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Fünf Trends in der Transportbranche, die es 2024 zu beachten gilt

Von Nikolay Pargov, Chief Revenue Officer bei Transporeon

Das Jahr 2023 war eine Herausforderung für den globalen Transportmarkt. Die zur Bekämpfung der Inflation in die Höhe geschnellten Zinssätze haben viele Volkswirtschaften an den Rand einer Rezession gebracht. In der Zwischenzeit haben Shipper und Carrier nach mehreren Jahren der Disruption wieder Kostensenkungen in den Vordergrund gestellt und sich darauf konzentriert, robuste Lieferketten aufzubauen, um die Bestände wieder mit der Nachfrage in Einklang zu bringen.

Zum Jahresende hat die Transportmanagement-Plattform Transporeon Branchen-Einsichten und Transportdaten von Verladern, Logistikern, Spediteuren und Transportunternehmern analysiert und daraus Voraussagen für das kommende Jahr getroffen. Täglich werden mehr als 110.000 Transporte über die Plattform ausgeführt und mehr als 100.000 Zeitfenster zum Be- und Entladen gebucht.

Im ersten Halbjahr 2024 wird das globale Wachstum voraussichtlich weiterhin schwach sein, mit Anzeichen einer Erholung im zweiten Halbjahr. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Logistik- und Transportbranche „mehr vom Gleichen“ erwarten sollte. Gesellschaftliche und geopolitische Umwälzungen – ganz zu schweigen von neuen Technologien wie der generativen KI – bedeuten, dass die Branche in ständigem Wandel begriffen ist.

Vor diesem Hintergrund finden Sie hier fünf Trends in der Transportbranche, die Sie im Jahr 2024 im Auge behalten sollten.

1. Das heiße Thema: Generative KI

Während 2023 ein Jahr des KI-Hypes war, werden die Unternehmen 2024 beginnen, diese Begeisterung in die Tat umzusetzen. Dies bedeutet in der Regel, dass eine unternehmensweite KI-Strategie und ein Risikorahmen geschaffen werden sollten.

Die ersten KI-Anwendungsfälle werden wahrscheinlich die Automatisierung interner Prozesse und/oder die Nutzung von Daten aus der Vergangenheit zur Erstellung von Zukunftsprognosen umfassen. Autonome Beschaffungstools – die KI, Machine Learning und angewandte Verhaltenswissenschaft nutzen, um die Effizienz zu steigern, Shipper- und Carrierprofile zu entwickeln, Preisvorhersagen zu berechnen und Angebote zu machen – sind nur ein Beispiel.

Im Jahr 2024 werden wir auch sehen, wie Unternehmen mit dialogbasierten Schnittstellen experimentieren, um Prozesse zu rationalisieren und Arbeitszeit zu sparen. Dieser Anwendungsfall steckt jedoch noch in den Kinderschuhen.

2. Auf dem Vormarsch: Nahtlose technologische Ökosysteme

In der Logistik- und Transportbranche sind die Tech Stacks noch immer stark fragmentiert, was Unternehmen daran hindert, Daten zu vereinheitlichen und ihre Effizienz zu steigern. Obwohl die digitale Transformation nur langsam vorankommt, erkennen immer mehr Branchenführer den Wert hoch integrierter Software-Ökosysteme, die nahtlose Workflows zwischen Systemen und Rollen (auch über mehrere Unternehmen hinweg) ermöglichen. Der Transporeon 2024 Transportation Pulse Report zeigt, dass 74 % der Branchenführer glauben, dass ein stärker datengetriebener Ansatz ihr Unternehmen in den nächsten fünf Jahren zum Erfolg führen wird. Gleichzeitig nannten 55 % bzw. 52 % Investitionen in Technologien zur Transparenz der Lieferkette und die Beschleunigung der digitalen Transformation als Prioritäten.

Die Realität sieht so aus, dass Unternehmen nur dann einen maximalen Nutzen aus neuen Logistiktechnologien ziehen können, wenn sie auch deren Integration priorisieren. Die Echtzeit-Transparenz – um die in den letzten Jahren ein großer Hype gemacht wurde – ist ein perfektes Beispiel. Es ist nur von begrenztem Wert, einen Punkt auf einem Bildschirm live zu verfolgen. Qualitativ hochwertige Telematiklösungen mit präzisen Karten können jedoch andere Tools (z. B. das Dock-Management) verbessern, wenn sie richtig integriert werden.

3. Gekommen um zu bleiben: Nachhaltige Logistik

Die Sicherstellung einer nachhaltigen Logistik hat dank neuer EU-Rechtsvorschriften und des Drucks von Investoren, Kunden und aus der Gesellschaft inzwischen höchste Priorität. Die Umsetzung ehrgeiziger Dekarbonisierungsmaßnahmen ist jedoch kostspielig, was für Unternehmen in einem Niedrigpreisumfeld, in dem nur wenige Verlader bereit sind, einen Aufpreis für eine nachhaltigere Option zu zahlen, schwer zu verkraften sein kann (auch wenn diese Zahl steigt).

