Logistikkonjunktur stabilisiert sich auf Vorkrisenniveau

Die konjunkturelle Entwicklung der deutschen Logistikwirtschaft ist zum Jahresauftakt kräftig aufwärts gerichtet. Der Klimawert des Logistik-Indikators, den das Institut für Weltwirtschaft im Auftrag derBundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) berechnet, reicht im laufenden Quartal (Februarbefragung) mit einem Niveau von 147,8 Zählern zwar nicht ganz an das Vorquartalsergebnis heran (Rückgang um 4,4 Prozent), gemessen am konjunkturellen Normalniveau von 100 Punkten stehen die Zeichen aber weiterhin eindeutig auf Expansion. 

Die geringfügige Klimaeintrübung geht ausschließlich auf eine etwas ungünstigere Lageeinschätzung zurück (Abschwächung um 9,4 Prozent), während sich die Erwartungskomponente unverändert robust zeigt und sogar leicht um ein Prozent zulegen kann. Dieses Bild gilt nahezu deckungsgleich für beide Marktseiten. Allerdings haben sich auf der Anbieterseite (Logistikdienstleister) die Lage- und Erwartungskomponente auseinander entwickelt (Erwartungsvorsprung von 12 Indexpunkten), während auf der Anwenderseite (Industrie und Handel) nunmehr beide praktisch gleichauf liegen. 

Die abgeschwächte Lageeinschätzung auf der Anbieterseite geht maßgeblich auf einen deutlich weniger dynamischen Auftragseingang (sowohl für inländische wie grenzüberschreitende Leistungen), eine geringere Kapazitätsauslastung sowie auf eine gegenüber dem Vorquartal kaum noch verbesserte Geschäftsentwicklung zurück. Die Geschäfts- und Auftragslage hingegen zeigen sich weiterhin in sehr guter Verfassung. Hinsichtlich der Erwartungen (12-Monats-Frist) ist die Zuversicht für eine Verbesserung der Auftragslage leicht gestiegen. Auch die Investitionsbereitschaft legte etwas zu. Insgesamt ergibt sich für das Logistikklima der Anbieter ein Wert von 149,8 (Rückgang um 7 Punkte) bei einem Lageindex von 143,7 (minus 17,2) und einem Erwartungsstand von 155,9 (plus 3,3) Indexpunkten. 

Die Lagebeurteilung seitens der Logistikanwender deckt sich eng mit den Ergebnissen auf der Anbieterseite. Die Nachfrage nach internen und externen Logistikleistungen ist weiterhin hoch, der Zuwachs gegenüber dem Vorquartal hat sich indes abgeschwächt. Auch die Auslastung der eigenen Logistikkapazitäten hat etwas nachgegeben – gleichzeitig werden die aktuell im Markt verfügbaren Kapazitäten als weniger knapp eingeschätzt. Abermals sind die relativen Logistikkosten im Vergleich zu anderen Kostenkomponenten stärker gestiegen. Auch die Erwartungshaltung ähnelt der der Anbieterseite: vor dem Hintergrund einer weiterhin sehr günstigen allgemeinen Geschäftsentwicklung rechnet die weit überwiegende Mehrheit der befragten Industrie- und Handelsunternehmen weiterhin mit einem Zuwachs der inländischen wie auch der grenzüberschreitenden Logistikbedarfe. Während die Investitionsbereitschaft praktisch unverändert ist, haben die Einstellungsabsichten etwas nachgegeben. Das Anwenderklima gibt gegenüber dem Vorquartal um 6,7 Punkte auf 145,8 Zähler nach. Dabei liegt der Lageindex nun bei 147,6 (minus 12,9) und die Erwartungskomponente bei 144,0 (minus 0,4) Indexpunkten. 

