Ein leistungsstarker Hamburger Hafen ist unverzichtbar für die Exportnation Deutschland

Für den Bund haben die Seehafen-Hinterlandanbindungen und die seewärtigen Zufahrten der norddeutschen Häfen im Allgemeinen und des Hamburger Hafens im Besonderen weiterhin höchste Priorität. Das war die klare Botschaft von Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, und einer der Top-Referenten auf dem traditionellen Abend von Hafen Hamburg Marketing (HHM) am Dienstag in Berlin. Rund 160 Gäste hatten sich zu der Informationsveranstaltung und dem Networking-Ereignis im Haus der Commerzbank am Pariser Platz 1 eingefunden. Die Zusammenkunft, der auch viele Spitzenvertreter der Hamburger Hafenwirtschaft als kompetenter Gesprächs- und Ansprechpartner beiwohnten, stand unter der Überschrift „Hafeninfrastruktur der deutschen Seehäfen – eine nationale Herausforderung am Beispiel Hamburgs".

HHM-Vorstand Claudia Roller führte durch den Abend, der auch mit der tatkräftigen Unterstützung der Commerzbank ausgerichtet wurde. Roller betonte, dass Hamburgs Spitzenplatz unter den nordwesteuropäischen Seehäfen das Ergebnis harter Arbeit sei und bleiben werde. Um qualitativ hochwertige Hinterlandanbindungen sowie eine optimale Erreichbarkeit für den Schiffsverkehr zu gewährleisten, benötige Hamburg aber auch die aktive Unterstützung des Bundes. Beispielhaft dafür nannte sie zwei für den Logistik- und Wirtschaftsstandort zentrale Infrastrukturbauwerke: den Nord-Ostsee-Kanal (NOK), über den die für Hamburg wichtigen Märkte in den Ostseeanrainerstaaten optimal bedient werden können und den Elbe-Seiten-Kanal (ESK). Letztgenannter stelle sozusagen den Hintereingang zum Hafen Hamburg dar. Die Leistungsfähigkeit dieser beiden auch für den europäischen Warenverkehr wichtigen Infrastrukturbauwerke leide allerdings als Folge starker Beanspruchung und einer in der Vergangenheit nicht ausreichend durchgeführten Wartung. Das zeige sich exemplarisch an den Schleusen im Falle des NOK und am Schiffshebewerk Scharnebeck im Zuge des ESK. Das müsse sich schnell ändern, sollen diese Mängel nicht dauerhaft negativ ausstrahlen, betonte Roller.

Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) ging in seinem Vortrag sehr schnell auf das für den Hamburger Hafen so zentrale Thema „Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe" ein. Die Durchführung dieser Maßnahme sei unverzichtbar damit Hamburg ein „hervorragender Logistikstandort in Europa" bleibe. Er sei „sehr optimistisch", dass noch Ende des Monats die Stellungnahme der EU-Kommission zu der Elb-Vertiefung vorliegen werde. Anschließend müssten Hamburgs Nachbarbundesländer ihre Einvernehmenserklärungen erteilen. Er gehe weiterhin davon aus, dass das „Baurecht" und damit das für den Startschuss zur Flussanpassung erforderliche Dokument „Ende diesen, spätestens Anfang nächsten Jahres" vorliege. Zwar sei nicht auszuschließen, dass Bürger und Umweltschutzgruppen gegen das Vorhaben noch Rechtsmittel einlegen. Doch sollte das den Gang der Dinge aufgrund der soliden Vorarbeit dann nicht mehr entscheidend negativ beeinflussen, zeigte sich Ferlemann zuversichtlich.

Aus Sicht des Bundes sei die Nutzung der Wasserstraße Elbe auch im weiteren Flussverlauf in Richtung Quelle wichtig. Hier komme es darauf an, einen Konsens zwischen den Anforderungen der Verkehrswirtschaft und des Umweltschutzes herzustellen. Schließlich sei dieser große Fluss auch eine einmalige europäische Natur- und Kulturlandschaft. Beim Elbe-Seiten-Kanal (ESK) laufen die Ertüchtigungsmaßnahmen bis 2013 auf Hochtouren. Parallel dazu werde der Bau eines „Schiffsabstiegsbauwerks" in Scharnebeck intensiv geprüft.

