Infrastruktur USA: Privater und staatlicher Kraftakt für moderne Verkehrsnetze

Die Wirtschaft in den USA wird von massiven Infrastruktur Problemen gebremst. Das umfangreiche Verkehrswegenetz leidet stark unter unzureichenden Investitionen in den Unterhalt – einer der Gründe für die Weltbank, die Vereinigten Staaten nur noch auf Platz neun des aktuellen Logistics Performance Index zu sehen. Während wichtige staatliche Programme Opfer des Haushaltsstreits sind, packen Unternehmen für sie relevante InfrastrukturProjekte selbst an. Daraus resultiert ein  Strategiewechsel: Infrastrukturprojekte werden immer mehr nach dem ReturnonInvestment bewertet und priorisiert.

Eine „echte Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und die Wirtschaft des Landes“ sieht Bill Marcuson, Präsident des Ingenieurverbands ASCE, im derzeitigen Zustand der Infrastruktur in den Vereinigten Staaten. Ein Großteil der Verkehrswege wurde im Zeitraum von 1950 bis 1970 geschaffen – und müsste jetzt dringend saniert werden. Von den 600.000 Brückenbauwerken im Land sind 70.000 unbedingt sanierungsbedürftig. Hurrikane, Schneestürme und andere Naturkatastrophen verdeutlichen immer wieder, wie anfällig das Verkehrsnetz, aber auch die Energieversorgung sind. Experten schätzen die Kosten für den Sanierungsbedarf auf 134 bis 194 Milliarden USDollar – pro Jahr. Die Regierung in Washington hat mehrere Anläufe unternommen, die notwendigen Mittel in Milliardenhöhe für die Sanierung aufzubringen. Aber der anhaltende Haushaltsstreit blockiert viele Gesetzgebungsverfahren. Ein typischer Fall ist der „National Infrastructure Improvement Act“, der bereits 2007 einen nationalen Verkehrswegeplan und entsprechende Haushaltmittel vorsah. Das Gesetz wurde im Senat verabschiedet, das Repräsentantenhaus verweigerte ihm jedoch die Zustimmung. Die Republikaner gehen davon aus, dass Infrastruktur eine Aufgabe der einzelnen Staaten und der Privatwirtschaft ist. Der Staat zieht sich weiter zurück und gab zuletzt nur noch 2,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Infrastruktur aus.

Steven Markham, Präsident der USTochter der BLG Logistics Group und Mitglied der Regionalgruppe US Southeast der Bundesvereinigung Logistik (BVL), betont vor allem die große Bedeutung der Häfen und der Schiene für die Warenströme auf dem Kontinent. Das Eisenbahnnetz ist in privater Hand und dichter geknüpft als in Deutschland. Besonders die Häfen an der Ostküste investieren und vertiefen ihre Fahrrinnen, um sich auf die größeren Warenströme nach der Erweiterung des PanamaKanals vorzubereiten. Aber das Geld aus Washington reicht nicht, um flächendeckend die Infrastruktur zu sanieren, die Verkehrsträger zu verknüpfen und so das System für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts fit zu machen.

Tatsächlich ist die Privatwirtschaft weitaus stärker als in Deutschland Träger und Förderer der Infrastruktur. Teilweise investieren Unternehmen direkt in die notwendige Verkehrsanbindung, teilweise nehmen sie über staatlichprivatwirtschaftliche Kooperationen Einfluss auf den Ausbau. Unternehmen wie die BMW Group sorgen mit Milliarden Investitionen selbst für die Infrastruktur, die zum Beispiel das 1994 in Spartanburg in Staat South Carolina aufgebaute Werk benötigt. Sie leisten mit diesem Investment einen wichtigen Beitrag zur regionalen wirtschaftlichen Entwicklung. In South Carolina resultiert das in einem hervorragend ausgebauten AutobahnNetz, das weitere Unternehmen anlockt.

Die Zusammenarbeit zwischen Staat und Unternehmen kommt dabei nicht nur in Public Private Partnerships für Einzelprojekte zum Tragen. Die Unternehmen bringen ihre Interessen als Träger und Nutzer der Infrastruktur direkt in die  Verkehrswegeplanung ein. Beispiel ist die I95 Corridor Coalition, ein Planungsgremium für die 3100 Kilometer lange Interstate 95 entlang der Ostküste. Die Anrainerstaaten, Transportunternehmen und Mautstellenbetreiber entscheiden zusammen über den Unterhalt und den Ausbau der Autobahn. „Die Einbeziehung privater Investitionen funktioniert wie ein starker Impulsgeber“, bestätigt James M. Brock, Vorsitzender bei der Dering Consulting Group in Pennsylvania. Das Beratungsunternehmen bedient hauptsächlich Kunden aus dem Logistikbereich.

Durch die Beteiligung der Wirtschaft ändert sich der Fokus der Projekte. Früher galt das „worst first“Prinzip: Die Verkehrswege mit dem schlechtesten Zustand wurden zuerst ausgebaut. Nun spielt das „Value added“, der Mehrwert für die Unternehmen, eine wichtigere Rolle für die Bewertung von Projekten. Kooperationen wie die I95 Corridor Coalition dienen auch dazu, den Interessensausgleich zwischen den Unternehmen und dem Gemeinwesen sicher zu stellen.

Quelle: BVL

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