BGL-Spitze trifft Dr. Peter Ramsauer

Zu einem ersten Gedankenaustausch trafen sich BGL-Präsident Hermann Grewer und BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Karlheinz Schmidt mit dem neu ernannten Bundesminister für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer. Die Vertreter des Transportlogistikgewerbes bewerten das Gespräch als überaus offen und vertrauensvoll.

Dringende Probleme der Branche, die immernoch hart von den Folgen der Weltwirtschaftskrise betroffen ist, wurden angesprochen. Die alarmierende Entwicklung bei den Fahrzeugneuzulassungen im November 2009 (nochmals minus 42 Prozent gegenüber den Vorjahreszahlen) und die unerwartet schwache Beförderungsnachfrage im Oktober sind Anlass zu äußerster Sorge. In den Straßentransportmärkten gebe es keine Anzeichen für einen beginnenden Aufschwung – so die Gewerbevertreter des BGL. Angesichts der Investitionsschwäche und der fehlenden Bereitschaft der Banken, Innovationen und Investitionen im Gewerbe zu finanzieren, ergebe sich für das deutsche Transportlogistikgewerbe eine drückende Hypothek. Ohne nachhaltige Investitionen seien die Zukunftsperspektiven schwer belastet.

Zur Umweltpolitik und die für 2014 beschlossene Einführung der neuen Motorengeneration Euro VI wiesen die Vertreter des BGL auf eine gravierende Fehlentwicklung hin. Es gehe in Zeiten, in denen der Klimaschutz Priorität genieße, darum, bisherige Konzepte zu überdenken und auf Umwelteffizienz zu achten. Die neue Euro VI-Motorengeneration müsse unter diesem Aspekt ausgesetzt und mit einer CO2-Komponente überarbeitet werden. Schließlich sei zu beachten, dass für marginale Verbesserungen im Abgasverhalten eine Steigerung des Kraftstoffverbrauchs um bis zu 5 Prozent eintrete. Eine weitere Fehlentwicklung ergebe sich daraus, dass die EU für 2016/2017 bereits eine weitere, neue CO2-sparende Motorengeneration plane. Das Gewerbe könne nicht 2 bis 3 Jahre nach der Einführung von Euro VI bereits wieder in eine Motorentechnologie gedrängt werden. Falls dies dennoch der Fall sein sollte, werde dies zu Verwerfungen auf den Lkw-Märkten führen, da mit Sicherheit Investitionen in Euro VI-Fahrzeuge zurückgehalten werden müssten, um eine verbrauchsärmere Technologie abzuwarten. Das Gewerbe brauche verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen, wenn Kurzarbeit und drastische Beschäftigungsschwankungen in der Nutzfahrzeugindustrie durch eine nicht nachhaltige Umweltpolitik vermieden werden sollen.

Zur Anlastung externer Kosten lobten die Gewerbevertreter die neue Verkehrspolitik der Bundesregierung, die Schluss mit der Jagd auf den Lkw macht. Nach den Koalitionsvereinbarungen wird die Bundesregierung von der EU-Kommission ein schlüssiges Konzept zur Anlastung externer Kosten für alle Verkehrsträger einfordern. Eine einseitige Belastung des Lkw soll es nicht geben. Die Verrechnung von Staukosten, die im Brüsseler Entwurf noch enthalten sind, soll ganz und gar unterbleiben, weil Staukosten bereits durch die im Stau stehenden Verkehrsteilnehmer internalisiert sind. Eine nochmalige Verrechnung würde zu einer Doppelbelastung der Betroffenen, aber kaum zur Staureduzierung beitragen.

In diesem Zusammenhang baten die Gewerbevertreter Bundesminister Dr. Ramsauer darum, keine politische Konfrontation zwischen Schiene und Straße durch unhaltbare Verlagerungsphantasien einiger Eisenbahnlobbyisten zuzulassen. Nach Untersuchungen eines renommierten Eisenbahnberatungsunternehmens ist maximal 1 Prozent der Straßengüterverkehrsmengen über den Preis steuerbar. Weitere 3 Prozentpunkte können über Qualitätsverbesserung und neue Schienenangebote von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Grundsätzlich gilt es jedoch festzuhalten, dass 96 Prozent aller Straßengüterverkehrsmengen nicht schienenaffin und damit nicht verlagerbar sind. Die vorgeschobene Klimadebatte der Schienenlobby gehe an diesen Realitäten vorbei, um eine massive zusätzliche Belastung des Straßentransports zu erreichen. Vorrangiges Ziel, so die BGL-Vertreter, sei nicht die Verlagerung von Straßentransporten auf die Schiene, sondern die Schaffung neuer Preisspielräume, um Schienentransporte lukrativer abwickeln zu können. Jedenfalls beweise die Einführung der Lkw-Maut in allen europäischen Ländern, einschließlich der Schweiz, dass die Mehrbelastung der Straße keine Verkehrsverlagerung auf die Schiene bewirkt. Das Gegenteil ist eher empirisch abzuleiten.

Bei der Abwicklung grenzüberschreitender Verkehre baten die Gewerbevertreter Minister Dr. Ramsauer, die Kabotagekontrollen zu verschärfen und zum Abbau ungerechtfertigter Behinderung im Alpentransit der EU-Kommission als Streithelfer gegen das sektorale Fahrverbot im Inntal beizutreten. Es gehe um weit mehr als nur um Verkehrsbeschränkungen auf einer Alpentransitroute. Vielmehr müssten die Grundfreiheiten des EU-Vertrages und der Umweltschutz in einem ausgewogenen Gesamtkonzept verfolgt werden und dürften nicht regionalen Interessen oder gar politischem Aktionismus überlassen bleiben. Angesichts der Zunahme von Kabotagefahrten in Deutschland sei es nach Verabschiedung einer EU-einheitlichen Regelung nunmehr erforderlich, diese auch umzusetzen. Dafür müsse der Verkehr an der "Quelle" besser kontrolliert werden. Unterwegskontrollen, die nur papiermäßig Transporte überprüfen könnten, lieferten meist keine Erkenntnisse über illegale Kabotagetransporte.

Der Gedankenaustausch mit Minister Dr. Ramsauer zu den vorgetragenen Problemen und Perspektiven wurde durch die BGL-Vertreter als anregend und zielführend empfunden. "Es ist wohltuend, endlich auf höchster politischer Ebene einen ideologiefreien und dialogbereiten Minister anzutreffen", so das erste Fazit von BGL-Präsident Hermann Grewer.
 

Quelle: MyLogistics       
Portal:  www.logistik-express.com

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