internationalen Zuliefererbörse vom 6. bis 8. Oktober 2010 in Wolfsburg veröffentlicht.

78 Prozent der befragten Unternehmen haben bereits Nachverhandlungen mit ihren Lieferanten geführt und 85 Prozent haben eine standardisierte Lieferantenbewertung eingeführt. 84 Prozent konzentrieren ihren Einkauf auf Schwerpunktlieferanten, um über größere Abnahmevolumina von einzelnen Lieferanten Rabatte herauszuschlagen. Aber: Nur ein Drittel der Zulieferer hat bereits ein Risikomanagementsystem etabliert.

"Die Automobilzulieferer müssen aufpassen, dass sie langfristig nicht ihre Verhandlungsposition gegenüber den Lieferanten gefährden", sagt Gerd Kerkhoff, Geschäftsführer der auf Einkauf, Beschaffung und Supply Chain Management spezialisierten Unternehmensberatung Kerkhoff Consulting. "Bündelung kann in bestimmten Bereichen sinnvoll sein – ist aber sehr gefährlich ohne ein gut funktionierendes Risikomanagementsystem, das zum Beispiel drohende Oligopolbildungen auf den Lieferantenmärkten frühzeitig erkennt."

Auch innerhalb des Unternehmens können Kosten eingespart werden. Doch bisher nutzt nur gut die Hälfte der Automobilzulieferunternehmen dieses Kostensenkungspotenzial. Bei 50 Prozent der befragten Unternehmen ist der Einkauf bereits in die Entwicklung von Produkten mit eingebunden, bei 56 Prozent in die Produktion. "Kostenoptimale Waren können nur dann beschafft werden, wenn die Einkaufsmanager bereits bei den Produktplanungen mit am Tisch sitzen", sagt Kerkhoff. "Ist ein Produkt aber schon fertig konzipiert, bleibt Einkäufern häufig nur noch die Möglichkeit, die von Ingenieuren festgelegten Waren zur benötigten Menge zu ordern – für Verhandlungen bleibt kein Spielraum. Gerade hier verschwenden immer noch viele Zulieferer großes Potenzial."

Kaum Beachtung wurde bisher externen Faktoren zur Senkung von Einkaufskosten geschenkt. So haben nur knapp ein Fünftel der Unternehmen Einkaufskooperationen mit anderen Zulieferern geschlossen, gerade einmal elf Prozent kooperieren in Transport und Logistik. "Dieses Ergebnis verwundert", sagt Professor Wolfgang Stölzle von der Universität St. Gallen. "Gerade die großen Automobilhersteller machen mit ihren Plattformstrategien deutlich, wie eine Win-to-Win-Kooperation zwischen Produktionsunternehmen aussehen kann. Diese Erkenntnis scheint bei ihren Zulieferern noch nicht angekommen zu sein." Auch in der Zusammenarbeit mit den Sublieferanten gibt es Optimierungspotenzial: Erst 38 Prozent der Zulieferer haben ihre Sublieferanten an das eigene EDV-System angeschlossen – und produzieren damit weiterhin erhöhte Prozesskosten.

Weit vorn im produzierenden Gewerbe haben die Automobilzulieferer die Nase in der Nutzung von so genannten "Cost Breakdown Tools". Bereits 44 Prozent der Zulieferer nutzen diese Tools, um exakt die Herstellungskosten der bezogenen Waren ermitteln und damit wesentlich effizienter verhandeln zu können. Im Vergleich: Eine Allensbach-Befragung unter deutschen Maschinenbauern im gleichen Zeitraum hat ergeben, dass hier nur ein Fünftel "Cost Breakdown Tools" nutzt. "Cost Breakdowns helfen dabei, die Kostentreiber in Produkten eindeutig zu identifizieren", sagt Frank Weinert, Geschäftsführer der auf Produktkostenkalkulation spezialisierten Unternehmensberatung costdata Cost Engineering. "Sind die Kostentreiber gefunden, können Zulieferer und Sublieferant gemeinsam einen Plan entwerfen, wie diese Treiber zu eliminieren beziehungsweise zu optimieren sind. Der Vorteil: Sowohl Abnehmer als auch Anbieter profitieren, es geht nicht um die einseitige Reduzierung der Marge. So helfen Cost Breakdown Tools Automobilzulieferern wie ihren Sublieferanten gemeinsam die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern."

Quelle: MyLogistics
Portal:  www.logistik-express.com

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