BVL/DIW Logistik-Indikator im vierten Quartal 2008

 
Die sich im Vorquartal bereits abzeichnende Abkühlung des Geschäftsklimas in der deutschen Logistikwirtschaft hat sich im Schlussquartal des laufenden Jahres fortgesetzt. 

Insgesamt gab der BVL/DIW Logistik-Indikator in den letzten drei Monaten um gut 19 Punkte nach und liegt nunmehr mit einem Wert von 109,5 nur noch leicht oberhalb des Normalniveaus von 100 (dies entspricht einem Rückgang um 14,9 Prozent).

Maßgeblich für diesen deutlichen Rückgang war abermals die sich kräftiger abschwächenden Einschätzungen auf der Anbieterseite (Logistikdienstleister), deren Teilindikator um über 22 Prozent nachgab und nun mit einem Wert von 94,6 erstmals im konktraktiven Bereich liegt. Demgegenüber zeigt sich das Klima auf der Anwenderseite (Industrie und Handel) mit einem Wert von 124,4 trotz des Rückgangs um 8,3 Prozent weiterhin deutlich expansiv ausgerichtet. Die Schere zwischen beiden Marktseiten ist somit abermals angestiegen und markiert mit einer Differenz zwischen Anwender- und Anbieterklima von fast 30 Punkten einen bisherigen Höchststand.

Der deutliche Rückgang des Teilindikators für die Logistikdienstleister spiegelt in erster Linie einen drastischen Einbruch der Erwartungskomponente wider (Rückgang um 37,7 Prozent), während sich die Lageeinschätzung vergleichsweise stabil zeigt (Rückgang um 6,6 Prozent). Den deutlich pessimistischen Erwartungen für die nächsten 12 Monate (Indexwert von 76,2) steht somit eine verhalten günstige Lageeinschätzung (Indexwert von 113,0) gegenüber. Die mehrheitlich immer noch besser als befriedigende Geschäftslage geht mit leicht rückläufiger Kapazitätsauslastung einher. Die weiterhin gute Auftragslage wurde durch die aktuell leicht rückläufigen Auftragseingänge kaum geschmälert. Demgegenüber sind die Erwartungen für die zukünftige Geschäfts- und Auftragslage dramatisch eingebrochen. Die mehrheitlich deutlich kontraktive Einschätzung steht allerdings im Gegensatz zu den von den Logistikanwendern in Industrie und Handel erwarteten zukünftigen Bedarfen. Unter der von den Anbietern erwarteten Flaute leiden derzeit die Ausbaupläne für die Sachkapazitäten, die auf ein neutrales Ersatzniveau zurückgenommen wurden. Die Einstellungsbereitschaft ist nach wie vor auf Expansion gerichtet. Dies lässt darauf schließen, dass die von den Anbietern erwarteten Auftragsrückgänge nur vorübergehender Natur sind.

Das Logistikklima in Industrie und Handel liegt nicht nur auf einem deutlich höheren Niveau als auf der Anbieterseite des Logistikmarktes, es klaffen auch Erwartungen und Lageeinschätzung wesentlich weniger auseinander. Die Abschwächung gegenüber dem Vorquartal ist insgesamt als moderat zu bezeichnen. Die zunehmende Kapazitätsverfügbarkeit bestätigt die von den Anbietern gemeldeten Abschwächungstendenzen, allerdings zeigt sich die Nachfrage nach Logistikleistungen und die Auslastung der eigenen Logistikkapazitäten auf einem robusten Niveau. Zwar wird für die eigene Geschäftstätigkeit in den nächsten 12 Monaten mit einer Abschwächung gerechnet, hiervon werden die zukünftigen Logistikbedarfe aber kaum berührt. Dementsprechend gibt es kaum Abstriche bei den geplanten Neueinstellungen und dem Ausbau der eigenen logistischen Sachkapazitäten, die weiterhin deutlich auf Expansion ausgerichtet sind. Von der unveränderten Bereitschaft, Logistikaktivität auszulagern dürften auch die Logistikdienstleister profitieren.

Hinsichtlich der konjunkturellen Einschätzungen zeigen sich somit deutliche Unterschiede auf beiden Seiten des Logistikmarktes in Deutschland. Hinsichtlich der im Rahmen einer Sonderfrage erhobenen Beurteilung der Auswirkungen von Infrastrukturengpässen für die eigene Geschäftstätigkeit ergibt sich demgegenüber ein einheitliches Bild. Knapp ein Drittel der Befragten empfinden Engpässe in der Infrastruktur bereits jetzt als Herausforderung für ihre Logistikaktivitäten. Für die deutsche Wirtschaft, die im internationalen Vergleich überdurchschnittlich industrialisiert und überdurchschnittlich offen ist (hoher Außenhandelsanteil) und für die Logistikleistungen daher von besonderer Bedeutung sind, ist dieses Resultat alarmierend, zumal die Infrastrukturlücke bei den derzeitigen Investitionsplänen und angesichts der sich abzeichnenden zukünftigen Transportbedarfe noch weiter zunehmen dürfte.

Kommentar von Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, Vorsitzender des Vorstands, Bundesvereinigung Logistik
Die Logistik kommt aus einer Phase der Expansion und der Effizienzgewinne. Sie zeichnet sich durch innovative Geschäftsmodelle aus. Doch was im Sommer 2008 als Finanzkrise begann, hat nun die Wirtschaft insgesamt erreicht. Besonders betroffen sind die Automobil- und die Chemieindustrie und folglich macht die Krise auch vor deren Logistik-Dienstleistern nicht Halt. Darauf stellen sich die Unternehmen ein und so schlägt auch der zentrale Seismograph der Logistikwirtschaft, der BVL/DIW Logistik-Indikator, im vierten Quartal 2008 nach unten aus – vor allem bei den Erwartungen der Logistikdienstleister.

Erstmals seit dem Beginn seiner Erhebung fällt die Erwartungskomponente des Logistik-Indikators unter das Normalniveau von 100 Indexpunkten. Der Logistikindikator reflektiert damit die Stimmung, die wir bereits beim 25. Deutschen Logistik-Kongress Ende Oktober 2008 in Berlin gespürt und diskutiert haben. Es herrschte Konsens über die Kausalkette von Finanzkrise, Vertrauensverlust, Verschiebung von Investitionen und möglichem Rückgang der Konsumneigung. Es herrschte aber auch Konsens darüber, dass kluges, strategiegetriebenes Agieren die richtige Antwort ist.

Der Wirtschaftsbereich Logistik ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen und hat seine zentrale Rolle im Gefüge der globalen Wirtschaft deutlich gemacht. Best Practices der Logistik sind in dieser Situation so konsequent und so akribisch wie nie umzusetzen. Operative Exzellenz garantiert den Geschäftserfolg auch in der Krise. Der – gemessen am Umsatz – drittgrößte Wirtschaftsbereich Deutschlands braucht jedoch Verlässlichkeit staatlichen Handelns, was die Entwicklung der Infrastruktur angeht. Die auf diesem Feld angeschobenen Projekte dürfen nun keinesfalls angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ins Abseits gedrängt werden. Ganz im Gegenteil: Der Ausbau der Infrastruktur in Deutschland muss beschleunigt in Angriff genommen werden, um Engpässe zu beseitigen und die Wirtschaft in Schwung zu halten. Und ganz nebenbei wäre das auch noch ein guter Konjunkturimpuls. 

Quelle: MyLogistics

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