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Transsib, eine wettbewerbs-fähige Option?

Ist die Transsibirische Eisenbahn angesichts tiefer Seefrachtraten noch eine ernstzunehmende Alternative zum Seeverkehr? Sie ist eine gute Ergänzung, meint Hans Reinhard, Präsident des VR der InterRail Holding AG, St. Gallen, und Stv. Generalsekretär des CCTT, Moskau.   Redaktion: URSULA SCHMELING

Die Transsibirische Eisenbahn hat in den letzten Jahren im Transitverkehr Asien – Europa an Bedeutung eingebüßt. Vor allem die niedrigen Seefrachtraten, die flexibel auf Angebot und Nachfrage reagieren, machen ihr mit ihrem statischen Preisgefüge und überhöhten Preisen für die Abfertigung von Containern zu schaffen. Dabei besteht ein großes emotionales Interesse an der Transsib. Zudem sind Verlader immer auf der Suche nach zuverlässigen, umweltfreundlichen, alternativen Supply-Chain-Lösungen mit garantierten Lieferfristen zur Risiko-Minimierung.

 

Schnell

Die Transsib hat einiges zu bieten. „Ihr größter Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Seeweg ist die kürzere Beförderungszeit zwischen China und Westeuropa“, erläuterte Reinhard auf dem SSC-Seefrachtseminar in Interlaken Ende Januar. „Bei speziellen Probefahrten im letzten Jahr wurden bereits Beförderungszeiten von weniger als sieben Tagen für die Strecke Wladiwostok – St. Petersburg erreicht. Beim reinen Preisvergleich Seefrachtrate Bahntarif schneidet die Bahn schlechter ab. Rechnet man aber Handling-, Kapitalbindungskosten etc. hinzu, ist die Transsib konkurrenzfähig.“

 

Die Landbrücke eignet sich vor allem für die Beförderung von kapitalintensiven, hochwertigen Gütern, Fahrzeugen und Fahrzeugteilen, Elektronik/Hightech-Gütern, FMCG, wie eine Umfrage des Internationale Eisenbahnverbands (UIC) gezeigt hat. Bedingt geeignet ist sie für chemische, pharmazeutische und weiße Ware, weniger geeignet für Textilien und Nahrungsmittel.

 

Regelmäßig

Ab Frühjahr will die Deutsche Bahn regelmäßige China-Verkehre ab Duisburg anbieten. Seit Ende 2011 gibt es tägliche Abfahrten mit BMW-Autoteilen und Komponenten von Leipzig nach Shenyang im Nordosten Chinas (11.000 km). Hier errichtet BMW ein neues Montagewerk. Betreiber der Bahnverkehre ist eine Kooperation aus DB Schenker Rail Automotive, Far East Landbridge und TransContainer.

 

„Produktionsverlagerungen in China Richtung Westen, also weg von den Seehäfen, ins Hinterland, machen die Landbrücke zunehmend attraktiver, insbesondere auch für Warenempfänger in Mitteleuropa, die ebenfalls Hunderte von Kilometern von einem Hafen entfernt sind“, unterstrich Reinhard. Dazu wachsen GUS Im- und Exportcontainerverkehre mit Autoteilen zu den neuen Automobilfabriken in Russland ((z.B. VW Kaluga).

 

Schwierig

Allerdings gibt es immer noch zahlreiche Hemmnisse für den Bahnverkehr. Dazu zählen die komplizierten Zoll- und Grenzprozeduren zwischen China, Zentralasien, den Ländern Ost-, Mittel- und Westeuropas, steigende Preise durch die Privatisierung des Waggonparks der russischen Eisenbahnen, die Unpaarigkeit der Güterströme, die (bisher) ungenügende Anpassung des Equipments für sensible Produkte an die extremen Temperaturbedingungen auf der Strecke und die kostenintensive Rückführung von Leercontainern. Es fehlen zudem Containerumschlagkapazitäten an den Bahnhöfen und Infrastrukturinvestitionen entlang der ganzen Route sowie ein leistungsfähiges Wagen- und Traktionsmanagement zur Vermeidung von Engpässen.

 

5 Prozent Marktanteil

Bahngesellschaften und auch Staaten wie China, die Mongolei und Kasachstan unternehmen jedoch erhebliche Anstrengungen, um die Transitstrecke Westeuropa – Fernost zu ertüchtigen. So gibt es u.a. eine Initiative zur Gründung eines leistungsfähigen Logistikoperateurs auf Basis des CCTT. Rundlauf- und Plattformverkehre werden das Angebot zukünftig attraktiver und kostengünstiger machen. Es wird an integrierten Transportketten mit IT-Unterstützung, insbesondere der elektronischen Abwicklung von Fracht- und Zolldokumenten, einer weiteren Verkürzung der Transportzeiten und einem besseren Schutz vor Schäden gearbeitet. So soll sich der Anteil der Bahn im Verkehr zwischen Europa und Asien laut optimistischen Szenarien zwischen 5 und 5,5 Prozent einpendeln. (US)

Quelle:  Logistik express Zeitschrift, Ausgabe 1/2012 (ePaper)  

 

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