Rezept gegen Fachkräftemangel in der Logistik

Die qualifizierten Älteren gehen in Pension, demografisch bedingt rücken weniger Junge nach: Für die Logistikbranche in Berlin-Brandenburg zeichnet sich ein Mangel an Fachkräften ab. Ob IT-Spezialist, Triebfahrzeugführer oder Servicetechniker – die Bewerberzahlen sinken; Unternehmen haben zunehmend Schwierigkeiten, offene Stellen adäquat zu besetzen. 

Die Gründe sind vielfältig: 
1. Der demografische Wandel lässt die Zahl der Auszubildenden schrumpfen – dieser Trend ist in Ostdeutschland noch stärker als im Westen der Republik. 
2. Die Logistikbranche bietet vielfältige berufliche Möglichkeiten – aber nur wenige Schüler wissen das und bewerben sich hier um einen Ausbildungsplatz. 
3. Auszubildende können oft nicht sofort übernommen werden, das vermittelte Know-how ist dann für das Unternehmen verloren. 
4. Bestehendes Personal wird nicht immer konsequent weiterqualifiziert. 

1. Das Kreuz mit der Demografie 
Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeitist der demografische Wandel in Ostdeutschland früher zu spüren als im Westen. Das Angebot junger Arbeitskräfte geht hier zurück, laut DIHK gab es bereits in diesem Jahr allein demografiebedingt 3,7 Prozent weniger Ausbildungsverträge. 

2. "Logistik braucht eine Charmeoffensive" 
"In der Logistikbranche verschärft sich die Situation, da die vielfältigen Berufsbilder noch immer zu wenig bekannt sind", konstatiert Prof. Herbert Sonntag, Vizepräsident der Technischen Hochschule Wildau und Vorstandsvorsitzender des LNBB. "Das ist bedauerlich, denn Logistik ist sehr leistungsfähig: Sie beschäftigt mehr als 180.000 Menschen in Berlin-Brandenburg und bietet gute Perspektiven für Schul- und Hochschulabgänger. Doch die Branche muss dringend weiter an ihrer positiven Wahrnehmung, die sie im Management- und Hochschulbereich längst erreicht hat, arbeiten, um noch mehr Bewerber für die operativen Ausbildungsberufe anzuziehen – Logistik braucht eine Charmeoffensive." Das LogistikNetz Berlin-Brandenburg organisiert dafür zahlreiche Veranstaltungen, ist auf Messen und Foren präsent und sorgt für den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. 

Obwohl das Image der Logistikbranche noch weiter verbessert werden muss, künden die Zahlen bereits von einer positiven Entwicklung: Nach Angaben der Arbeitsagentur hat der Bereich Verkehr und Lagerei bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und gemeldeten Arbeitsstellen erkennbar zugelegt und verzeichnete in Berlin-Brandenburg 12 Prozent weniger Arbeitslose als noch vor einem Jahr. Unternehmen wachsen und suchen dringend Kraftfahrer und Lagermitarbeiter. Bei den Ausbildungsplätzen steigt in vielen logistikrelevanten Sparten die Zahl der offenen Stellen schneller als die der Bewerber, im Bereich Landverkehr sowie für die Ausbildung zur Fachkraft Lagerlogistik gibt es schon ein Überangebot an Plätzen. 

3. So bleibt Know-how im Unternehmen 
Wenn Unternehmen erfolgreich ausgebildet haben, sollten sie die Absolventen auch nach dem Abschluss halten und weiter qualifizieren, raten Arbeitsmarktexperten. Hier können kleine Kniffe zum Erfolg führen: So bietet die Rieck Logistik-Gruppe den Azubis zwei Einstellungstermine – einmal den klassischen Beginn im September und dann noch einmal im Februar. "Wenn am Ende sechs Auszubildende gleichzeitig fertig sind, haben wir nicht immer die Möglichkeit, alle auf einmal zu übernehmen", erklärt Horst Stiegler, Geschäftsführer Rieck Holding und LNBB-Vorstandsmitglied. "Sind es aber zeitversetzt jeweils drei, können wir mit unserem "Nachwuchs" offene Stellen besetzen – und damit das in der Ausbildung vermittelte Know-how für unser Unternehmen nutzen." 

4. Lebenslanges Lernen 
Fachkräftemangel ist aber nicht nur eine Frage des Nachwuchses – Unternehmen müssen auch dafür Sorge tragen, dass langjährige Mitarbeiter über Innovationen informiert sind und ihr Wissen kontinuierlich erweitern. Regelmäßige Weiterbildungen sind deshalb ein Muss. Laut einer DIHK-Umfrage unter 15.000 Firmen, die im Mai 2010 veröffentlicht wurde, plant jedes zweite Unternehmen, mittelfristig den Fachkräftebedarf durch mehr betriebliche Weiterbildung zu sichern. Ein Trend, den Bettina Ewald, Geschäftsführerin Kalka Bildungsgesellschaft und LNBB-Mitglied, auch für die Region bestätigen kann. Im gerade gestarteten Kalka-Kompetenzzentrum Logistik Potsdam sind vor allem Maßnahmen zur Höherqualifizierung gefragt – etwa zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistung, zum geprüften Logistikmeister oder zum Meister für Kraftverkehr. "Der Aufwand lohnt sich für die Teilnehmer: Auf die gesamte Unternehmensgruppe bezogen erhalten rund 90 Prozent aller Absolventen im Anschluss eine Tätigkeit in der neu erworbenen Qualifikation." 

BB sichert akademischen Nachwuchs 
Berlin-Brandenburg ist u.a. mit der FH Wildau und der TU Berlin ein wichtiger Forschungs- und Ausbildungsstandort für den Logistiksektor. Aber: "Wir müssen durch eine noch engere Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft dafür sorgen, dass qualifizierte Berufsanfänger mit den Unternehmen der Region in Kontakt kommen, damit die Potenziale auch hier gehalten werden", sagt Prof. Sonntag. Das LogistikNetz Berlin-Brandenburg stellt Verbindungen zwischen Unternehmen und Bewerbern her und vermittelt immer wieder Absolventen oder passende Projekte in die Unternehmen. 

"Wir lernen potenzielle Arbeitnehmer über studentische Nebentätigkeiten und Praktika kennen. Insofern profitieren wir von den Nachwuchs-Fachkräften, die an den Hochschulen in der Region studieren", bestätigt Günther Alsdorf, Vorstand der Havelländischen Eisenbahn AG und LNBB-Vorstandsmitglied. Praktikumsplätze für Studenten mit Vorkenntnissen bietet außerdem das LNBB-Mitgliedsunternehmen VIOM; auch die Integration von Semester- und Diplomarbeiten ist möglich. 

Zutaten für das Erfolgsrezept 
· Die Logistiker und ihre Verbände müssen an Schulen und anderen Ausbildungsstätten verstärkt für das Berufsfeld werben. 
· Zeitversetzte Ausbildungsstarts ermöglichen später die zeitversetzte Übernahme – das Know-how der Fachkräfte bleibt im Unternehmen. 
· Neues Wissen für alte Hasen: Die kontinuierliche Weiterqualifizierung langjähriger Mitarbeiter stellt sicher, dass das bestehende Personal über wichtige Innovationen informiert und gut qualifiziert ist. 
· Geheimtipp der Arbeitsmarktexperten: Unternehmen sollten ihre Ansprüche an die Bewerber überprüfen, denn aus manch "hässlichem jungen Entlein" wird während der Ausbildung ein stattlicher Schwan.

Quelle: MyLogistics
Portal:  www.logistik-express.com

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