7. Internationales Bodensee-Forum: Krisenabwehr fordert den Einkauf heraus

Langfristig steigende Rohstoffpreise und politische Spannungen in wichtigen Beschaffungsmärkten zwingen auch die Einkäufer der Bodensee-Region zum Handeln. Professionelles Risikomanagement und die Wahl der richtigen Beschaffungsstrategie sind unerlässlich, um gegenwärtige und künftige Krisen erfolgreich abwehren zu können. Und: Die Einkäufer der Anrainerstaaten Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz sollten schon heute über die Lieferketten von morgen nachdenken. Dieses Fazit zogen die Referenten des 7. Internationalen Bodensee-Forums für Einkauf und Materialwirtschaft in Dornbirn.

„Die Einkäufer üben mittlerweile einen großen Einfluss auf die Finanzperformance des Unternehmens und damit auf Umsatz- und Gewinnentwicklung aus. Sie können die Material- und Prozesskosten deutlich senken, möglichen Beschaffungsrisiken vorbeugen, haben den besten Überblick über Rohmaterialbestände und kennen die Lieferantenverbindlichkeiten“, betonte Dr. Alwin Locker, Geschäftsführer der Schweizer Soltar AG, in seiner Keynote. Damit wandle sich der Einkäufer immer mehr zum Strategie-, Rentabilitäts- und Risikomanager.

Wichtig sei zudem, dass CPO und CFO eng und auf Augenhöhe zusammenarbeiten. „Nur so lassen sich wichtige Einkaufsentscheidungen im Unternehmen optimal treffen“, erklärte Locker, dessen Gesellschaft Firmen bei der Realisierung ihrer Einsparungspotenziale entlang der gesamten Supply Chain unterstützt. „Machen Sie die Bedeutung des Einkaufs für die Zielsetzungen der Aktionäre und des Top-Managements deutlich. Bewerten Sie den Beitrag des Einkaufs auf den Unternehmenswert in der Sprache des Top-Managements. Gestalten Sie die drei Werttreiber Strategie, Finanz-Performance und Risikomanagement“, gab Locker den Gästen des Bodensee-Forums mit auf den Weg.

Auf die wachsende Bedeutung von Kostenmodellen für den Einkauf verwies Günter Reider, Head of Purchasing Department des österreichischen Seileherstellers Teufelberger: „Eine optimale Beschaffung ist nur möglich, wenn man die Teilekalkulation kennt.“ Dadurch falle die Make-or-Buy-Entscheidung leichter, ebenso die Suche nach passenden Lieferanten. Gleichzeitig entspannten sich die Preisverhandlungen bei Parameteränderungen. Wichtig sei zudem die kontinuierliche Beobachtung und Analyse der Beschaffungsmärkte, einschließlich ihrer Währungen.

Ein regelmäßiger Blick auf die Total Cost of Ownership könne ebenfalls nicht schaden. So sollte der Einkäufer stets genau über Sicherheitslagerbestände, Logistik-, Verpackungs- und Verzollungskosten sowie die Aufwendungen für  Dienstreisen zur Sondierung möglicher neuer Beschaffungsmärkte Bescheid wissen. Global Sourcing sei für Teufelberger aber kein Allheilmittel zur Senkung seiner Betriebskosten. „Der Gang ins Ausland muss sich lohnen. Ansonsten sollte der Einkäufer die Finger davon lassen“, riet Reider.

Christian Staab, Vice President Global Procurement des deutschen Automobilzulieferers Dräxlmaier, stellte in Dornbirn das Strategiekonzept „Global Procurement Strategy Advanced“ vor. Im November 2013 hatte der Industriekonzern dafür den Innovationspreis des BME erhalten. Das ganzheitliche Konzept sei mehr als eine reine Materialgruppenstrategie. Es decke die ganze Komplexität des Einkaufs eines international tätigen Systemlieferanten der Automobilzulieferindustrie ab. In einem Input-Output-Modell seien aus den wichtigsten Einflussgrößen Finanzen, Technologie, Lieferantenmarkt, Kunden, Operations und Supply Chain entsprechende Handlungsfelder mit acht strategischen Zielvorgaben abgeleitet und intern diskutiert worden. Dazu zählen laut Staab unter anderem der Ausbau des strategischen Lieferanten-Portfolio-Managements sowie die globale Standardisierung der Prozess- und IT-Architektur.

„Wie in vielen anderen Unternehmen ist der Materialaufwand auch bei uns der größte Kostenblock. Auf ihn entfallen 63 Prozent des Umsatzes“, informierte Andreas Bertaggia, Vice President Worldwide Purchasing & Logistics der Schweizer Bossard-Gruppe. Das in Europa, Amerika sowie in der Asien-Pazifik-Region tätige Unternehmen gilt als Spezialist für industrielle Verbindungstechnik. Bossard beschäftigt in 23 Geschäftsfeldern weltweit 1.800 Mitarbeiter an über 60 Standorten.

Um mögliche Einsparungen entlang der gesamten Lieferkette vornehmen zu können, setzt Bossard unter anderem auf das Prinzip der prozessorientierten Kostenanalyse. Einkauf und Logistik achten darauf, dass sich ihre Strategie mit der Zielvorgabe des Unternehmens deckt. Bossard nutze für den Geschäftserfolg das gesamte globale Netzwerk der Gruppe, forciere die Standardisierung seiner Prozesse und intensiviere den Informationsaustausch zwischen den Unternehmensbereichen über die Kontinente hinweg. Auch die IT-Unterstützung, beispielsweise bei der Weiterentwicklung des ERP-Systems sei wichtig.

Paul Hofmann, Vorstandsvorsitzender der im Herbst 2014 ihr 40-jähriges Jubiläum feiernden BME-Region Bodensee-Oberschwaben, verwies auf die Vorteile des Local Sourcing. Nicht nur die zunehmende Internationalisierung bringe Beschaffungsvorteile. „Wenn Qualität und Preis stimmen, lässt es sich auch in der Nähe kostengünstig einkaufen“, so Hofmann weiter. Das persönliche Netzwerk der Einkäufer speise sich vor allem aus den Kontakten zu Lieferanten in unmittelbar benachbarten Ländern und Regionen. Das Bodensee-Forum leiste hierzu einen wichtigen Beitrag.

Die mit 120 (Vorjahr: 150) Teilnehmern gut besuchte Fachveranstaltung fand wieder im Tagungsgebäude des österreichischen Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer Vorarlberg (WIFI) in Dornbirn statt. Das größte Besucherkontingent stellte erneut die Schweiz. Die Tagung wurde auch in diesem Jahr von der BME-Region Bodensee-Oberschwaben, dem Schweizerischen Fachverband für Einkauf und Supply Management (procure.ch) sowie dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich (BMÖ) organisiert.

Save the Date: Das 8. Internationale Bodensee-Forum für Einkauf und Materialwirtschaft findet am 21. April 2015 in Dornbirn statt.

Quelle: BME

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