Radsatzhersteller verbessert mit MIPS Consulting seinen Materialfluss – Mit kleinen Eingriffen viel gespart

Um bereit für den Aufschwung zu sein, optimiert die Radsatzfabrik Ilsenburg GmbH ihre Logistikabläufe. Mit gezielten minimal-invasiven Eingriffen laufen die Prozesse zwei- bis dreimal schneller, gleichzeitig werden nachweislich hohe Einsparungen erzielt. Die Logistik lässt sich jetzt schneller, zuverlässiger und wirtschaftlicher abwickeln – und damit mit höherer Kundenorientierung. Dabei unterstützt wird der Radsatzhersteller vom Stuttgarter Planungs- und Beratungsbüro MIPS Consulting GmbH.

Seit mehr als 60 Jahren fertigt die Radsatzfabrik Ilsenburg GmbH (Rafil) in Sachsen-Anhalt Radsätze für Schienenfahrzeuge. Ihre Kunden sind in- und ausländische Bahnverwaltungen sowie Schienenfahrzeughersteller. Das Leistungsspektrum ist vielfältig: Es reicht vom Laufradsatz für den Personen- und Güterverkehr über Treibradsätze für Lokomotiven und Nahverkehrstriebzüge (S- und U-Bahnen) bis zu diversen Sonderradsätzen für Schienenkrane, Rangierloks und Arbeitsmaschinen. Seit 1998 gehört Rafil zum Geschäftsbereich Bahntechnik der Georgsmarienhütte Holding GmbH, einer Unternehmensgruppe rund um die Stahl-, Eisen- und Aluminiumherstellung sowie -verarbeitung. Je nach Einsatzzweck werden die Radsätze mit Radscheibenbremsen, Wellenbremsscheiben, Hohlwellen oder Antriebselementen und Getrieben ausgerüstet. Die Radsatzwellen können bis vier Wellenbremsscheiben aufnehmen. Rafil ist technisch so ausgerüstet, dass es Radsätze in den Sonderspurweiten von 55 cm bis 2,5 m für statische Radsatzlasten bis 40 t fügen kann. Darüber hinaus ist der Hersteller auch auf die Aufbereitung von Radsätzen spezialisiert, die bereits einige Zeit laufen.

Dabei setzt das Unternehmen nicht nur auf Serienfertigung, was in diesem Produktbereich nicht alltäglich ist, sondern auch auf umfangreiche Dienstleistungen: „Wir lagern die Radsätze unserer Kunden bei uns ein und bereiten sie auf Abruf auf – dann, wann es der Kunde braucht“, erläutert Rafil-Geschäftsführer Jörg Villmann. Zudem wird das Fertiogungsprogramm durch ein umfassendes Angebot für den Einzelteil- und Ersatzteilstock ergänzt. Nach den Bedarfsfällen der internationalen Bahnbetreiber und privater Wagenhalter werden als Elemente Vollräder mit 65 cm bis 1,25 m Durchmesser, gewalzte oder gegossene Radkörper, Radreifen, bereifte Räder, Radsatzwellen gefertigt bzw. Bremsscheiben und Radsatzlager montiert. Jährlich stellt Rafil ca. 26.000 Radsätze und 41.000 Ersatzteile her und führt rd. 7.500 Radsatzinstandsetzungen durch.

Die Vielzahl an Produkten und Gewichte bis 1,5 t pro Teil sind eine große Herausforderung für die Logistik und die weltweite Distribution. Um dieses Pensum effizient und mit hoher Qualität bewältigen zu können, und gleichzeitig für den erwarteten Aufschwung gerüstet zu sein, müssen sämtliche internen und externen Materialflüsse am Standort Ilsenburg optimal ablaufen. Dafür hat Rafil die Planungs- und Beratungsgesellschaft für Prozessmanagement im Logistikumfeld MIPS Consulting GmbH, Stuttgart, beauftragt. „Uns fehlten bisher einfach Flächen, um unsere Logistik effizient abwickeln zu können. Zu viel Zeit geht dabei verloren, die richtigen Fertigungsteile zu den richtigen Fertigungshallen zu transportieren. Innerhalb und zwischen den Firmengebäuden waren die Materialflüsse lang und komplex. Das liegt u. a. daran, dass die Lager und die vier Fertigungshallen bislang weit auf dem Gelände verteilt liegen“, erklärt Villmann. Hinzu kommt, dass Rafil nicht auf einem abgeschlossenen Firmenareal sitzt, sondern links und rechts einer öffentlichen Straße, die als Zufahrt zu den anderen anliegenden Unternehmen dient und vom Werksverkehr häufig gekreuzt werden muss. Zudem kann sich das Unternehmen wegen der angrenzenden Wohnbebauung räumlich nicht weiter ausdehnen.

