|

Fachkräftemangel trifft österreichische Unternehmen besonders schwer

Die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des B2B-Plattformbetreibers Visable unter 1487 Businessentscheidern in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich zeigen.

Beitrag: Redaktion

Österreichische Unternehmen trifft der Fachkräftemangel besonders hart. So gibt deutlich mehr als die Hälfte der hiesigen Befragten (58 Prozent) an, dass das Fehlen von geeignetem Personal bereits „eher starke“ oder sogar „sehr starke negative Auswirkungen“ auf den Geschäftserfolg habe. Nur 13 Prozent der Unternehmen verzeichnen keine negativen Auswirkungen. Besorgniserregend ist auch die Prognose. Mehr als jeder zweite Befragte geht davon aus, dass sich die Lage in den kommenden fünf Jahren noch weiter verschärfen wird (53 Prozent). Die Befragten in Österreich schätzen die Lage damit deutlich pessimistischer ein als die Umfrageteilnehmer in den anderen teilnehmenden Ländern.

Dennoch herrscht auch in den weiteren Kernmärkten von Visable große Sorge. Im Durchschnitt aller vier Länder schätzt jeder zweite Befragte (51 Prozent) die negativen Auswirkungen des Fachkräftemangels als „eher stark“ oder sogar „sehr stark“ ein. Über alle Länder hinweg sehen die Entscheider die Zukunft düster: Jeder Zweite (48 Prozent) geht von einer Verschlechterung der Situation aus, gerade einmal 6 Prozent haben Hoffnung auf eine Verbesserung. Der Fachkräftemangel scheint also ein gesamteuropäisches Problem zu sein und belastet die Entwicklung des Wirtschaftsraums.

Mehr Personalausfälle durch Fachkräftemangel

Die stärkste Auswirkung des Fachkräftemangels ist laut der österreichischen Befragten eine deutliche Mehrbelastung der Belegschaft (38 Prozent). Mehr als jeder vierte Befragte gibt zudem an, dass es durch den Fachkräftemangel zu mehr Personalausfällen und Krankmeldungen kommt (28 Prozent). Fast ein Drittel der Befragten (30 Prozent) beobachtet eine erhöhte Fluktuation in der Belegschaft – insgesamt äußerst unruhige Zeiten für Personaler und herausfordernde Zeiten für Angestellte. Außerdem befürchtet mehr als jeder Dritte den Verlust von Know-how und Qualität (35 Prozent) und jeder Vierte berichtet von Einschränkungen der Geschäftstätigkeit durch Personalmangel (26 Prozent).

Abwanderungswelle wegen Fachkräftemangel?

Wie dramatisch die Situation empfunden wird, zeigen auch folgende Zahlen: Während schon mehr als jeder vierte Befragte (27%) mit seinem Unternehmen verstärkt Outsourcing betreibt, erwägt außerdem mehr als jedes achte Unternehmen (13 Prozent), zumindest teilweise ins Ausland abzuwandern. Besonders bedenklich: Abwanderung ist vor allem in der Chefetage populär. Beim Senior Management sieht jeder Fünfte (19 Prozent) diese Maßnahme als Option an, um dem Personalmangel zu entgehen. Würden diese Pläne überall in die Tat umgesetzt, beträfe das in Österreich hochgerechnet viele tausend Unternehmen.

Eine Abwanderungswelle droht also. Und das, obwohl viele Unternehmen in Anbetracht der kritischen Situation bereits eine breite Palette an Maßnahmen nutzen, um die negativen Auswirkungen des Fachkräftemangels abzufedern. Dabei werden sie zum großen Teil selbst aktiv bei der Suche nach geeigneten Fachkräften: Rund 34 Prozent der Befragten nennen den Ausbau des Recruitings, 22 Prozent setzen auf interne Kompetenz- und Wissenstransferprogramme. Ein weiterer Hoffnungsträger ist die Digitalisierung: Fast jedes vierte Unternehmen geht die Herausforderungen durch den Fachkräftemangel mit Digitali-sierung und Automatisierung an (23 Prozent). Auf einen verstärkten Einsatz von KI setzen allerdings erst 11 Prozent. Mit besseren Vertragskonditionen will jedes vierte Unternehmen Fachkräfte anlocken, darunter geben 26 Prozent Zahlungen überdurchschnittlicher Branchengehälter und 24 Prozent das Angebot flexibler Beschäftigungsmodelle wie der 4-Tage-Woche an. Der österreichische Mittelstand reagiert also aktiv und kreativ auf die Herausforderungen des Personal- und Fachkräftemangels.

Forderungen an die Politik

Österreichische KMU wünschen sich vom Staat vor allem steuerliche und finanzielle Anreize wie etwa steuerfreie Überstunden – jeder dritte Befragte (34 Prozent) wählte diese Antwortmöglichkeit. Außerdem gefordert werden familien- und sozialpolitische Maßnahmen, etwa die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (25 Prozent) und bildungs-politische Maßnahmen (21 Prozent) für mehr Fachkräfte aus eigener Schule. Nur ein geringer Anteil der Befragten plädiert dagegen für traditionell wirtschaftsliberale Maßnahmen wie flexible Kündigungs- und Wiedereinstellungsregelungen (13 Prozent) und eine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters (9 Prozent). Der Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland steht auch eher weniger im Fokus. Nur 15 Prozent der Befragten wollen eine verstärkte Förderung qualifizierter Einwanderung. (RED)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 5/2023

Ähnliche Beiträge