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Weltweit größte Salzbadreaktoren (zufällig) auf der Wasserstraße nach China

Trotz, oder besser gerade wegen „grüner“ Verkehrspolitik liegt die umweltfreundliche Wasserstraße im stark steigenden Logistikbereich kaum über der Wahrnehmungsgrenze. Rühmliche Ausnahmeerscheinungen sind Eintagsfliegen und werden dennoch als Jahrhundertereignisse gefeiert.

Text: Peter Baumgartner

MAN Energy Solutions in Deggendorf an der Donau, hat Anfang des Jahres 2023 die weltweit größten Salzbadreaktoren fertiggestellt und damit in der Branche für große Aufmerksamkeit gesorgt. Die drei Reaktoren mit einem Einzelgewicht von jeweils 655 Tonnen (7 Meter hoch, 12 Meter Durchmesser) wurden am Standort direkt aus der Fertigungshalle auf das 135 Meter lange Binnenschiff „Excelsior“ verladen. Trotz der enormen Messdaten, war der Transport für die „Excelsior“ ein Klacks, denn insgesamt kann das Schiff 5.149 Tonnen tragen. Das entspricht zum Beispiel einer Menge von mehr als 400 Container. Von Deggendorf gingen die Reaktoren über die Donau bis zum rumänischen Hafen Constanta am Schwarzen Meer, wo sie direkt umgeladen, per Hochseeschiff zu ihrem Zielort in der chinesischen Stadt Yantai (Provinz Shandong) gelangten.

Ein Salzbadreaktor mit einem Gewicht von 655 Tonnen und 12 Metern Durchmesser wird am Standort von MAN Energy Solutions in Deggendorf auf das Donauschiff „Excelsior“ verladen. Bild: MAN Energy Solutions

Aktuell hat nur MAN Energy Solutions in Deggendorf das Know-how und die Fähigkeiten solch große Reaktorsysteme zu bauen. Und nur das Binnenschiff kann diese Cargo-Monster auf der Wasserstraße zu einem Seehafen oder Zielhafen an der Wasserstraße transportieren. Anders als bei anderen Verkehrsträgern gibt es in der Binnenschifffahrt praktisch keinen Schwertransport, der nicht transportiert werden könnte. Was gebaut werden kann und was Kräne im Hafen heben können, können Binnenschiffe transportieren. Damit ist die Wasserstraße bei Sondertransporten und übergroßen Schwertransporten konkurrenzlos – theoretisch…

Eine wichtige Etappe auf dem Weg zur klimafreundlichen Transportzukunft, ist die konsequente Verlagerung von Schwertransporten von der Straße auf die Donau, sagt die grüne Verkehrsministerin in Österreich (im Amt seit 2020). Damit das gelingt, wurden 2022 sogenannte „Verpflichtungen“ für Verlader geschaffen. 60 Schwertransporte sollten dadurch auf die Wasserstraße kommen. Antragsteller für einen Schwertransport, die nicht das Binnenschiff nutzen, sollten zum Beispiel nachweisen müssen, dass der Wassertransport zu teuer oder nicht möglich ist. Zwei Jahre verhandelten Politik und Wirtschaft. Danach freute sich die Wirtschaft: Ursprünglich sollten Sondertransporte auf die Wasserstraße „verbannt“ werden, nun haben wir „deutlich flexiblere Handhabungen erreicht“. Übersetzt heißt das, es ändert sich durch die neue Regelung gar nichts – außer, dass sich alle Verhandlungspartner „grün“ bezeichnen können. Zahlreiche Ausnahmen und leicht erfüllbare Eckpunkte (z.B. gültig erst ab 160 t), sind ein Regelwerk ganz nach dem Pippi Langstrumpf-Gesetz der Verlader (Wir machen uns die Welt Widdewiddewitt wie sie uns gefällt…).

Verladung von drei MAN Salzbadreaktoren im rumänischen Hafen Constanta zur Weiterreise per Hochseeschiff zu ihrem Zielort in der chinesischen Stadt Yantai (Provinz Shandong) Bild: MAN Energy Solutions