Um die logistischen Abläufe vom Wareneingang bis zum Warenausgang sowie die entsprechenden Administrationsprozesse zu optimieren und die beteiligten Unternehmensbereiche besser miteinander zu verzahnen, haben die Stuttgarter Planer sämtliche Materialflüsse auf dem Werksgelände sowie die gesamte Inbound- und Outbound-Logistik untersucht und bewertet. Zum Inbound zählt hier das Auftragsmanagement, der Produktionsauftrag und die Transportlogistik. Outbound beinhaltet die Vertriebs- und Versandabwicklung sowie die Transportlogistik. Die Produktion wurde als Black Box bis auf Weiteres belassen. Ziel des Beratungsprojekts war die Kostenreduzierung in allen Bereichen.

Innerhalb von vier Monaten entstand in zwei Projektphasen das neue Logistikkonzept. Bei der Analyse stellten die Berater fest, dass die Transportwege lang und Handlingoperationen zahlreich waren. Außerdem waren auch die Bestände hoch. Dafür musste eine Balance gefunden werden: Die Lagerhaltung durfte nicht zu schlank sein, damit es nicht zu Lieferausfällen und damit zu wirtschaftlichen Schäden kommt. Andererseits sollte der Lagerbestand natürlich auch nicht zu hoch sein.

Um den idealen Materialfluss zu erarbeiten, erstellten die Berater ein neues Werkslayout für das gesamte Gelände. Zusätzlich wurde es um System- und Belegungspläne, veränderte Nutzungsmöglichkeiten und Kapazitäten ergänzt. Mips hat verschiedene Möglichkeiten und Szenarien in Betracht gezogen, bewertet und dem Kunden konkret in Übersichtsplänen aufgezeigt. Ziel bei der Gestaltung dieser Prozesse war die optimale Bereitstellung der Waren für den nächsten Arbeitsschritt – von der Roh-Radscheibe und -welle bis zum neuen Radsatz.

Damit löst das neue Konzept auch die komplexen Anforderungen an die Logistik sehr flexibel. Der Fokus lag auf den Lager- und Logistikflächen, den Transportwegen, den externen Lagern und den fertigungsnahen Bereichen. Dazu werden z. B. nahe der Fertigung Regaleinheiten aufgebaut – und nicht mehr in der Fläche gelagert – sowie ein durchgängiges Ladungsträgerkonzept für die Roh- und Zulieferteile eingeführt. Dieses Konzept wird konsequent umgesetzt, bis zu den internen und externen Lieferanten. Alle Produktionsabläufe werden bedarfsgerecht gesteuert, was eine deutliche Reduzierung der Roh- und Halbfertigwaren sowie der Bestände an Fertigprodukten ermöglicht. Insgesamt wird Rafil seine Lagerware so um 30 % reduzieren. Dies schafft nicht zuletzt die Voraussetzung für ein Pull-System. Die eigentliche Kanban-Einführung wird in einem ersten Schritt zunächst mit nur einem Lieferanten, dem Schwesterwerk, laufen. Neben verbesserten Beständen, ermöglicht das neue Konzept auch eine dynamische und effizientere Nutzung der Logistikflächen sowie dank IT-gestützter Lagerverwaltung mehr Transparenz.

Besonderes Augenmerk galt dem neuralgischen Punkt an der Durchgangsstraße, den die innerbetrieblichen Transporte kreuzen mussten und an dem sich der Anlieferverkehr zurückstaute. Gelöst wird das Problem durch die Lagerung um die Hauptproduktionsstätte. Damit werden die Waren dort angeordnet, wo sie verarbeitet werden. Zudem wurde der Wareneingang neu konzipiert: Für den Anlieferverkehr ist jetzt eine Straße mit Wendeplatte direkt zum Wareneingang vorgesehen, er wird so von der Durchgangsstraße weggeleitet. Für einen effizienteren Wareneingang soll künftig auch das alte Schwerlast-Automatiklager weichen und durch ein flexibles manuelles Regallager für Paletten und Kleinteile ersetzt werden. Denn für die heutigen Anforderungen ist die 30 Jahre alte Technik nicht mehr flexibel genug. Die Optimierung des Wareneingangs bringt noch weitere Vorteile mit sich: So wird sich die Bestandskontrolle verbessern, die Teile müssen weniger häufig angefasst werden, das Umpacken und die Bereitstellung entfallen, und die Teile werden bereits auf einheitlichen Ladungsträgern angeliefert. Dadurch reduziert sich auch der Administrationsaufwand und der Personaleinsatz wird flexibler und effizienter.