Ferlemann räumte ein, dass auch der NOK der Zuwendung des Bundes bedürfe. Dabei summierten sich die Wünsche des Landes Schleswig-Holsteins immerhin auf bis zu 1,3 Milliarden Euro. Geld, das der Bund allerdings nicht verfügbar habe, räumte Ferlemann ein. Daher müssten Prioritäten gesetzt werden, und dazu gehöre vor allem die Ertüchtigung des Schleusenkomplexes in Brunsbüttel.

Neben den wasserseitigen Anbindungen benötigten die für die „Exportnation Deutschland" so wichtigen norddeutschen Häfen auch sehr gute Straßen- und Schienenanbindungen. Auch daran werde mit Nachdruck gearbeitet. Neben einer weiteren Ertüchtigung der wichtigen Bestandsautobahnen A 1 und A 7 sei für den Norden die Weiterführung der Küstenautobahn A 20 – und damit die Querung westlich von Hamburg bei Glücksstadt – sowie der A 21 und damit einer Elb-Passage im Osten Hamburgs wichtig. Auch die Anbindung der Hansestadt an die A 26 habe hohe Priorität. Es freue ihn sehr, dass diese in Teilen bereits bestehende Autobahn in ihrer Anbindung und Weiterführung auch die künftige Hafenquerspange im Süden des Stadtstaates werde.

Auch der bahnseitigen Bahnanbindung Hamburgs widme sich der Bund. Schließlich sei die Hansestadt schon heute Europas führender Eisenbahnhafen. Ferlemanns´ an die Adresse der zahlreichen Parlamentarier gerichtetes Resümee: „Es ist keine Politik nur für Hamburg, keine Politik nur für den Norden, es ist in Wahrheit eine nationale Aufgabe, die wir vor uns haben."

Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) betonte wiederholt die große Bedeutung eines starken Hamburger Hafens für die ganze Republik. Der neue, SPD-geführte Senat räume dem Hafen, „neben dem Wohnungsbau und der künftigen Stadtentwicklung", höchste politische Priorität ein. Scholz wörtlich: „Der Hafen als Herz der Stadt und des Wirtschaftswesens braucht wieder die ausdrückliche Zuwendung seitens der Politik." Das bedeute auch, dass der Hafenausbau, trotz angespannter Kassenlage und dem unverzichtbaren Sparzwang, künftig wieder „aus dem Haushalt heraus finanziert wird". Nur so könne „eine verlässliche Investitionstätigkeit" gewährleistet werden.

Wie sich der Hafen langfristig entwickeln soll sei Gegenstand des neuen Hafenentwicklungsplans (HEP). Dieser werde, in enger Abstimmung mit den verschiedenen Interessengruppen, „sorgfältig vorbereitet". Das Ziel sei es, den Hamburger Hafen „als einen industrieverbundenen Universalhafen mit dem Schwerpunkt Containerumschlag weiter zu entwickeln". Er sei zuversichtlich, dass auch die auf Bundesebene beschlossene „Energiewende" für den Elbe-Hafen von Bedeutung sein wird. Scholz: „Das verheißt interessante Perspektiven."

„Die sehr großen nationalen Infrastrukturvorhaben, wie der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals oder die Y-Trasse, können nur von der Bundesrepublik finanziert werden. Hier besteht akuter Handlungsbedarf, weil die Exportnation Deutschland über ihre Seehäfen von einem funktionierenden Nord-Ostsee-Kanal und exzellenten Hinterlandanbindungen abhängig ist. Wer hier spart, verringert mit Volldampf exportabhängige Steuereinnahmen in Deutschland und verkürzt sich so den finanziellen Spielraum in den kommenden Bundeshaushalten", erklärt Henning Finck, Hauptstadtrepräsentant von HHM und Leiter der Berliner Vertretung der Handelskammer Hamburg.

