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Jacobs Kaffee fährt Bahn

Der Lebensmittelhersteller Kraft Foods produziert in Wien handelsfertigen Kaffee. Die Kaffeebohnen kommen aus Bremerhaven in loser Schüttung im Container nach Wien. Das schont die Umwelt und rechnet sich zudem, wie der Logistik express herausgefunden hat.

Der US-stämmige Lebensmittelhersteller Kraft Foods produziert in Österreich in seinem Kaffeeröstwerk in Auhof die bekannten Kaffeemarken Jacobs und Hag. Am zweiten österreichischen Produktionsstandort in Bludenz werden Schokoladen der Marken Suchard und Milka herstellt. Der Weg der Kaffeebohne vom Ursprungsland bis nach Auhof ist ein langer und dennoch transparent nachvollziehbarer, wie Stefan Scheidel, Leiter der Rohkaffee-Logistik Nordeuropa bei Kraft Foods in Bremen, darstellt. 118 Mio. Säcke Kaffee werden jährlich weltweit produziert, der schwarze Rohstoff mit seiner angeblich aphrodisierenden Wirkung ist nach Erdöl das wichtigste Gut auf der Welt, das an den Börsen gehandelt wird, bemerkt der Logistiker so nebenbei. Die Kaffeebohnen wachsen in 65 Ländern auf der Erde zwischen dem südlichen und nördlichen Wendekreis. Österreichischer Kaffee kommt beispielsweise aus Kolumbien, Peru etc., wobei zwischen Hochland- und Tiefland-Kaffee unterschieden wird; man spricht dann von Arabica- und Robusta-Kaffeesorten.

Bis in die 80er Jahre wurden die Bohnen traditionell in 60 Kilogramm Säcken verpackt und in die Verbraucherländer verschickt. Später kamen Container für den Transport zum Einsatz und heute sind es spezielle Bulk-Container, in denen bis 21 Tonnen Bohnen in eine Box kommen und vom Ursprungsland bis nach Auhof in der gleichen Box durchgeroutet werden, erklärt Scheidel.

Präziser Ablauf

Der Kaffee aus Übersee für Österreich und Deutschland wird in Bremerhaven umschlagen, dort prüft Kraft Foods die Qualität, es wird die Verzollung erledigt, die Feuchtigkeit akribisch gemessen und die Rohware bis auf Abruf für die Produktion im Hinterland gelagert. Seit zwei Jahren werden die Bohnen im Bulk-Container in einem so genannten Kaffeezug von Bremerhaven in den Kombi-Terminal Wien Freudenau gefahren. Einmal pro Woche kommt die Lieferung für die wöchentliche Produktion in Auhof an. Die Rollfuhr der Boxen von Freudenau ins Werk Auhof erfolgt per LKW mit kippbaren Chassis. Nach der Entleerung werden Boxen den Reedereien in Wien zurückgegeben.

Merkliche Vorteile

Die Umstellung der Logistik von LKW- auf Schienentransporte bedingte auch eine grundlegende Umstellung beim Produktionsablauf, berichtet Wolfgang Stadler, Betriebsleiter bei Kraft Foods in Auhof. Planung und Prozesse wurden auf die intermodale Anlieferung abgestimmt mit dem Ergebnis, dass gleich mehrere Vorteile nur einem Nachteil gegenüberstehen: Durch den Kombi-Transport entfallen 1.000 LKW-Fahrten pro Jahr zwischen Bremerhaven und Auhof, wodurch 35 Prozent weniger CO2 in die Luft geblasen werden. Die Bahn ist kalkulierbar, die Abhängigkeit von den straßenseitigen Unwägbarkeiten fällt weg, wobei gleichzeitig im Fall einer bahnseitigen Störung die Option für einen „Fall-back“ auf den LKW jederzeit gegeben ist, so Stadler. Der Nachteil: Änderungen beim definierten Wochenbedarf an Kaffeebohnen sind nicht möglich. Die Umstellung von LKW auf Kombi-Verkehr erfolgte nicht zuletzt aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen. „Es muss sich für uns als Produzent rechnen“, stellt Stadler unmiss-verständlich klar. Für das grüne Mascherl allein ohne betriebswirtschaftlichen Mehrwert macht man diese Umstellung nicht. Das grüne Mascherl gab es dennoch: Für den Kaffeezug hatte Kraft Foods den Umweltpreis 2009 der Stadt Wien erhalten.

Logistik express Redaktion: Markus Trostmann

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