Aus diesem Grund werden wir im Jahr 2024 möglicherweise weniger Investitionen in teure „nachhaltige Hardware“-Projekte wie Elektro-Lkw sehen und einen stärkeren Fokus auf einen kosteneffizienteren „softwaregesteuerten“ Ansatz, der die CO2-Emissionen durch Effizienzsteigerung minimiert. Mit der richtigen Software können Unternehmen beispielsweise unnötige Verweilzeiten reduzieren, Leerkilometer verringern, effizientere Routen planen und die Fahrer zu nachhaltigem Fahrverhalten fortbilden.

Im kommenden Jahr werden sich wahrscheinlich auch mehr Unternehmen von Treibhausgas-Kompensationen abwenden und stattdessen greifbaren Maßnahmen zur CO2-Reduktion den Vorzug geben. Einst als „einfacher Ausweg“ angesehen, hat das Interesse der Branche an Angeboten zum Emissionsausgleich etwas abgenommen, nachdem sich herausgestellt hat, dass viele dieser Programme nicht halten, was sie versprechen.

4. Stürmische See voraus: Umwälzung auf den Meeren

Wir befinden uns bei allen Verkehrsträgern in der Talsohle des Güterverkehrszyklus. Angesichts der bestehenden Überkapazitäten und der vielen Schiffe, die derzeit in den Auftragsbüchern stehen, könnte der Seeverkehr im Jahr 2024 jedoch stärker von Störungen betroffen sein als andere Verkehrsträger (z. B. der Luftverkehr, wo sich die Spotraten bereits erholen). Während die im Bau befindlichen Schiffe in Betrieb genommen werden, wird der derzeitige Preiskampf wahrscheinlich weitergehen.

Im Jahr 2024 werden auch geopolitische Faktoren und Naturkatastrophen das Schicksal des Seeverkehrs bestimmen. Die derzeitige Dürre im Panamakanal und die Raketenangriffe der Houthi-Rebellen im Suezkanal, die Schiffe zur Umleitung über Kap Hoorn zwingen, sind nur zwei Beispiele für Störungen, die die Transitzeiten verlängern.

Aus regulatorischer Sicht wird die Entscheidung der Europäischen Kommission, den Rechtsrahmen für die Freistellung von Linienschifffahrtskonsortien von den Kartellvorschriften nicht zu verlängern, die Umwälzungen verstärken, da sich die Reedereien an ein neues Umfeld anpassen müssen.

Schließlich wird im Januar 2024 das EU-Emissionshandelssystem in Kraft treten, das sich auf alle ein- und ausgehenden Schiffsbewegungen sowie Transshipment-Verkehre auswirkt. Neben anderen Maßnahmen werden eingehende und ausgehende Transshipment-Verkehre zu 100 % besteuert, wenn die Häfen nicht weiter als 300 Meilen vom Herkunfts- oder Bestimmungsort entfernt sind. Dies wird die Reedereien dazu veranlassen, Umschlaghäfen außerhalb der 300-Meilen-Zone zu wählen.

5. Vorübergehende Entlastung: Der Fahrermangel

Die globale Logistikbranche hat mit einem erheblichen Fahrermangel zu kämpfen. Im Jahr 2024 wird der unmittelbare Druck nachlassen, da die Kapazität weiterhin die Nachfrage übersteigt.

Um künftige Arbeitskräfte anzuziehen, werden vorausschauende Unternehmen auch im Jahr 2024 in Maßnahmen investieren, um sie für die Branche zu begeistern. Dazu gehört die Lobbyarbeit, um das Mindestalter für Lkw-Fahrer zu senken und die Attraktivität des Lkw-Fahrens zu erhöhen, indem ein besseres Umfeld für Frauen geschaffen wird – beispielsweise durch die Einführung von Anhängertürdetektoren und Fernverriegelungssystemen, um Straftaten durch Dritte während nächtlicher Stopps zu verhindern.

Gleichzeitig zeigen Untersuchungen, dass eine Erhöhung der aktiven Fahrzeit um nur 18 Minuten pro Tag den Fahrermangel erheblich lindern könnte (MIT Center for Transportation and Logistics). Der beste Weg, dies zu erreichen, ist die Investition in Logistiktechnologie zur Steigerung der Effizienz. Echtzeit-Tools zur Ermittlung der voraussichtlichen Ankunftszeit (ETA) beispielsweise machen Wartezeiten beim Be- und Entladen überflüssig, und die Digitalisierung von Frachtbriefen spart Zeit, da weniger Papierkram anfällt.

Erwarten Sie das Unerwartete

Schwierige Marktbedingungen sind oft die größten Innovationstreiber. Und genau das werden wir 2024 wahrscheinlich erleben. Herausforderungen wie Dekarbonisierung, Arbeitskräftemangel und Preisdruck werden die Digitalisierung nur beschleunigen. Die Implementierung von vernetzten Technologie-Ökosystemen wird es Unternehmen beispielsweise ermöglichen, im zweiten Halbjahr 2024 frühzeitig Marktanteile im Erholungszyklus zu gewinnen. In der Zwischenzeit werden Technologien wie generative KI es ihnen ermöglichen, schnell zu skalieren, ohne zusätzliche Ressourcen einstellen zu müssen.

Insgesamt werden Unternehmen, die einen durchdachten, maßvollen und proaktiven Ansatz im Umgang mit Technologie verfolgen, im nächsten Jahr wahrscheinlich als Gewinner hervorgehen.

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