Auch den Warenausgang hat das MIPS-Team überarbeitet. Künftig liegen die fertigen Radsätze in der richtigen Reihenfolge und können so effizienter verladen werden. Dadurch reduziert sich im Zuge der veränderten Ladungsträgerkonzeption auch der Aufwand für die Beladung und die Ladungssicherung. Die Prozessveränderungen ermöglichen, dass z. B. eine so aufwändige Technik wie ein Brückenkran durch Optimierung mit einfacherer Technik ersetzt wird. Auch auf mehrere Gabelstapler für Lasten bis 6 t zur Be- und Entladung könnte verzichtet werden. Sie würden durch kleine, wendigere und günstigere Stapler mit 2 t Tragkraft ersetzt, die heute völlig ausreichen.

Neben dem innerbetrieblichen Transport analysierte MIPS zudem die Transportsituation im Inbound und Outbound. „Weil die Transporte gerade im Nahverkehr, aber auch nach Südosteuropa stark ausgeprägt sind, suchten wir auch hier nach Optimierungspotenzial“, erläutert Villmann. Das umfasst z. B. die Analyse der bestehenden Anlieferstrukturen und der betrachteten Standorte. Auf Basis der Transportrelationen wurde ein Optimierungsansatz erarbeitet, der durch die optimierten Prozesse u. a. einen Rundlauf in den Gebieten Rheinland und Ruhrgebiet vorsieht. Dies führt dazu, dass die zurückgelegten Transportkilometer deutlich reduziert werden, die Lkw optimal ausgelastet sind und somit Transportkosten gesenkt werden können. „Mit diesem Ansatz können wir etwa 130.000 Euro im Jahr sparen“, unterstreicht Villmann.

„So erzielen wir mit vergleichsweise kleinen Eingriffen eine große Wirkung“, bringt es Geschäftsführer Villmann auf den Punkt. Zu Recht. Die Prozesse wären trotz zahlreicher Restriktionen und minimalen Mitteleinsatz einfacher und damit zuverlässiger, schneller und kundenorientierter geworden. Die Investitionen lassen sich auf Grund des gestuften Umsetzungsplans exakt planen und amortisieren sich nach etwa zwei Jahren. Dabei wurden auch die Kosten berücksichtigt, die nicht unmittelbar mit dem Projekt verbunden sind, z. B. die Instandsetzung der Straßen und Wege. „Uns war wichtig, dass die Gebäude auf dem Werksgelände nicht verändert werden, sie werden jedoch z. T. für andere Aufgaben eingesetzt. Dieses Projekt zeigt ganz klar, dass gezielte und intelligente Eingriffe in ein bestehendes Logistiksystem hohe Einsparungen bei geringem Investitionsaufwand ermöglichen“, fasst Villmann zusammen.

Die Umsetzung des Logistikkonzepts erfolgt in Stufen. Die erste Stufe umfasst die Palettierung und die Errichtung des fertigungsnahen Regallagers auf der Fläche, auf der heute noch die Roh-Räder lagern. Anschließend folgt die Implementierung der notwendigen IT. Zudem muss die fertigungsnahe Lagerung aller anderen Rohteile installiert werden. In Stufe zwei werden das Wareneingangslager umgebaut sowie der Lagerbereich, in dem die gebrauchten und wieder aufzubereitende Teile untergebracht werden sollen.

Ergebnisse der Optimierung:

  • Flexible Ablaufsteuerung in den Bereichen Auftragsmanagement und Logistik, auch in den Bereichen WE und WA durch Liefer- und Abhol-Avise
  • Bestandsreduzierung um 30 %
  • Systeminhärente Bestandskontrolle
  • Prozesse dreimal schneller als vorher
  • Nachweislich hohe Einsparungen
  • Einführung Pull-Systematik
  • Kurze Transportwege bei optimaler Auslastung
  • Kundenorientierung erhöht
  • Intelligentes Flächenmanagement
  • flexiblerer, effizienterer Einsatz von Materialfluss- und Lagertechnik,  Flurförderzeuge und durchgängige Ladungsträger
  • IT-gestütztes Lagerverwaltungssystem
  • Transportaufwand deutlich reduziert
  • Wegfall von Prozessen, z. B. im Bereich der Handhabungen
  • Nacharbeit reduziert
  • Erhöhung der Arbeitsergonomie und -sicherheit

Quelle: MIPS Consulting GmbH
 

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