| | |

Künstliche Intelligenz in der Logistik

Digitaler Zwilling erlaubt Optimierung im Echtzeit. Die Logistikbranche hat erkannt, welches Potenzial KI sowohl im Lager als auch beim Transport bietet und nutzt die Technologie gezielt, um Effizienz, Qualität und Produktivität zu steigern. Mithilfe eines digitalen Zwillings lassen sich ganze Lieferketten virtuell simulieren und in Echtzeit optimieren.

Redaktion: Dirk Ruppik.

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als Schlüsseltechnologie, die das Potenzial hat, ganze Industrien zu revolutionieren und bisher gängige Geschäftspraktiken grundlegend zu verändern. Die Logistik sieht sich als Vorreiter bei der Digitalisierung und ebenso beim Einsatz von KI. Laut einer repräsentativen Befragung des Digitalverbands Bitkom (1) unter mehr als 400 Logistikunternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland setzen 22 Prozent der Betriebe bereits KI ein. Weitere 26 Prozent planen die Nutzung oder diskutieren zumindest darüber.

Über alle Industrien hinweg liegt der Mittel-wert der Nutzung von KI bei rund neun Prozent. 58 Prozent der Firmen gehen davon aus, dass KI künftig viele Aufgaben wie die Routenplanung oder Bedarfsprognose übernehmen wird. Die Logistikbranche hat erkannt, welches Potenzial KI im Lager als auch beim Transport bietet und nutzt die Technologie gezielt, um Effizienz, Qualität, Produktivität zu steigern“, meint Bitkom-Geschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

KI wird in der Logistik z. B. bereits bei der voraussagenden Wartung von Maschinen und Anlagen, der Nachfrage vorhersage von Produkten, der Lagerverwaltung, bei der Sprach-, Text- und Bilderkennung, der Touren- und Wegoptimierung und im Flottenmanagement genutzt. Ein smartes Lager kombiniert verschiedene Technologien wie das Internet der Dinge (IoT), KI, Robotik und Automatisierung, um die Lagerhaltung, Bestandsverwaltung und den Versand von Waren zu optimieren. Dabei kann der Einsatz von KI generell nur so erfolgreich sein, wie die Qualität der erhobenen Daten im Unternehmen.

Saubere Daten bieten Zukunftschancen

Firmen, die weiterhin am Markt bestehen wollen, müssen sich rasant in Richtung eines datengetriebenen (data-driven) Unternehmens entwickeln. Darunter versteht man ein Unternehmen, das konsequent seine gepflegten und sauberen Datenbestände nutzt, um neue Chancen und Möglichkeiten für das Geschäft, die Kunden und die Mitarbeiter zu erschließen. Dabei wird u. a. die Geschäftssteuerung auf Basis datengetriebener, teils automatisierter Entscheidungen und die Optimierung von Prozessen mittels KI bzw. Process Mining durchgeführt. Digitale Geschäftsmodelle, die neue Märkte erschließen und ein nachhaltiges Wachstum ermöglichen, werden entwickelt. Das datengetriebene Unternehmen bietet zudem smarte Dienstleistungen und Produkte an, die das Leben von Kunden und Mitarbeitern verbessern.

Beispiel: KI-gesteuerte Prozesse im Smart Warehouse

Im intelligenten Lager liegen allen Prozessen durch KI ausgewertete Daten zugrunde. Die KI findet Muster in den Daten, erstellt Prognosen über die künftige Entwicklung von Prozessen und trifft automatisch Entscheidungen. Daten die zur Analyse genutzt werden sind z. B. Kundendaten, Messdaten, Echtzeitdaten aus Sensoren, das Internet der Dinge (IdD), Analysedaten, Monitoring- und Log-Daten aus IT-Systemen, Daten aus bestehenden Data Warehouse-Lösungen oder gar externe Daten aus den Sozialen Netzen, dem Internet oder von Geschäftspartnern. Saubere Daten sind die Grundlage allen Erfolgs für das datengesteuerte Unternehmen. Besonders der E-Commerce mit kleinen Auftragsgößen, kurzen Lieferzeiten und Unberechenbarkeit bei der Nachfrage profitiert stark von einer smarten KI-gesteuerten Logistik. Dafür müssen alle lagertechnischen Geräte und Anlagen mit Sensorik ausgestattet und miteinander via dem Internet of Things (IoT) vernetzt werden. Im intelligenten Lagerhaus können so Aufträge und Güter automatisch empfangen, sortiert, organisiert, erkannt und für die Versendung vorbereitet werden. Insgesamt wird so die Effizienz, Produktivität und Qualität des Lagers und der Lagerprozesse gesteigert.

