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Alpbach 2014: Vom Verkehrs-Lärm bis zum perfekten Klang

Eines der Themen der diesjährigen Technologiegespräche beim internationalen Forum in Alpbach / Tirol war die permanente Belastung des Menschen durch akustische Signale.

Eines der Themen der diesjährigen Technologiegespräche beim internationalen Forum in Alpbach / Tirol war die permanente Belastung des Menschen durch akustische Signale. Im Arbeitskreis „Akustik-Innovationen: Trends in Industrie und Alltag“ diskutierten Experten aus den verschiedensten Bereichen der Industrie und Forschung. Das Thema Akustik und Lärm wurde durch die Experten im Arbeitskreis aus den unterschiedlichsten Perspektiven betrachtet. Einerseits wurde die Belastung durch Geräusch diskutiert, wie sie in Form von Lärmentwicklung an Straßen und Bahntrassen in Erscheinung tritt. Andererseits wurden angenehmere Seiten von Akustik beleuchtet, wie der „perfekte Klang“ in der digitalen Audioverarbeitung oder das sehr interessante Thema des „Soundscaping“, also der Erzeugung von Klanglandschaften, zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Aber auch der akustische Aspekt in Kunst & Kultur blieb nicht unbetrachtet.

Den Anfang machte Stephan Bohlen, Leiter des Bereiches Akustik bei der AUDI AG. Er gab einen Einblick in aktuelle Trends in der Fahrzeugakustik, wo sehr vielfältige Aspekte in der Fahrzeugentwicklung eine große Rolle spielen, um die geforderten Ziele zu erreichen. Neue Technologien für Emissionsreduktion wie Zylinderabschaltung, Downsizing von Aggregaten oder das Fahren mit tiefen Drehzahlen müssen zum Beispiel akustisch verträglich gestaltet werden können.

Die „auditive Markenführung“ war das Thema von Frank Westermann von WESOUND in Berlin. Da mittlerweile „Hören“ als menschlicher Sinn an Bedeutung in der Markenkommunikation deutlich zugenommen hat, wird es für Unternehmen und Fahrzeuge umso wichtiger, das auditive Markenerlebnis bewusst zu gestalten.

Jost Bernasch vom VIRTUAL VEHICLE Forschungszentrum in Graz sprach über aktuelle Forschungsaktivitäten im Bereich Akustik. Vor allem im Schienenverkehr-Umfeld beschäftigt man sich derzeit mit Sound und Lärmreduktion. „Durch die höheren Geschwindigkeiten der Züge, aber auch Material-änderungen an Rädern und Schienen, hat die Belastung durch Schallemissionen in den vergangenen Jahren stark zugenommen“, erklärt Bernasch. „Während die WHO in der Nacht etwa bereits ab 42 dB(A) von einer Beeinträchtigung des Menschen spricht, sind 70 bis 80 dB(A) an europäischen Hauptstrecken keine Seltenheit.“ Das Gesamt-geräusch eines vorbeifahrenden Schienenfahrzeuges entsteht im unteren bis mittleren Geschwindigkeitsbereich maßgeblich durch den Rad-Schiene-Kontakt. Bei gerader Fahrt regt die Gesamt-Rauhigkeit von Rad und Schiene das System zu Schwingungen an, die sowohl von den Rädern als auch von der Schiene abgestrahlt werden. Schalltechni-sche Untersuchungen haben gezeigt, dass beim Gleis vor allem Schwellenform, Zwi-schenlagensteife und Schienenform für die Höhe des abgestrahlten Schallpegels verantwortlich sind. Fahrzeugseitig prägen Radform, Radgröße und gegebenenfalls vorhandene Radschwingungsdämpfer die Schallabstrah-lung. Zudem stellen Antriebs- und vor allem Bremsgeräusche häufig Beeinträchtigungen für Anrainer dar. Erst im Hochgeschwindigkeitsverkehr bei mehr als 300 km/h steigt der Einfluss der aeroakustischen Schallquellen gegenüber dem Rollgeräusch.

Gemeinsam mit der starken heimischen Rail-Industrie – zu den Partnern des VIRTUAL VE-HICLE zählen etwa Siemens, voestalpine, die Wiener Linien, aber auch Plasser & Theurer – sollen deshalb neue Wege und Lösungen aufgezeigt werden, wie die Lärmbelastung durch Zugverkehr eingedämmt und gleichzeitig Instandhaltungskosten durch verringerte Verschleiß-Erscheinungen gesenkt werden können.

Im EU-weiten mit über 900 Millionen Euro dotierten Forschungsprojekt Shift2Rail, für das sich ein österreichisches Konsortium unter der Federführung von VIRTUAL VEHICLE bewirbt, sollen ab 2015 wichtige Antworten in puncto Lebensdauer und Lärmvermeidung gefunden werden.

Das Fraunhofer Institut in Ilmenau ist für seine Erfahrung im Akustikbereich weltbekannt, wurde dort nicht auch das mp3 Format erfunden. Institutsleiter Prof. Brandenburg ist aber noch immer auf der „Suche nach dem perfekten Klang“. In seinem Vortrag über Klangoptimierung in den Bereichen der digitalen Audioverarbeitung wurde aufgezeigt, was heute noch zum perfekten Klang fehlt. Die Wiedergabe an und für sich ist perfekti-oniert, lediglich die Art und Weise, wie wir Klänge wahrnehmen, spielt dagegen, psychologische Effekte sind mehr der Grund als tatsächliche Unterschiede im Klang.

Dario Luisi vom Johann-Joseph-Fux Konservatorium in Graz sprach über die Wechselwirkung zwischen Raumakustik und Musik. Die verschiedenen Aspekte der daraus resultierenden akustischen Auswirkungen auf zu interpretierende Musikwerke zwingen aufführende Künstler und Konzertveranstalter zu manchmal schwerwiegenden Eingriffen in die interpretatorischen Ansätze. Daraus resul-tiert, dass es besonders im Falle einer historisch informierten „Performance“ zu sehr unterschiedlichen Resultaten kommen kann.

Im Rahmen des Arbeitskreises bei den heurigen Alpbacher Technologiegesprächen konnten vielfältige Aspekte in der Klangbe-trachtung gesammelt werden – um Lärm in Zu-kunft zu reduzieren und den perfekten Klang zu erzielen.

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 3-2014

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