Automatische Kommissionierung

Lässt man die unzähligen Möglichkeiten manueller Kommissionierung beiseite, eröffnet sich einem das Feld der automatischen Kommissionierung in Form von Kommissionierautomaten oder Kommissionierrobotern. Beide Formen verdienen eine nähere Betrachtung.

Drei Elemente haben Einfluss auf das Kommissioniersystem: der Materialfluss, der Informationsfluss und die Organisation. Die beiden Erstgenannten bestehen aus einer Abfolge von Grundfunktionen mit jeweils unterschiedlichen Realisierungs-möglichkeiten und werden von der übergeordneten Organisation bestimmt. Die Herausforderungen an die Systeme sind enorm, kommen sie doch in Lägern zum Einsatz, die auf die präzise und rasche Manipulation Tausender Artikel täglich ausgerichtet sind, wie beispielsweise Versand- oder Pharmagroßhandel.

Der Grundgedanke
Automatische Kommissioniersysteme sind in der Lage, Aufträge ohne manuelles Einwirken vollständig abzuwickeln. Prinzipiell unterscheidet man zwischen Automaten (Schachtkommissionierer) und Robotern, zudem gibt es noch Sortier- und Verteilsysteme (Sorter), die innerhalb der zweistufigen Kommissionierung die Zuordnung von Teilentnahmen zu Kundenaufträgen übernehmen. Hervorstechendste Merkmale sind die zumeist überaus hohe Leistungsfähigkeit und die kontinuierliche Arbeitsweise, da Leistungskurven oder Qualifikationsunterschiede wie beim Menschen nicht gegeben sind. Da die Systemleistung sich stets am Spitzenbedarf orientieren muss, kann es allerdings eventuell zu Problemen bei stark variierenden Systemlasten oder besonders ausgeprägten Lastspitzen kommen. Kommissionier-automaten sind aufgrund ihrer Konzeption besonders für monotone Arbeiten geeignet. Bei höheren Ansprüchen an die Flexibilität kommen Kommissionierroboter zum Einsatz. Hier entwickelt sich die Technik auf dem Gebiet der sensorischen Fähigkeiten ständig weiter und verhilft den Robotern zu einem immer größer werdenden Stellenwert.

Schachtkommissionierer
Hierbei handelt es sich um Spezialmaschinen zur Hochleistungsvereinzelung von geordnet bereitgestellten Artikeln mit spezifischen Eigenschaften. Die Artikel werden sortenrein in die einzelnen Schächte verteilt, die über eine automatische Auswurfvorrichtung verfügen. Eine Sensorik und die Profilsteuerung sorgen für höchstmögliche Genauigkeit. Für gewöhnlich stößt ein Ausschiebemechanismus im Sockel der Zuteilschächte die benötigte Packung auf einen vorbeiführenden Bandförderer, an dessen Ende der bereitgestellte Behälter wartet. Der modulare Aufbau der Warenschächte ermöglicht eine individuelle Anzahl und damit eine an den Kundenwunsch angepasste Länge der Anlage. Die Schrägstellung der Warenschächte verhindert eine Beschädigung der untersten Packung durch etwaige Überbelastung, da die Artikel in der Warensäule fixiert werden. Die freie Zugängigkeit von einer Seite vereinfacht die Befüllung. Durch den nötigen Einsatz modernster Technik ist diese Art der Kommissionierung eher für schnelldrehende Artikel rentabel.
Zum Einsatz kommen Schachtkommissionierer hauptsächlich im Pharmagroßhandel. Zumeist erfolgt die Befüllung der Schächte manuell, es gibt aber auch hier schon automatische Lösungen.

