Infrastruktur in der Türkei: Großes Land – große Projekte

Zahlreiche Großprojekte dokumentieren den massiven Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in der Türkei. Das Land an der verkehrsstrategisch wichtigen Schnittstelle zwischen Europa und Asien will bis 2023 rund 30,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Häfen, Wasserwege, Straßen, Schienen und Flughäfen investieren. Bei der notwendigen Aufholjagd kommen oft private Investoren zum Zug. Deutsche Logistik-Expertise ist besonders gefragt.

„Istanbul ist der Motor, der diese Logistikdrehscheibe in Gang hält“, sagt Klaus von der Bey, stellvertretender Sprecher der BVL-Regionalgruppe Istanbul. Rund die Hälfte des türkischen Handelsvolumens entfällt auf die Metropole mit ihren 15 Millionen Einwohnern. Zwischen 60 und 70 Prozent der gesamten Logistikaktivitäten und drei Viertel der Lagerflächen – rund 2,5 Millionen Quadratkilometer – konzentrieren sich auf die Stadt am Bosporus.

Dementsprechend ist Istanbul auch einer der Schwerpunkte der ambitionierten Ausbaupläne der Türkei. Viel Aufmerksamkeit erhält die geplante dritte Brücke über den Bosporus: 1,2 Kilometer lang, 59 Meter breit, getragen von 322 Meter hohen Pfeilern – das ist Weltrekord. Vier Fahrspuren in jede Richtung und zwei Eisenbahngleise sollen Istanbul vom Schwerverkehr entlasten und stellen gleichzeitig eine wichtige neue Verkehrsader für den internationalen Warenverkehr dar.

Ein türkisch-italienisches Konsortium wird geschätzt 3,5 Milliarden Euro verbauen, unterstützt von Ingenieuren aus Korea. Bei der ersten Bosporus-Brücke waren Experten aus Deutschland beteiligt – und auch heute noch sieht der Büroleiter der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer, Ünal Eren, Chancen für deutsche Unternehmen: Technologieprodukte, Beratungs- und Ingenieursdienstleistungen aus Deutschland seien gefragt. „Deutsche Unternehmen sollten aber unbedingt einen verlässlichen und kompetenten lokalen Partner finden“, rät Eren.

Die eiserne Seidenstraße
Auch unterirdisch soll es bald flüssiger laufen in Istanbul. Ende Oktober 2013 eröffnete der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan den 3,6 Kilometer langen Eisenbahntunnel, der Europa und Asien miteinander verbindet. 1,4 Kilometer davon verlaufen unter dem Bosporus. Bis zu 75.000 Fahrgäste in der Stunde soll die S-Bahn transportieren. Die Bedeutung des Tunnels für die internationalen Warenströme ist aber noch größer: Ab 2015 besteht mit dem Tunnel und der ausgebauten Strecke entlang des Marmara-Meeres eine durchgängige normalspurige Zugverbindung zwischen den Kontinenten. Man spricht von der eisernen Seidenstraße. Drei Milliarden Euro kostete das Projekt, größtenteils finanziert durch die Japan Bank for International Cooperation und die Europäische Investitionsbank.

Privates Kapital treibt Projekte voran
In der Türkei sind es oft auch private Investoren, die Bauprojekte finanzieren und dabei mit der Regierung BOT-Vereinbarungen (Build, Operate, Transfer) treffen. 2017 soll zum Beispiel der neue Flughafen im Norden von Istanbul fertig gestellt sein – in nur vier Jahren Bauzeit. Ein Konsortium türkischer Unternehmen hat 22 Milliarden Euro geboten, um den Flughafen zu bauen und ihn 25 Jahre zu betreiben. Mit sechs Start- und Landebahnen und 150 Millionen Passagieren im Jahr wäre das Drehkreuz dreimal so groß wie der Airport Frankfurt am Main.

Die Geschwindigkeit, mit der Projekte geplant und umgesetzt werden, ist erstaunlich. „Was dort geschieht, geschieht schnell und unter Beachtung hoher Qualitätsanforderungen“, fasst Klaus von der Bey zusammen. Der Inhaber der Bey Management Consult bescheinigt den türkischen Projektmanagern ununterbrochene Arbeitsprozesse und stetigen Baufortschritt. Ein Grund für die Geschwindigkeit des Ausbaus ist auch der Rückgriff auf privates Kapital: Rund 200 Milliarden Euro von privaten Investoren sind derzeit in Großprojekten verplant. Ein bedeutender Anteil der Summe kommt aus China, das zum Beispiel beim Bau der geplanten 7.000 Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecke engagiert.

Aufholbedarf bei Straße und Schiene
2023 feiert die türkische Republik ihr 100. Jubiläum. Bis dahin will der türkische Staat 30,5 Milliarden Euro in die Infrastruktur des Landes, in Straße, Schiene, Flughäfen und Wasserwege investieren. Über die Hälfte des Geldes fließt in die Schiene, deren Streckennetz von derzeit rund 11.000 Kilometer um etwa 15.000 Kilometer Länge ausgebaut und somit mehr als verdoppelt werden soll. Aber auch bei der Straße hat die Türkei großen Nachholbedarf. Gerade 2.127 Kilometer Autobahnen gibt es bisher in der Türkei, in Deutschland sind es 12.880. Mit der Strecke zwischen Istanbul und Izmir sollen bis 2020 472 Kilometer für den türkischen Frachtverkehr dazukommen.

Gefragt: Deutsches Logistik-Know-how
Auch deutsche Logistiker werden von dem Ausbau profitieren, prognostiziert von der Bey. Alle großen Logistikunternehmen sind in der Türkei vertreten, die Qualität der angebotenen Logistikleistungen steige kontinuierlich. „Das Wissen über Logistik und die logistischen Systementwicklungen in Deutschland ist in der Türkei sehr gefragt“, weiß der Experte.

Quelle: MyLogistics
Portal: www.logistik-express.com

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