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Immer mehr wirtschaftliche Dynamik im „Dry Port Villach“

Die einen wollen, was den anderen über den Kopf zu wachsen droht. Insofern ist die vom „Dry Port Villach“ angestrebte enge Zusammenarbeit mit den Häfen in der nördlichen Adria eine tolle Idee. Sowohl in Koper als auch in Triest werden die Kapazitäten für die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Containerverkehr knapp. Umgekehrt gibt es im Logistik Center Austria Süd in Fürnitz Bestandsobjekte und freie Flächen für die Ansiedlung von Betrieben. Was liegt da näher als eine enge Verzahnung der Wirtschaftsräume? Noch dazu, wo die Kärntner Landesregierung und die 3 Standortgemeinden die Ansiedlung von Unternehmen mit einer starken transportlogistischen Komponente ausdrücklich begrüßen, was in Österreich heutzutage fast schon ein Sonderfall ist.

Udo Tarmann, MSc beschreibt den „Dry Port Villach“ als einen Standort mit hafenspezifischen Tätigkeiten wie zum Beispiel Ein-/Auslagerungen, SOLAS-Verwiegungen, Containerstuffing und –stripping, Containerreparaturen oder Import- und Exportabfertigungen im Hinterland. Gemeinsam mit seinem Team soll der Geschäftsführer der Logistik Center Austria Süd GmbH den 160 Hektar großen Standort in Südösterreich als führende Drehscheibe für den Güterverkehr im Alpe Adria Raum etablieren. Das erstmals vor eineinhalb Jahren der Öffentlichkeit vorgestellte Projekt ist anfangs zäh angelaufen, doch zuletzt haben sich schöne Erfolge eingestellt. So sind in 2018 durch mehrere kleine Betriebsansiedlungen etwa 70 neue Arbeitsplätze entstanden.

Der „Dry Port Villach“ vereint logistiknahe Servicefunktionen mit Terminaldiensten und intermodalen Transportkonzepten. Die ÖBB betreibt hier einen großen Verschiebebahnhof und eine Drehscheibe für den Unbegleiteten Kombinierten Verkehr (UKV) mit täglichen Shuttlezug-Rundlaufverkehren auf den Südhafen-Relationen. Das sind zumindest gute Voraussetzungen für die Stärkung der Marktposition des Standortes. Dazu muss man wissen, dass die Kapazität der Containerzüge auf dem ersten Teilstück von Koper und Triest ins zentraleuropäische Hinterland begrenzt ist. Erst von Villach ausgehend sind volle Zuglängen von 730 Meter möglich.

Aus dieser Überlegung heraus prüft derzeit ein internationales Logistikunternehmen die Etablierung eines Standortes in Villach Süd, wo die per Bahntransport aus Koper und Triest eintreffenden Sendungen eine Zusammenstellung zu längeren Zügen mit Zielen in Deutschland, Luxemburg und Tschechien erfahren sollen. Die Folge davon wären beträchtliche Effizienzsteigerungen. Zwar wurde diese Vorgehensweise zwischenzeitig durch ein anderes Modell unter Ausklammerung des „Dry Port Villach“ ersetzt. Jedoch sieht Udo Tarmann damit den Beweis für die Leistungsfähigkeit des UKV-Terminalstandortes in Südkärnten erbracht. „Auf diesem Gebiet könnten wir die Südhäfen bei der Bewältigung der stetig wachsenden Güterströme tatkräftig unterstützen“, ergibt seine Situationsanalyse.

Das deckt sich mit den Interessen der Containerreedereien. Deren Verantwortliche erwarten die schnelle Abfertigung ihrer Schiffe in den Seehäfen. Das lässt sich solange gewährleisten, wie in den Ports ausreichende Kapazitäten für den Umschlag, die Importabfertigung und Weiterleitung der Boxen bereitstehen. Je näher die Terminals an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, umso größer ist die Gefahr für Verzögerungen. Bei derartigen Szenarien können „Dryports“ im Hinterland für eine Entspannung der Situation sorgen, etwa indem sie hafenaffine Dienstleistungen übernehmen. Das wäre auch für die Güterbahnen von Vorteil, deren Züge bei einem derartigen Modell in den Genuss von schnelleren Abfertigungen kämen.

Jedoch gingen den Terminalbetrieben in Koper und Triest dadurch eventuell Einnahmen verloren, es sei denn die Zeitgewinne beim See/Landumschlag und bei der Weiterleitung der Boxen werden durch Mengensteigerungen kompensiert. Hier setzt eine neue Idee an, die das Logistik Center Austria Süd gemeinsam mit der Triester Hafenbehörde und mit den Zollverwaltungen von Italien und Österreich umsetzen möchte. Gemeint ist die Schaffung eines „Zollkorridors“ für Containertransporte in das zentraleuropäische Hinterland. Das speziell dafür ausgearbeitete Modell sieht die sofortige Verladung der Boxen auf die bereitstehenden Güterzüge nach Villach Süd vor. Die Verzollungen sollten dann während der Bahnfahrt stattfinden. Bestünde Bedarf für eine Zollbeschau, so würde diese im „Dry Port Villach“ stattfinden. Die Betreiber der entsprechenden Zollverwahrungslager in Triest und Fürnitz stehen schon fest. Ihre Namen werden in Kürze offiziell bekanntgegeben.

Im Hafen Triest dauerten die Zollbeschauen oft bis zu sechs Tage, räumte der Vertreter einer globalen Containerreederei kürzlich gegenüber dieser Zeitung ein. Das will man im „Dry Port Villach“ unbedingt schneller machen. Der Standort wirbt unter anderem auch in Asien um Betriebsansiedlungen. Bei einem ersten chinesischen Unternehmen war diese Strategie bereits von Erfolg gekrönt. Dabei spielt das Argument der Laufzeitgewinne für Warenlieferungen nach Zentraleuropa eine große Rolle. Wenn dieser Faktor durch mehrtägige Standzeiten beim Zoll negativ beeinträchtigt wird, können die potenziellen Investoren aus China oder Indien genauso gut die Leitungswege über die Nord- und Westhäfen am europäischen Kontinent nutzen. Das steht im Widerspruch zu den Plänen der Logistik Center Austria Süd GmbH, die aus der Lage von Fürnitz am Schnittpunkt der Tauernachse mit den Baltisch-Adriatischen Korridor Vorteile ziehen will. Das würde auch den Containerverkehr in den Südhäfen ankurbeln, womit in der Gesamtbetrachtung allen Beteiligten gedient wäre.

JOACHIM HORVATH

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