Wie sich Einzelkämpfer am Markt durchsetzen


Die besten Tipps für Selbstständige gegen Versagensängste und Einsamkeit 

Mangelnde Disziplin, Chaos bei der Selbstorganisation und jede Menge Versuchungen: Wer als Ein-Mann-Betrieb überleben will, muss sich gut im Griff haben. Endlich nur noch für die eigene Tasche wirtschaften: Niemanden für Kleinigkeiten um Erlaubnis fragen. Kommen und gehen, wann man will: Sein eigener Herr zu sein hat offensichtlich jede Menge Vorteile. Und die Nachteile? Einsamkeit, Überforderung, Versagensängste… PR-Beraterin Ricki Weiss liess sich dennoch vor vier Jahren nicht davon abhalten, ihren gut dotierten Job bei einem Finanzdienstleister an den Nagel zu hängen. „Ich war schon immer lieber Regisseur als Schauspieler“, meint sie heute. Doch die Umstellung fällt nicht allen so leicht, wie Gudrun Sonnenberg, Autorin des Ratgebers „Kollege Ich – Die Kunst, allein zu arbeiten“ (Pendo Verlag), bestätigt: „Viele haben Probleme mit der Disziplin. Sie vertrödeln sich, weil ihnen niemand mehr auf die Finger schaut. Andere verbeissen sich in ihre Arbeit und trauen sich gar nicht mehr, aufzuhören.“

Start ist entscheidend

Über Erfolg oder Misserfolg als Einzelkämpfer entscheidet häufig der Start in die Selbstständigkeit. „Habe ich schon Aufträge, Kunden und Kontakte, mache ich im Home Office einfach dort weiter, wo ich in der Firma aufgehört habe“, sagt Sonnenberg, die aus eigener Erfahrung vor zu viel Blauäugigkeit in Sachen zukünftiger Verdienst warnt. „Man muss schon einiges ranschaffen, wenn was hängen bleiben soll. Einzelkämpfer tun sich schwer, die wirklich grossen Fische an Land zu ziehen – da lassen sich viele täuschen.“ Ein böses Erwachen gibt es aber auch für jene, die den organisatorischen Aufwand rund um ihren Ein-Mann-Betrieb auf die leichte Schulter nehmen.

„Plötzlich ist man Buchhalter, Texter und Assistentin in einer Person. Das habe ich unterschätzt“, gesteht Ricki Weiss, die ohne einen strikten Zeitplan keinen Arbeitstag beginnt. Auch wenn Versuchungen an jeder Ecke lauern, versucht Weiss hart zu bleiben. „Nur weil Badewetter ist, lasse ich nicht den Bleistift fallen. Wer bei Disziplin und Eigeninitiative schwächelt, sollte besser nicht selbstständig werden“, ist sie rigoros. Mutterseelenallein werkelt derzeit auch Max Palla. Der einstige Agenturboss und Chef von 60 Mitarbeitern tauschte vor einem Jahr Sicherheit gegen Risiko, Zwänge gegen Freiheit – und ist glücklich mit der Entscheidung. „Ich habe genug Geschäft, um zwei bis drei Leute zu beschäftigen, aber ich will im Moment nicht nachdenken müssen, wie andere zu ihrem Gehalt kommen.“

Rückmeldung holen

Auch die Umstellung vom Firmenchef zum Einzelkämpfer hielt sich für Palla in Grenzen. „Für Leute, die unbedingt den grossen Macker raushängen lassen müssen, ist das sicher nichts. Ich bin auch bisher ohne Sekretärin ausgekommen“, winkt Palla ab. Gegen drohende Einsamkeit hat er freilich vorgebaut. „Ich habe mich in einem Verlagshaus eingemietet. Wenn ich reden will, gehe ich einfach ins Nachbarzimmer.“ Solche „Kollegen“ im Nachbarzimmer sind auch dann hilfreich, um sich hin und wieder Rückmeldung zu holen. „Wenn ich mit anderen rede, relativiert das viel, etwa wenn ich auf 25 Angebote genauso viele Absagen bekommen habe: Ist der Markt so schlecht oder bin ich es? Es ist wichtig, eine gesunde Selbsteinschätzung zu behalten“, ist Sonnenberg überzeugt.

Geht das Abenteuer Selbstständigkeit trotz aller Vorkehrungen schief, rät die Expertin unbedingt zu einem geordneten Rückzug. „Nicht einfach abtauchen, sondern mitteilen, dass man seine Tätigkeit eingestellt hat und sich ,neu orientiert‘ – dann bleibt auch an der Karriere kein Makel haften.“

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