Was sich in der Schifffahrt im Allgemeinen und im Hamburger Hafen im Besonderen im Verlauf nur eines halben Jahrhunderts beim reinen Ladungsumschlag Revolutionäres getan hat, zeigte Dr.Stefan Behn, Vorstandsmitglied der HHLA, in seinem Kurzvortrag auf. Sein plastisches Beispiel: der 1961 für die Traditionsreederei Hamburg Süd gebaute Stückgutfrachter, seit 25 Jahren das bekannte Hamburger Museumsschiff „Cap San Diego" (Länge: 159 m, Breite: 21 m, Tragfähigkeit: rund 10 700 t) sowie das 2008 gebaute Containerschiff „Kuala Lumpur Express" der Hapag-Lloyd AG (Länge: 336 m, Breite: 42 m, Tragfähigkeit: 103 500 tdw/ rd. 8800 TEU). Ein Schiff, das heute zu den Standardfrachtern vor allem auf der wichtigen Rennstrecke zwischen Europa und Fernost im Einsatz ist. Schiffe wie die Cap San Diego nahmen in der Regel bis zu 5000 unterschiedlicher Stückgüter an Bord. Für die Be- und Entladung in einem Hafen wie Hamburg wurden damals gut fünf Tage veranschlagt, das heißt pro Tag wurden gut 1000 t Ladung bewegt. Der Container habe auch die Umschlagleistungen in den Häfen weltweit extrem beschleunigt. So würde ein Frachter wie die „Kuala Lumpur Express" beispielsweise bei der HHLA innerhalb von 38 Stunden be- und entladen. Die in den Boxen verstaute Frachtmenge: rund 51 000 t.

Die Optimierung der Terminalabläufe sei allerdings nur eine Seite der Medaille. Behn zeigte auch anschaulich auf, welche gewaltige Organisation für eine reibungslose Ver- und Entsorgung der großen Überseecontainerschiffe erforderlich ist. Dabei setzt ein Hafen wie Hamburg auf einen breiten Mix an unterschiedlichen Verkehrsträgern. Auf das Beispielschiff „Kuala Lumpur Express" bezogen heißt das: sieben Feeder- Schiffe, ein Binnenschiff, 31 Ganzzüge und mehr als 2500 Lkw. Letzterer ist gerade in den Regionalverkehren unverzichtbar. Und was die Feeder betrifft, die im gesamten Hamburger Hafen eine traditionell große Rolle spielen, stellte auch Behn fest: „Gerade für diese Schiffe, und damit wiederum für den Hamburger Hafen, ist ein gut funktionierender Nord-Ostsee-Kanal unverzichtbar."

Jens Meier, Geschäftsführer der Hamburg Port Authority (HPA) stellte in seinem Vortrag eines der aktuellen Erfolgsprojekte des Hamburger Hafens vor: Das neue Port Road Management System. Es wird derzeit in Teilschritten aktiviert. Meier: „Wir haben damit ein weltweit einmaliges System geschaffen." Was ihn zusätzlich freue sei die Tatsache, dass dieses System dank starker finanzieller Unterstützung durch den Bund möglich wurde. Die Gelder – rund vier Millionen Euro – stammten aus Konjunktursondermitteln des Bundes. Bis auf „ein paar Kinderkrankheiten" laufe das System sehr gut. Doch es soll weiterentwickelt werden. So spreche man derzeit mit Betreibern von Rastanlagen und Logistikparks entlang der für den Hamburger Hafen wichtigen Autobahnen. Ziel sei es, die Informationen über die Verkehrslage im Hamburger Hafen schon im Vorfeld den Lkw-Fahrern mitzuteilen, damit diese möglicherweise Routenabläufe entsprechend anpassen können. Der HPA-Chef warb auch dafür, dass dieses Hamburger Modell zum Beispiel gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium weiterentwickelt werde. Denn der Telematik gehöre bei der Bewältigung der wachsenden Ladungsmengen die Zukunft.

Doch Hamburg sei keinesfalls nur ein Lkw-Hafen. Vielmehr spiele die Bahn eine entscheidende Rolle. Aus Sicht der HPA ist es wichtig, dass die bahnseitigen Anbindungen von Deutschlands größtem Universalhafen in alle Richtungen leistungsfähig bleiben. Das sei auch deshalb wichtig, weil nach Fertigstellung der vom Nachbarland Dänemark forcierten Fehmarnbelt-Querung der Eisenbahnverkehr deutlich zunehmen werde.

Quelle: Hafen Hamburg

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