Sortier- und Verteilsysteme
Für die Verteilung großer Gütermengen binnen kurzer Zeit an viele unterschiedliche Ziele empfiehlt sich der Einsatz eines Sorters. Dieser besteht üblicherweise aus fünf Komponenten: Systemeingabe, Vorbereitung, Identifikation, Verteilung und Ausgabe. Die Güter werden an einer Anförderstelle in das System eingespeist, vereinzelt und optimal ausgerichtet. Eventuelle Durchsatzschwankungen beheben eigene Pufferbänder, um eine gleichmäßige Zuführung an das Verteilsystem zu garantieren. Den vordefinierten Abstand auf der Verteileinrichtung erhalten die Güter durch die Eingabestationen, durch das Einbinden mehrerer dieser Stationen kann die Geschwindigkeit und damit die Auslastung signifikant erhöht werden. Gleichzeitig wird der Artikel identifiziert, die Steuerung bewirkt die exakte Ausschleusung an die richtige Ausgabestation. Diese kann entweder selbst eine Sammeleinrichtung sein oder sich an eine solche anschließen. Je nach verwendetem Fördermittel unterscheidet man zwischen Systemen, welche pro Fördergut eine eigene Aufnahmevorrichtung aufweisen und solchen, die eine kontinuierliche Belegung zulassen. Systeme mit Einzelplatzbelegung fußen für gewöhnlich auf Gliederbandförderern.

Ein weiteres Unterscheidungskriterium ist das Wirkprinzip der Ausgabetechnik: hier gibt es zu- und abfördernde Systeme, abweisende Systeme sowie Systeme, welche auf einer Kraftfeld-Wirkung (beispielsweise Schwerkraft) basieren. Hinzu kommen auch flurfreie Systeme mit Kreisförderern oder Elektro-Hängebahnen inklusive Abwurfmechanismus. Die dritte Möglichkeit der Kategorisierung ist die nach der Aufstellungsform: es gibt Ring-, Linien- und Kammstrukturen, die je nach Einsatzgebiet ausgewählt werden.

Arten von Sortern
Der Quergurtsorter besteht aus mehreren quer zur Förderrichtung angebrachten kurzen Gurtförderern, die eine umlaufende Kette bilden. Jeder einzelne Gurtförderer kann separat bewegt werden und wird über Schleifleitungen oder Reibrad mit Energie versorgt. Der Kanalsorter basiert auf dem Prinzip des Kanalförderers und besteht aus einem horizontalen und zwei vertikalen Gurtförderern in U-Form. Mehrere kurze, seitlich schwenkbare Einheiten sind hintereinander geschaltet. Ausgehend von den gewählten Abmessungen ist der Transport nahezu jedes Fördergutes bei hoher Geschwindigkeit möglich. Auch die Systemerweiterung ist denkbar. Nachteilig bei diesem System ist der hohe technische und damit finanzielle Aufwand. Der Dreharmsorter ist eine Weiterentwicklung des Pushers. Hierbei erfasst eine stationäre
Einheit das Fördergut von der Seite, es wird von einem Fördermittel abgeschoben. Jede Einheit verfügt über zwei Abschiebeelemente, wodurch die nötige Drehbewegung auf 180° reduziert wird. Die Abgabe kann jedoch nur zu einer Seite hin erfolgen.

Kommissionierroboter
Ihr großer Vorteil gegenüber den Automaten ist die Flexibilität, ihr Nachteil liegt dafür in
der wesentlich geringeren Geschwindigkeit, mit der Aufträge erfüllt werden. Abgesehen vom Tempo gibt es aber noch andere Gründe für den seltenen Einsatz der Roboter. So ist beispielsweise eine dynamische Warenbereitstellung nicht möglich, auch der Wechsel von Packmustern stellt ein Problem dar. Um die optimale Funktionalität zu gewährleisten, sind des Weiteren die Anforderungen an Lageund Formtoleranzen der Kommissionsartikel sehr hoch. Abhilfe verschafft die Ausstattung des Roboters mit einem sensorgesteuerten Bildverarbeitungssystem (Sensorik), das etwaige Lage- oder Formänderungen der Packstücke erfassen und an die Robotersteuerung weiterleiten kann. Dadurch werden Bewegungsabläufe gegebenenfalls angepasst und selbst komplexe Greifvorgänge realisierbar. Derzeit sind allerdings die Fehleranfälligkeit der Sensorik und damit die Ungenauigkeit eher hoch einzustufen, weswegen in aktuellen Lösungen die geordnete Bereitstellung bevorzugt wird.

Quelle: Logistik Express Ausgabe Nr.1 | 2009

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