EMI: Wirtschaftsboom geht zu Ende
Das Wachstumstempo der deutschen Industrie hat sich im August weiter verlangsamt. Erneut rückläufige Auftragseingänge und eine nur noch langsam steigende Produktion ließen den saisonbereinigten Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) auf 50,9 Punkte nach 52,0 Zählern im Juli sinken. Das ist der niedrigste Stand seit September 2009 (49,6). Der wichtige Frühindikator für die Konjunkturentwicklung in Deutschland lag damit fast zwölf Punkte unter dem Allzeithoch vom Februar dieses Jahres (62,7). Gleichwohl hält sich der EMI seit 23 Monaten über der Marke von 50 Punkten. Ab dieser Schwelle wird Wachstum signalisiert. Allerdings schwächte sich die monatliche Zuwachsrate seit Mai 2011 kontinuierlich ab. „Ich bin optimistisch, dass die Konjunktur in Deutschland trotz Euro-Krise, volatiler Märkte, steigender Rohstoffpreise und einer fragilen US-Wirtschaft wieder anzieht. Allerdings dürfte die Dynamik nachlassen“, betonte Dr. Holger Hildebrandt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), in Frankfurt. Positiv sei auch, dass sich sowohl bei den Einkaufs- als auch bei den Verkaufspreisen eine deutliche Entspannung abzeichne.
„Im August sind nicht nur die Aktienkurse gefallen, sondern auch der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index. Der Rückgang des EMI war aber deutlich moderater und signalisiert mit dem aktuellen Wert immer noch Wachstum“, sagte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), dem BME. Die jüngste Entwicklung an den Börsen und der aktuelle Verlauf des EMI zeigten klar, dass der Boom auch in Deutschland zu Ende gehe. Traud: „In diesem Jahr sollte die Dynamik aber noch hoch genug sein, um ein Wirtschaftswachstum von knapp drei Prozent zu generieren. 2012 dürfte die Rate jedoch unter zwei Prozent fallen.“ Da dieser Wert über der Beschäftigungsschwelle liege, reiche er aus, um weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Entlastung zeichne sich auf der Preisseite ab. Der EMI signalisiere einen deutlichen Rückgang der Einkaufspreise. Derzeit sei Inflation, so Traud abschließend, „kein Thema mehr“.
Die Produktionsleistung wuchs im August (51,7) nur noch verhalten. Der Teilindex signalisierte einen marginalen Rückgang gegenüber dem Vormonat (51,8), was ihn auf die schwächste Zuwachsrate seit Juli 2009 drückte. Während die Investitionsgüterbranche ihre Produktion noch einmal ankurbeln konnte, musste die Konsum- und Vorleistungsgüterindustrie Rückgänge hinnehmen.
Die Auftragseingänge sind im August (47,0) sowohl bei Global Playern als auch bei KMU den zweiten Monat in Folge gesunken. Das Minus in den Orderbüchern stellte den stärksten Rückgang seit mehr als zwei Jahren dar. Die schwächelnde Konjunktur in Europa macht vor allem der deutschen Außenwirtschaft zu schaffen. Der Teilindex „Auftragseingang Export“ sank im August auf 45,8 Punkte nach 47,3 Zählern im Juli. Das war der deutlichste Rückgang seit Juni 2009.
Das Niveau unerledigter Aufträge blieb im August (50,2) im Vergleich zum Vormonat (50,0) nahezu unverändert. Noch zu Jahresbeginn hatte es hier einen regelrechten Boom gegeben. Die derzeitigen Produktionskapazitäten der Unternehmen gewährleisten eine zeitnahe Abarbeitung der vorhandenen Auftragsbestände. Die Fertigwarenlager stiegen im August (52,6 nach 48,8 im Juli) mit der stärksten, in der bisherigen EMI-Umfragegeschichte jemals gemessenen Rate. Der Grund: Viele Unternehmen verkauften deutlich weniger Ware als zuvor prognostiziert. Der Personalaufbau in der Industrie hält nun bereits seit 17 Monaten an. Auch im August wurden die geplanten Neueinstellungen umgesetzt. Allerdings schwächte sich die Rate zum Vormonat (56,2 nach 56,9 im Juli) als Folge der Konjunktureintrübung leicht ab.
Die Inflationsrate der Einkaufspreise fiel im August (55,5) auf ein 20-Monats-Tief. Der Teilindex notierte unter dem langjährigen Mittel von 57,2 und war weit von den Anfang 2011 gemessen Umfragehöchstwerten entfernt. Besonders die Hersteller von Vorleistungsgütern stellten im Berichtsmonat eine deutliche Entspannung an der Preisfront fest. Auch die Verkaufspreise wurden nur noch mit niedriger Rate angehoben (53,0 nach 56,2 im Juli). Der Teilindex lag damit auf dem niedrigsten Wert seit einem Jahr. Der durch die langsamer steigenden Einkaufspreise abgemilderte Kostendruck aber auch die Wettbewerbssituation am Markt hatten viele Firmen zu vorsichtigen Preiserhöhungen veranlasst.
Der „Markit/BME-Einkaufsmanager-Index“ (EMI) ist ein monatlicher Frühindikator zur Vorhersage der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, London, erstellt. Der Index beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (PMI).
Quelle: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)