|

Zieht euch warm an!

Denn im nächsten Jahr weht uns gesamtwirtschaftlich gesehen ein kalter Wind entgegen. Schlechte Wachstumsprognosen bedeuten auch wieder ein Drehen an der Sparschraube: wer billig(er) einkauft, hat die Nase am Ende vorn. Die Schlacht um die Rohstoffe ist eröffnet – und der Einkauf steht an vorderster Front.   

Es hat sich schon seit längerem abgezeichnet, und nun steht es fest: laut EU-Kommission wird das Wachstum der Eurozone 2012 um 0,4 Prozent schrumpfen, für 2013 besteht noch Hoffnung auf ein Wachstum um 0,1 Prozent, für Österreich ist die Prognose mit 0,8 Prozent mehr Wirtschaftsleistung in diesem und 0,9 Prozent mehr im nächsten Jahr etwas rosiger, aber noch kein Anlass zu Freudensprüngen. Noch pessimistischer sieht das der geschäftsführende Vorstand des BMÖ, Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich, Dkfm. Heinz Pechek: „Für 2013 rechne ich mit einem Rückgang, im besten Fall mit einer Stagnation der Wirtschaftsleistung. Zwar glaube ich nicht, dass es so schlimm wird wie 2009, aber ähnlich schwierig. Der Einkauf sieht dem neuen Jahr mit gebotener Aufmerksamkeit entgegen. Es ist klar, dass der Aufwärtstrend nicht anhalten kann, und auch die chinesische Herausforderung ist nach wie vor gegeben. Zwei Jahre lang haben die Unternehmen gekämpft, qualifizierte Lieferanten zu finden, die ihr Wachstum mittragen – nun gilt es, mit diesen über den Rückgang zu verhandeln.“  
 
Problem Rohstoffsicherheit 
Egal, an welche Industrie man denkt – ohne Rohstoffe gibt es keinerlei Produktion. Steigender Konsum, insbesondere in den Schwellenländern und Asien, führt zu höherer Nachfrage nach Rohstoffen aller Art. Längst sind es nicht mehr nur die seltenen Erden, um die Rohstoffeinkäufer rittern. Das bestätigt auch DI Dieter Drexel, Stv. Bereichsleiter Industriepolitik; Umweltpolitik; Klimaschutz; Kyoto der Industriellenvereinigung: „Die Rohstoffsicherheit hängt von den zwei Faktoren Verfügbarkeit und Preisentwicklung ab. Hier sehen wir eine ganze Reihe negativer Auswirkungen, neben der steigenden Nachfrage sind es vor allem Protektionismus, eine strengere Umweltgesetzgebung und die Anbieterkonzentration auf den internationalen Märkten, die die Situation verschärfen.“ Zudem sei seiner Meinung nach die ökonomische Bedeutung der Rohstoffe und damit des Einkaufs für den Produktionsprozess lange unterschätzt worden. „Wir sprechen von einer Kostentangente von 40 Prozent für Rohstoffe in der Produktion“ wird er deutlich. Diese Zahl ergab erst unlängst eine Studie des Fraunhoferinstitutes. Egal ob man mit Pechek, Drexel oder einem der Sprecher des letzten Einkaufsforums des BMÖ, das Anfang Oktober im schönen Salzburg über die Bühne ging, spricht, in einem Punkt sind sich alle einig: Der Einkauf muss/soll im Umfeld volatiler Märkte die Rohstoffversorgung zu leistbaren Preisen sicherstellen. 
 
Lösungsansatz
Die Suche nach einer Universallösung gleicht der Quadratur des Kreises. „Für ein multikausales Problem gibt es keine singuläre Lösung“, weiß auch Drexel und verweist daher auf einen systemischen Ansatz. Dazu zählt für ihn natürlich,  bei Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Umwelt, Forschungseinrichtungen und Politik ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen. „Wir brauchen eine europäische Rohstoffstrategie, die nicht nur darauf abzielt, neue Rohstoffquellen zu erschließen, sondern Stoffkreisläufe effektiv zu schließen. Es gilt, alle drei Säulen – europäische und nationale Rohstoffquellen sowie Recycling – als Gesamtsystem zu betrachten.“ Für ihn ist klar, dass früher oder später auch lieb gewonnene Positionen und Traditionen überdacht werden müssen. „Denkt man beispielsweise an biogene Rohstoffe, dann haben wir in Österreich fast so etwas wie einen „blinden Fleck“, wenn man diese nur als Energieträger betrachtet. Die kaskadische Nutzung von Biomasse, wie etwa Holz, ist viel sinnvoller als die sofortige Verbrennung“, so Drexel. Seiner Meinung nach sei es an der Zeit für einen Paradigmenwechsel, denn die Primärproduktion von Rohstoffen sei in Zeiten, wo die Gesellschaft scheinbar davon überzeugt sei, jederzeit alles bestellen zu können, zu Unrecht gering geschätzt worden, doch: „Eine Zeit des Rohstoffüberflusses wird es nicht mehr geben“, ist er überzeugt. Und daher werde die Bedeutung des Recyclings stark zunehmen. „Die Abfallwirtschaft integriert sich zunehmend in die Rohstoffbereitstellung, eine Verschränkung zwischen Produktion und Entsorgung findet statt. Das Ziel ist langfristig eine echte Kreislaufwirtschaft.“ Positiver Nebeneffekt: Wird der Müllberg zum Ressourcenberg, verliert er seinen Schrecken. 

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar