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Pleiten, Pech und Pannen beim Transit – Leitartikel Tirol Tageszeitung vom 5. Dezember 2015 von Alois Vahrner

Die bevorstehende deutliche Verbilligung der Lkw-Maut auf der Brennerstrecke ist ein weiterer Tiefschlag für die Tiroler Verkehrspolitik. Sie offenbart aber auch die Widersprüchlichkeiten und die Unglaubwürdigkeit des EU-Kurses.

Dass jetzt die erhöhte Brennermaut kräftig gesenkt werden muss und damit wohl noch weiteren Umwegtransit durch das Inntal und Wipptal donnern lässt, ist aus Sicht der Tiroler Bevölkerung mehr als nur unverständlich. Schon bisher seien 800.000 der 2 Millionen Transit-Lkw nur deshalb trotz Umwegs durch Tirol gefahren, weil es hier billiger ist, kritisiert das Transitforum seit Langem.

Erst jüngst hat sich die Landesregierung durch eine Studie bestätigen lassen, dass der umstrittene Luft-Hunderter für Pkw funktioniere und die Schadstoffwerte doch spürbar gesenkt habe – die Vorleistung Tirols für das sektorale Fahrverbot, das ja die Umweltbelastung entlang der Transitstrecke eindämmen soll. Dieses Fahrverbot für etwa 200.000 Fahrten für Güter wie Schrott hat freilich nach wie vor viele Gegner in der EU und scheint damit keineswegs fix. Jetzt droht die Mautsenkung die Wirkung dieser Maßnahme zu pulverisieren, noch bevor sie überhaupt in Kraft treten kann. Laut einer früheren TT-Umfrage lehnten 41 Prozent die Tempobremse klar ab und nur 25 Prozent waren bedingungslos dafür – weitere 30 Prozent sind auch für Tempo 100 auf der Autobahn, wenn das sektorale Fahrverbot kommt und greift. Dann, und nur dann also gibt es eine Mehrheit für die ständige Geschwindigkeitsreduktion.

Die Transitfrage ist aus Sicht Tirols seit über zwei Jahrzehnten eine Leidensgeschichte mit vielen schmerzlichen Ohrfeigen und Niederlagen. Regelungen, die dem Lkw-(Umweg-)Transit durchs Unterinntal und über den Brenner Einhalt gebieten sollten, sind an den EU-Regeln, vor allem dem Primat des freien Warenverkehrs, gescheitert. Vom Transitvertrag über die Ökopunkteregelung bis zum vom Europäischen Gerichtshof gekippten sektoralen Fahrverbot für einige Güter. Tirols Politik hat in der Transitfrage allen Kraftsprüchen und Beruhigungspillen für die Bevölkerung zum Trotz immer wieder aufs Neue ihre Machtlosigkeit vor Augen geführt bekommen. Das gilt auch für die Republik Österreich, die in den letzten gut 20 Jahren elf Verkehrsminister verschlissen hat, aber auch nur äußerst Bescheidenes erreicht hat.

Der Brennerbasistunnel, ja der wird gebaut. Pikanterweise auch mit Milliarden der EU, deren Politik insgesamt auch höchst widersprüchlich erscheint. Da der geförderte Bau des Basistunnels (der mit Billigmauten zum schwarzen Milliardenloch zu werden droht), dort der nicht nachlassende Druck für einen fast zügellosen Transitverkehr – während Tirol gleichzeitig auch noch Umweltregeln etwa für die Luft vorgeschrieben werden.

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