Reine Luft für freies Atmen

Aus Dortmund kommt millionenfache Hilfe für Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen.

Hier, am östlichen Rande des Ruhrgebiets, produziert die Boehringer Ingelheim microParts GmbH Inhalatoren unter Reinraumbedingungen. Jüngst wurde die Produktion auf eine Kapazität von 20 Millionen Stück pro Jahr erweitert. Im Zuge der Erweiterung wurden auch ein neues Hochregallager und ein separates Reinraumlager errichtet. Generalunternehmer für beide Projekte war die Heilbronner MLOG Logistics.

Die Produktion der filigranen Zerstäuber ist ein technisch aufwändiger Prozess und zielt hauptsächlich auf die Optimierung der Sprühwolke, die über die Atemwege Linderung verschafft. Nur wenn der Wirkstoff in feine, lungengängige Partikel aufgelöst werden kann und die Sprühwolke ausreichend lange besteht, ist die menschliche Lunge überhaupt in der Lage, das Aerosol aufzunehmen.

Mit mikrosystemtechnischen Verfahren produziert das Unternehmen die patentierten Respimat® Soft Inhaler, deren Mikro-Düsen feinste Sprühwolken über einen Zeitraum von etwa 1,5 Sekunden erzeugen – bis zu 10 Mal länger als herkömmliche Dosier-Aerosole. Das bringt nicht nur praktische Vorteile in der Anwendung, sondern macht das Gerät zu einem sehr effizienten Inhalator. Andere Produkte der Dortmunder High-Tech-Fabrikation sind mikro-strukturierte Kanalplatten für die medizinische Diagnostik und Analytik sowie Mikrospektrometer.

Strenge Vorgaben für Produktion und Logistik
Die neue Zerstäuberfabrik im Dortmunder Technologiepark ist etwa 12.000 qm groß, rund ein Drittel davon entfällt auf den Reinraumbereich. Die strengen Vorgaben sind nicht alleine medizintechnischen Normen und Vorschriften geschuldet, sondern auch eine Voraussetzung für die fehler- und ausschussfreie Produktion der filigranen Teile. Dementsprechend streng waren auch die Vorgaben bei der Planung und Errichtung der neuen Lager. Mit der Realisierung wurde die MLOG Logistics GmbH beauftragt.

Separates Reinraumlager
Gemeinsam mit dem Planungsbüro Assmann entwickelte MLOG ein auf zwei getrennten Einheiten basierendes Konzept. Während im Hochregallager (HRL) weitgehend auf Standardprodukte zurückgegriffen werden konnte, mussten hinsichtlich der Materialien für den Reinraumbereich neue Wege beschritten werden. So wurden unter anderem silikonfreie Materialien verwendet und herkömmlicher Stahl durch Edelstahl ersetzt. Auch bei der Installation schlugen sich die Vorgaben nieder: Das Einbringen der Regale und des Regalbediengerätes etwa war nur bei günstigen Witterungsverhältnissen möglich, um die Reinraumwände des Lagers nicht zu beschädigen.

Das Reinraumlager verfügt heute über 56 Palettenstellplätze und ist als Hubbalkenlager konzipiert. Die Ein- und Auslagerung der Ladeeinheiten erfolgt mittels eines vertikal bewegten Hubbalkens, auf dem sich ein Verteilerwagen horizontal verschiebt. Die Aufnahme der Ladeeinheit erfolgt mit der auf dem Verteilerwagen aufgebauten Teleskopgabel. Mit diesem neuen Standardlager namens MTOWER erweitert die MLOG ihr Programm um eine Lösung für kleinere Kapazitäten bis etwa 500 Palettenstellplätze. Sie bietet sich besonders für kurze aber hohe Lager an und zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität aus. Beispielsweise kann zwischen einfach oder zweifach tiefen Lastaufnahmemitteln gewählt werden und auch die Nutzlast ist individuell definierbar. Die Leistung liegt gegenüber einem klassischen Lagerkonzept mit einem Regalbediengerät bis zu 20 Prozent höher. Im Reinraumlager installierte MLOG eine Variante mit einer Nutzlast von 500 kg.

Fördertechnik zwischen den Bereichen
Deutlich größer als das Reinraumlager präsentiert sich der zweite Lagerbereich, das durch MLOG auf dem Produktionsgelände errichtet wurde. In zwei Gassen können rund 1.800 Paletten gelagert werden, die Bedienung erfolgt über zwei 29 Meter hohe RBG konventioneller Bauart. Die MSINGLE des Typs B aus der eigenen Fertigung können mit ihrer Teleskopgabel unterschiedliche Paletten mit einer Nutzlast von bis zu 1.000 kg aufnehmen. Die serienmäßige Ausstattung mit frequenzgeregelten Drehstromantrieben erlaubt Geschwindigkeiten bis zu 100 m/min (Fahrt) bzw. 30 m/min (Hub). Dennoch: "Das Hauptaugenmerk lag auf der Verfügbarkeit und der sicheren Anbindung der Reinraumbereiche", schildert Mark Vogt, Marketing- und Vertriebsleiter beim Hersteller, die Herangehensweise. "Das betraf im besonderen Maße auch die Fördertechnik."

Zwischen den Reinraumbereichen und den allgemeinen Produktionsflächen sorgen Schleusen und Übergangskabinen für maximale Sicherheit. Die Steuerung der gesamten Anlage erfolgt in Anbindung an das zentrale SAP, das sämtliche Ein- und Auslagerungen steuert. Die unterlagerten Steuerungen der Förderanlage beziehungsweise der RBG entsprechen dem S7-Standard und sind über TCP/IP-Schnittstellen in die Anlagenvisualisierung integriert.

Der Realisationszeitraum war angesichts der strengen Vorgaben kurz. Die Beauftragung war im März 2007, die Inbetriebnahme der kompletten Anlage erfolgte im November 2008. Aufgrund des anhaltenden Wachstums ist bereits heute der weitere Ausbau des HRL bis auf die doppelte Anzahl an Stellplätzen geplant. Davon dürften nicht nur die Anwender des Respimat® Soft Inhalers profitieren, sondern auch die im Strukturwandel befindliche Rhein-Ruhr-Region, der High-Tech-Unternehmen wie die Boehringer Ingelheim microParts GmbH hochqualifizierte Arbeitsplätze bringen. Seit der Ansiedlung in Dortmund im Jahr 1994 wuchs die Belegschaft von etwa 40 auf heute rund 450 Mitarbeiter.

Quelle: MyLogistics

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