Der im letzten November vom Bundesverkehrsministerium vorgestellte "Aktionsplan Güterverkehr und Logistik" wird von den Befragten vor dem Hintergrund der aktuellen Prognosen zur Entwicklung der Güterverkehrsleistungen überwiegend als unzureichend beurteilt. Diese Einschätzung fällt bei den Anwendern wie bei den Anbietern von Logistikleistungen identisch aus: nur 8 Prozent der Befragten halten die geplanten Maßnahmen für ausreichend, während 53 Prozent der Ansicht sind, dass mehr getan werden müsste. Bezieht man die Einschätzung nur auf diejenigen Befragten, denen die Maßnahmen des Aktionsplans bekannt waren, so fällt das Ergebnis noch eindeutiger aus: 87 Prozent derjenigen, die sich mit dem Aktionsprogramm auseinander gesetzt haben, halten es für unzureichend, nur 13 Prozent sind anderer Ansicht. 

Der Logistik-Indikator wird vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) an der Universität Kiel für die Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) berechnet. Konstruktionsgemäß kann der Indikator Werte zwischen 0 und 200 annehmen, wobei ein Wert von 100 eine konjunkturelle Normalsituation kennzeichnet (befriedigende und stabile Geschäfts- und Auftragslage mit normaler Kapazitätsauslastung). 

Kommentar von Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, Vorsitzender des Vorstands, Bundesvereinigung Logistik 
Mess- und Regelungstechniker sprächen von typischem "Einschwingverhalten": Die Ausschläge des Logistik-Indikators, den das Institut für Weltwirtschaft im Auftrag der BVL ermittelt, haben abgenommen. Die wirtschaftliche Lage und die Erwartungshaltung für die kommenden zwölf Monate sind im ersten Quartal 2011 auf hohem Niveau fast deckungsgleich – insbesondere in Industrie und Handel. Der Gesamtindex erreicht mit rund 148 Zählern einen Wert, der deutliche 48 Indexpunkte über dem Normalniveau liegt und damit gerade einmal 4,4 Prozent hinter den Spitzenwerten des Vorquartals zurückbleibt. 

Industrie, Handel und Logistikdienstleister rechnen weiterhin mit einer sehr günstigen allgemeinen Geschäftsentwicklung. Sie gehen von weiteren Investitionen und Personalaufbau aus. Die Nachfrage nach Logistikleistungen ist weiterhin hoch, die aktuell im Markt verfügbaren Kapazitäten bleiben knapp. Das Wachstum des Auftragseingangs aus dem In- und Ausland ist zum Vorquartal leicht abgeschwächt, die Dynamik der Geschäftsentwicklung bleibt jedoch hoch. Die relativen Logistikkosten stiegen stärker als andere Kostenkomponenten. All dies sind Indikatoren für eine robuste Gesamtverfassung des Wirtschaftsbereichs. 

Der Blick in die Zukunft offenbart einige Risiken: So ist nicht absehbar, welche Folgen die politischen Umwälzungen in der arabischen Welt auf die globale Wirtschaft haben werden. Im Inland wird die weitere Entwicklung der Infrastruktur kritisch betrachtet: 60 Prozent der Befragten gaben an, sich intensiv mit dem "Aktionsplan Güterverkehr und Logistik" auseinandergesetzt zu haben. Von dieser Gruppe halten 87 Prozent die im Aktionsplan skizzierten Maßnahmen zum Ausbau der Verkehrswege und der intermodalen Systeme für unzureichend. Ein Alarmzeichen, denn die Infrastruktur ist die Grundlage für die logistische Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. 

Insbesondere gilt dies, wenn nicht nur die "sichtbare" Infrastruktur wie Straße, Schiene, Wasserwege, Luftfahrteinrichtungen und deren Umschlagspunkte betrachtet wird, sondern auch die Weiterentwicklung von kabel- und funkgesteuerten Netzwerken sowie von technischen Systemen zur Ver- und Entsorgung. Die Verantwortlichen in den Wirtschafts- und Verkehrsministerien des Bundes und der Länder sind aufgerufen, jetzt mutig und entschlossen zu handeln – im Sinne der weiteren Entwicklung des drittgrößten Wirtschaftsbereichs in Deutschland.

Quelle: MyLogistics
Portal:  www.logistik-express.com

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