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Gurtenmuffel verschärfen Fahrermangel

Die Transportbranche kämpft gegen eklatanten Fahrermangel, schon seit Jahren fehlt im Inland qualifizierter Nachwuchs. Mangelnde Disziplin bei der Verwendung des Sicherheitsgurtes führt dazu, dass auch die vorhandenen Fahrer weniger werden. Mit der Kampagne „Die wertvollste Fracht bist du“ hofft die ASFINAG auf einen Kurswechsel.

Redaktion: Angelika Gabor

Laut Verkehrsstatistik 2022 des Bundesministeriums für Inneres starben letztes Jahr 369 Menschen auf Österreichs Straßen, darunter 179 PKW- und 21 LKW-Insassen – Tendenz steigend. Parallel dazu wurden mehr als 300 LKW-Lenker bei Unfällen verletzt. Wenn man dann hört, dass beinahe ein Viertel der Schwerfahrzeuglenker sich trotz stundenlanger Fahrten nicht anschnallt, gibt das durchaus zu bedenken. Denn schließlich zeigt eine Auswertung der Statistiken seit Einführung der Gurtpflicht im Jahr 1976, dass bei Verkehrsunfällen die Überlebenschance bei angelegtem Sicherheitsgurt rund 8 Mal höher ist, als wenn man sich nicht anschnallt. Nicht zu vergessen die Strafe, die fällig wird, wenn man unangeschnallt erwischt wird: seit 1. Juli 1984 wird gestraft – ursprünglich 100 Schilling – seit Inkrafttreten der 41. KFG-Novelle per 1. Mai 2023 sind es 100 Euro.

Strafen tun weh, aber nicht so weh, wie bei einem Unfall durch die Windschutzscheibe geschleudert zu werden. Mit der kürzlich gestarteten Aufklärungskampagne möchte die ASFINAG die Kraftfahrzeuglenker dazu bewegen, sich wirklich immer anzuschnallen, auch auf kurzen Strecken.

In der in Kooperation mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit und der Bundessparte Verkehr der Wirtschaftskammer umgesetzten Kampagne soll LKW-Fahrern verdeutlicht werden, wie groß das Risiko tatsächlich ist, bei einem Unfall ohne Gurt schwerer oder sogar tödlich verletzt zu werden. ASFINAG-Vorstand Hartwig Hufnagl: „Verkehrssicherheit braucht auch das richtige Verhalten im Straßenverkehr. Dazu gehört, dass man sich vor jeder Fahrt anschnallt. Leider vergessen manche, dass die wichtigste Fracht vorne in der Fahrerkabine sitzt. Die wichtigste Fracht ist immer der Mensch.“

Simulator zeigt, was passieren kann

Ein LKW-Überschlagsimulator zeigt, welche Kräfte bei einem Unfall auf die Insassen wirken. Wer am eigenen Leib verspürt, welche Kräfte etwa bei einem Überschlag oder einem Auffahrunfall freigesetzt werden, schnallt sich danach freiwillig an. Die Verteilung von Goodiebags und Duftbäumen mit dem Slogan auf diversen Rastplätzen begleitet die Kampagne ebenso wie ein passendes Erklärvideo.

Investition in Sicherheit und Infrastruktur

Stolze 1,4 Milliarden Euro investiert die ASFINAG 2023 in Erhaltung und Ausbau des Straßennetzes, bis 2028 beträgt das Budget sogar mehr als 9 Milliarden Euro. Ein wichtiger Aspekt ist die Errichtung von Lärmschutzbauten, aber auch der Ausbau der E-Ladestationen wird forciert – in diesen Bereich werden 200 Millionen fließen.

Das Ziel ist, von derzeit 36 Standorten mit insgesamt 220 Ladepunkten auf 1.500 LKW-Ladepunkte bis 2030 und auf 3.000 Ladepunkte bis 2035 zu erhöhen. „In naher Zukunft werden 330 Bauvorhaben umgesetzt, davon sind 64 Neubauten“, verrät Hufnagl. Zu den wichtigsten Sanierungsobjekten zählen der Arlbergtunnel, die Tauernautobahn und die Aurachbrücke (A1). Interessant für Berufskraftfahrer: bis zum Jahr 2040 wird die Anzahl der Rastplätze von aktuell 55 auf 72 erhöht. Durch intelligente Steuerung – wie etwa das Kolonnenparken gestaffelt nach Anfahrts- und Abfahrtszeit – sollen zudem die Kapazitäten erhöht werden. Mehr Annehmlichkeiten könnten durchaus dazu führen, dass mehr Menschen sich wieder für den Beruf des LKW-Fahrers entscheiden, und ausreichend Stellplätze sind durchaus ein Aspekt, der in die Überlegungen bei der Berufswahl mit einfließen könnte.

KI bekämpft Sekundenschlaf

Ein Sicherheitsgurt hilft im Fall eines Aufpralls. Noch besser wäre es natürlich, wenn es gar nicht zum Zusammenstoß käme. Laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat wird etwa ein Viertel der Unfälle mit Todesfolge auf Deutschlands Autobahnen durch Sekundenschlaf verursacht. Abhilfe verspricht hier die Softwareschmiede AddSecure: mit RoadView Plus wurde unlängst eine KI-gestützte Lösung präsentiert, die erkennt, wenn der Fahrer müde ist. Es handelt sich hierbei um eine hochmoderne, KI-gestützte Videotelematiklösung, die Fahrermüdigkeit auf der Grundlage von DMS- (Driver Monitoring System) und ADAS- (Advanced Driver Assistance System) Technologie erkennt und vorhersagt.

Hierbei werden mittels moderner Algorithmen Fahrerdaten analysiert und Ermüdungsmuster
– beispielsweise Gähnen, Nicken und ein Absinken des Kopfes – erkannt und der Fahrer gewarnt.

Mit der Ende Juni 2023 erfolgten Markteinführung erhalten Flottenbetreiber ein potentes Tool, um die Sicherheit ihrer Fahrer zu erhöhen und so generell für weniger Unfälle im Straßenverkehr zu sorgen. Praktischer Nebeneffekt: über eine Cloud-basierte Plattform kann das Fahrverhalten überwacht und ausgewertet werden – ideal, falls es doch zu einem Unfall kommen sollte. (AG)

Quelle: LOGISTIK express Journal 3/2023

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