Im Herzen eines Smart Warehouse befindet sich ein intelligentes Lagerverwaltungssystem (LVS). Es visualisiert und nutzt konsequent Daten über logistische Objekte, deckt Anomalien auf, bevor es zu Problemen kommt und verarbeitet die Informationen, um effiziente Optimierungen wie z. B. eine Wegezeitenreduktion zu erreichen. In das smarte LVS werden Automatisierungslösungen wie KI-Roboter, Fahrerlose Transportsysteme (FTS), Visual Artificial Intelligence, RFID, Pick-by-X-Lösungen, Argumented-Reality-Brille, u. v. m. integriert. Auch kann durch die Nutzung von sog. Smart Grids zur Stromeinsparung und intelligenten Kühl- und Heizsystemen enorm Energie eingespart werden.

Digitaler Zwilling ist Herzstück des smarten Lagers

Im digitalen Zwilling des Lagers werden alle ablaufenden Prozesse abgebildet sowie die gesammelten Daten zusammengeführt und verarbeitet. Er kann beispielsweise genutzt werden, um den Lagerbestand in Echtzeit zu überwachen, Bestellungen und Lieferungen zu verfolgen, die Lagerplatznutzung zu optimieren und Engpässe oder ineffiziente Prozesse zu identifizieren. Basierend auf den Daten des digitalen Zwillings können automatisierte Systeme im Lager eingesetzt werden, um die Lagerprozesse zu steuern, wie beispielsweise die automatische Kommissionierung von Waren, die Optimierung der Routenplanung für den innerbetrieblichen Transport oder die automatische Nachbestellung von Produkten. Der Zustand der im Lager betriebenen Geräte wie Regalbediengeräte, Förderanlagen, Roboter, FTS, etc. kann überwacht werden und so einem Ausfall vorgebeugt werden. Auch eine Simulation von Lagerprozessen vor dem eigentlichen Bau des Lagers ist möglich, um dadurch wertvolle Erfahrungen und Ideen für den Bau und die Gestaltung zu erhalten.

SCM der nächsten Generation

Durch KI lassen sich auch gesamte Lieferketten besser managen und deren Transparenz steigern. Durch die Auswertung von großen Datenmengen (Big Data) mit KI können Muster erkannt werden und z. B. das Verhalten von vor- und nachgelagerten Stufen der Supply Chain vorausgesagt werden. Hier spricht man von der Predictive Supply Chain.

Die KI ist in der Lage z. B. das Nachfrageverhalten von Kunden, Störungen und Engpässe in den einzelnen Stufen der Lieferkette, Transportzeiten und drohenden Geräte- und Anlagenausfälle vorauszusagen. Mittels der virtuellen Darstellung (digital Twin) der gesamten Supply Chain können diese Daten zudem visualisiert werden. Indem historische Daten, Wetterdaten, politische Ereignisse und andere Faktoren berücksichtigt werden, kann KI helfen, Risiken wie Versorgungsengpässe, politische Unruhen oder Naturkatastrophen zu prognostizieren. Auch bei der Auswahl und Bewertung von Lieferanten kann KI unterstützen, indem sie Informationen zur Lieferantenleistung, Qualität und Zuverlässigkeit analysiert.

So können Unternehmen fundierte Entscheidungen über ihre Lieferanten treffen und das Lieferantenrisiko minimieren. Dadurch lässt sich die Resilienz der Versorgungskette auch für Krisenzeiten steigern. Durch die Integration von GPS, RFID und anderen Technologien lassen sich Güter in Echtzeit entlang der Lieferkette verfolgen. Via Nutzung der Blockchain kann zudem eine Sicherheit gegen Fälschung und Manipulation der Produkte garantiert werden. Mithilfe des digitalen Zwillings lässt sich die gesamte Lieferkette in Echtzeit optimieren. Die Technologie liefert die technische Basis für den Aufbau agiler, transparenter, kosteneffizienter und ganzheitlich optimierter Wertschöpfungs- und Lieferketten. (DR)

Quelle: LOGISTIK express Journal 3/2023

Ähnliche Beiträge