| |

CO2-Flottenregulierung für schwere Nutzfahrzeuge: Operabilität, Flexibilität wahren

Im Februar 2023 veröffentlichte die EU-Kommission ihren Entwurf zur CO2-Flottenregulierung schwerer Nutzfahrzeuge. Mit einem CO2-Reduktionsziel von 90 % bis 2040, bei ausschließlicher Betrachtung der durch das Fahrzeug verursachten CO2-Emissionen, hat sich die EU-Kommission damit defacto auf den Weg zu einem Verbot des Verbrennungsmotors im Straßengüterverkehr gemacht.

Beitrag: Redaktion

Nun fordert der französische grüne Berichterstatter für das EU-Parlament, Yannik Jadot, strengere Zwischenziele von 65 % bis 2030, 95 % bis 2035 und eine vollständigen Emissionsreduktion bis 2040. Eine Berücksichtigung von eFuels – außer Wasserstoff – ist auch für LKW, wie zuvor schon für PKW, nicht vorgesehen.

Die EU gefährdet damit die Resilienz und Operabilität des europäischen Logistiksektors, mahnt Ralf Diemer, Geschäftsführer der eFuel Alliance: „73 % aller auf dem Landweg beförderten Güter und Waren in der EU werden mittels Straßengüterverkehr transportiert, wovon mehr als 60 % der Entfernungen zwischen 500 und 1000 Kilometern liegen. Batteriegetriebene LKW oder Fahrzeuge mit Brennstoffzellen allein können diese Fahrleistungen nicht zuverlässig abbilden. Hinzukommt, dass eine abrupte Antriebsumstellung mit unvorhersehbaren Risiken in Punkto Zuverlässigkeit, Preisstabilität, Flexibilität sowie Ladungsmengen einhergeht. Ein verstärkter Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe im Straßengüterverkehr durch ambitionierte Beimischungsquoten, unterstützt die Defossilisierung des Sektors, wirkt sich dabei positiv auf die Senkung der Produktionskosten von eFuels aus und drückt zugleich die Preise für Verbraucher in der gesamten EU.“

Eine steigende Beimischung ließe sich zum Beispiel mit einem CO2-Korrekturfaktor (engl.: Carbon Correction Factor) abbilden: „Die aktuelle Gesetzgebung ignoriert, dass der reale Kraftstoffmix schon heute nicht zu 100 % aus fossilen Kraftstoffen besteht. Mit einem Korrekturfaktor ließe sich der Anteil erneuerbarer Kraftstoffe am europäischen Kraftstoffmix widerspiegeln und die Auspuffemissionen würden um die entsprechenden Treibhausgaseinsparungen verringert werden“, schlägt Diemer vor.

„Der Straßengüterverkehr ist für rund ein Viertel der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs verantwortlich. Mehr als 1.6 Millionen LKW legen jährlich insgesamt 1.900 Milliarden Tonnenkilometer zurück – Tendenz steigend. Viele dieser LKW werden von kleinen- bis mittelständischen Unternehmen betrieben. Besonders diese Unternehmen können nicht ohne weiteres in teure neue Technologien investieren“, so Diemer. „Aber von den reinen Kosten für die Spediteure abgesehen: Dem Logistiksektor fehlt derzeit noch jede Grundlage, eine Antriebsumstellung umzusetzen. Laut ACEA, dem europäischen Automobilherstellerverband, werden in Europa bis 2025 insgesamt 15.000 und bis 2030 50.000 Ladepunkte für schwere Nutzfahrzeuge benötigt und diese sind bislang schlichtweg nicht existent. Dasselbe gilt für die Betankungsinfrastruktur von Wasserstoff. Wir brauchen dringend mehrere Technologiepfade, um die Operabilität unseres Logistiksektors zu sichern.“

Ähnlich der CO2-Flottenregulierung für PKW und leichte Nutzfahrzeuge soll die Regulierung für schwere Nutzfahrzeuge ebenfalls nur Emissionen berücksichtigen, die am Auspuff entstehen. Somit gelten nur die Antriebe als klimafreundlich, die während der Anwendung kein CO2 ausstoßen – selbst wenn 100 % klimaneutrale Kraftstoffe verwendet werden. „Mit fossilem Strom betriebene Elektrotrucks, mit grauem Wasserstoff betriebene Brennstoffzellentrucks oder Wasserstoffverbrenner als Nullemissionsfahrzeug zu deklarieren, mit CO2-neutralen eFuels angetriebene Verbrennerfahrzeuge jedoch nicht, konterkariert realen Klimaschutz. Hier geht es um pragmatische, bezahlbare und realisierbare Lösungen. Die Bestandsflotte darf nicht gegen Neufahrzeuge wirken, sondern wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz für maximalen Klimaschutz und funktionierende, bezahlbare Logistikketten“, meint Diemer.

Der EU-Kommissionsvizepräsident Timmermans strebt noch in diesem Jahr eine Konsensfindung an. Diverse Mitgliedstaaten plädieren jedoch bereits für Anrechnungsoptionen für erneuerbare Kraftstoffen, respektive einen technologieoffenen Ansatz, darunter: Estland, die Tschechische Republik, die Slowakei, Ungarn, Portugal, Rumänien, Polen, Italien sowie Finnland. (RED)

Quelle: LOGISTIK express Journal 3/2023

Ähnliche Beiträge