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Letzte Meile: Politik fordert Kooperationen, Logistik-Forscher sprechen von „logistischem Nicht-Sachverstand“.

In Frankfurt will die Politik den Lieferverkehr einschränken. Paketdienstleister sollen auf der letzten Meile kooperieren – doch nach Ansicht von Logistik-Forschern zeugt der Vorschlag der Frankfurter CDU von deren „logistischem Nicht-Sachverstand“.

Die Frankfurter CDU, die auch in der Stadtregierung sitzt, will weniger Lieferfahrzeuge von Paketdienstleistern in der Innenstadt. Nach Meinung von CDU-Frankfurt-Chef Jan Schneider ist es weder umweltfreundlich noch wirtschaftlich sinnvoll, dass fünf bis sechs Lieferwagen durch dieselbe Stadt fahren. Es besteht Änderungsbedarf: „Bisher ist dieser Bereich kaum reguliert. Wir sind darauf angewiesen, dass sich auch der Handwerker um die Ecke noch in der Stadt bewegen kann“, so CDU-Chef Jan Schneider.

Stark umkämpfter Markt – Kooperationen sind nur bedingt gewünscht.
Der Vorschlag der CDU: Die KEP-Dienstleister sollen miteinander kooperieren. Mit Umschlagzentren am Stadtrand, in denen die Sendungen aller Dienstleister gesammelt werden und im Anschluss einzelne Straßenzüge nur noch durch einen Transporter angefahren werden, soll der Verkehr entlastet werden. Doch der Erfolg der Idee zu bezweifeln. Gegenüber der Hessenschau haben sich nun Logistik-Professor Kai-Oliver Schocke von der Frankfurt University of Applied Sciences und Bastian Chlond vom Institut für Verkehrswesen am Karlsruher Institut für Technologie zu Wort gemeldet und unterstellen der CDU einen logistischen „Nicht-Sachversand“.

Denn der Vorschlag an sich ist nicht neu. Bereits in den 90er Jahren gab es ähnliche Überlegungen, die damals unter dem Namen „City Logistik“ zusammengefasst wurden. Doch sämtliche Konzepte wurden wieder eingestellt, da es zu zahlreichen praktischen Problemen gekommen sei, wie beispielsweise die Haftung bei kaputten Paketen, wenn sie mit einem gemeinsamen Lieferfahrzeug ausgefahren wurden. Zudem sind die KEP-Dienstleister Konkurrenten und eine Kooperation, so erklärt Chlond gegenüber der Hessenschau, sei in diesem stark umkämpften Markt ohnehin nicht unbedingt gewünscht.

„Ein zentrales Fahrzeug brächte keine Entlastung“
Logistik-Professor Schocke geht sogar noch weiter und nimmt die KEP-Dienstleister in Schutz: „Sie seien nur gefühlt ein großes Verkehrsproblem, weil sie durch ihre Farbe und Wiedererkennbarkeit im öffentlichen Raum gut zu identifizieren seien, wenn sie in der zweiten Reihe parkten.“ Die eigentlichen Ladezonen, die unter anderem auch für die KEP-Lieferfahrzeuge vorgesehen sind, werden von Handwerkern und Privatpersonen blockiert. Dass die KEP-Fahrzeuge auch gar keine so große Schuld an Staus und ähnlichem tragen, kann Schocke mit einer Studie belegen, die er vor zwei Jahren durchführte. Damals zählte sein Team in der Frankfurter Innenstadt nach und stellte dabei fest, dass der Anteil von Paketdienstleistern am gewerblichen Verkehr gerade einmal bei zehn Prozent liegt. Eine ähnliche Studie kommt für Darmstadt auf 30 Prozent. Ein weiteres Argument, das gegen die Pläne der Politik spricht, ist die generelle Auslastung der KEP-Fahrzeuge. Die Paketfahrzeuge sind „mit 180 bis 250 Sendungen schon jetzt rappelvoll“. „Ein zentrales Fahrzeug brächte keine Entlastung“, bilanziert Schocke gegenüber der Hessenschau, weswegen der CDU-Vorschlag von „logistischem Nicht-Sachverstand“ zeuge.

Auch die CDU rudert nun etwas zurück und räumt ein, dass der Vorschlag noch kein „Patentrezept“ sei. Allerdings suche man das Gespräch mit den einzelnen Dienstleistern, um mögliche Lösungsideen zu entwickeln. Zudem hofft man bei der Frankfurter CDU, dass der Vorschlag zur Pakettransporter-Reduzierung in das Parteiprogramm der Landes-CDU aufgenommen wird. Ein entsprechender Antrag soll im September beim Landesparteitag gestellt werden.

© Andriy Blokhin / Shutterstock.com

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