Die Autobahn und Schnellstraßen Statistik zeigt, wohin die Reise tatsächlich geht. Nämlich schnurstracks weiter an den Klimazielen vorbei. 2022 wurden insgesamt 11.056 Sondertransporte (SOTRA) abgewickelt und zwar um drei Prozent mehr als 2021. Einen leichten Rückgang gab es nur im Corona Jahr. Seit 2012 sind die SOTRA auf der Straße um 80 Prozent (!) gestiegen. Gleichzeitig sinkt der Transport auf der Wasserstraße stetig. Kleine Schwankungen in den Plus-Bereich werden wie Staatsereignisse gefeiert. 2021 stieg die Neuzulassung von Lastkraftwagen um 56 Prozent (!). 2022 stieg die Zulassung von Sattelzugfahrzeugen nochmals um 10,5 Prozent um im 1. Quartal 2023 stiegen die Nutzfahrzeugzulassungen generell um 42 Prozent. Dafür befand sich das Transportaufkommen auf der Donau 2022 auf historischen Tiefstand, bedauert die Statistik Austria. Nur noch 6,4 Mio, Tonnen oder 22,9 Prozent weniger als 2021, fanden ihr Ziel auf der Wasserstraße. Besonders tragisch dabei ist die Tatsache, dass es die Politik bis dato nicht geschafft hat, vor dem Hintergrund des Russland-Ukraine Krieges, die frei zugängliche Wasserstraße Donau entsprechend zu nutzen. Alles unter grüner Regie!

Die aktuelle politische Zielsetzung im Güterverkehr ist in der Binnenschifffahrt ein Modal Split von 3 (drei!) Prozent im Jahr 2040 – gegenüber 2018 (Masterplan Güterverkehr). Das bedeutet praktisch, dass die Wasserstraße weiterhin unverändert unter der Wahrnehmungsgrenze dahingrundelt. Ein wirksamerer Schritt zur Verbesserung wären zum Beispiel konsequente Maßnahmen zur Kostenwahrheit gewesen, die im Verkehr generell missachtet wird. In Wahrheit sind wir im Verkehrssektor weit weg von Kostenwahrheit, Fairness und Umweltbewusstsein sagt die Arbeiterkammer (Heinz Högelsberger). Das WIFO kommt in einem Forschungsbericht zum Schluss, dass die Kosten im Verkehrssektor „zum Großteil auf die Gesellschaft abgewälzt werden“. Dass es auch anders geht, ohne die Transportwirtschaft abzumurksen, zeigen Beispiele aus Deutschland, wo Kommunen kurzerhand die Eigeninitiative ergreifen und Sondernutzungsgebühren im Straßenverkehr einheben. Schöner Nebeneffekt zu mehr Kostenwahrheit – die Kassen der Gemeinden klingeln.

Man stelle sich vor, an einem x-beliebigen Messpunkt auf der Westautobahn A1 kommt jeden Tag 1 (ein) LKW vorbei. Das ist exakt die reale Situation auf der Wasserstraße.

In Österreich wird mehr als je zuvor durch die grüne Verkehrspolitik deutlich, dass der Flussraum Donau multifunktional ist. Neben Schwertransporten beanspruchen Surfer, Ruderer, Motorsportler, Schwimmer, Fischer, Kormoran und Wasserspinne den gleichen Lebensraum. Dazu kommt, dass zunehmend Gruppen das Donauwasser absaugen, weil sie das Grundwasser schon verbraucht oder versaut haben. Mehr als jede andere Verkehrspolitik bisher ist bestrebt, die völlig unterschiedlichen Nutzer miteinander in Einklang zu bringen. Lösungen dafür gibt es nicht. Denn das würde bedeuten, man kann auch auf der Autobahn oder auf dem Flugfeld Radfahrer, Fußgänger, spielende Kinder, Flora und Fauna nebeneinander gewähren lassen muss. Tatsächlich bestimmt aber ohnehin nicht die Verkehrspolitik, wer, wann, wo fährt, sondern die jeweils stärkste Lobby. Wenn die Fischer sagen, „nur kane Wölln“, unsere Fische vertragen keinen Wellenschlag durch Schiffe, dann fährt kein Schiff, aber dafür um 50 Prozent mehr LKW. Das ist zwar kein Naturgesetz, aber eine bewusst sinnbefreite Entscheidung. (P.B.)

Firmeninfo: MAN Energy Solutions ebnet den Weg in eine klimaneutrale Weltwirtschaft. Ob Industrieproduktion, Energie- oder maritime Wirtschaft: Wir denken ganzheitlich und packen schon heute die Herausforderungen von morgen an – für eine nachhaltige Wertschöpfung unserer Kunden. In unserem Technologieportfolio steckt die Erfahrung aus über 250 Jahren Ingenieurstradition. MAN Energy Solutions hat seinen Hauptsitz in Deutschland und beschäftigt rund 14.000 Mitarbeiter an mehr als 120 Standorten weltweit. Unsere Kunden profitieren außerdem vom globalen Service-Center-Netzwerk unserer After-Sales Marke, MAN PrimeServ.

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