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Knackig-frisch bis zum Schluss

Schon vor 122 Jahren war die Brot-Logistik wohlüberlegt. Dass sich die Ankerbrot-Fabrik in Wien auf dem Laaer Berg im südlichen Teil Wiens befindet, hat einen simplen logistischen Hintergrund. Bergab ließ sich der Transport von Brot und Semmeln in die Stadt mit den Pferdefuhrwerken mit weniger Energieaufwand bewerkstelligen. Zurück kamen die Fuhrwerke leer und da ging es auf dem Berg leichter hinauf.

Der industrielle Großbäcker Ankerbrot, in Wien in einem Atemzug mit den Firmen Manner und Ottakringer genannt, ist heute logistisch flexibel aufgestellt und sieht in der Abwicklung der täglichen Transporte von 200 Tonnen Backwaren aller Art eine ganz wichtige strategische Kernkompetenz, betont Andreas Raub, Logistikleiter bei Ankerbrot auf dem Laaer Berg. Das Unternehmen managt die Transporte zu den eigenen Filialen und in den Einzelhandel in Kombination mit eigenen Lkws und externen Frächtern, weil „wir damit wesentlich flexibler in der Disposition sind“, sagt Raub. Bis in die 80er Jahre war Ankerbrot auch Karosseriebauer; die Kofferaufbauten für die Lkw hat man sich selbst gebaut. Das macht jetzt ein externer Partner.

Ankerbrot produziert rund 400 verschiedene Produkte vom Brot über Süßes bis zu Toastbrot. Allein in Wien nennt Ankerbrot über 100 Filialen sein eigen, die mehrmals wöchentlich mit Frisch- und Tiefkühlware beliefert und täglich von rund 100.000 Kunden frequentiert werden. Dazu kommen noch die Lieferungen zu den Handelsketten wie beispielsweise Spar, Rewe, Lidl oder Zielpunkt. Der Umsatz verteilt sich auf diese zwei Lieferschienen: Eigene Filialen und Einzelhandel.

2011 hat Ankerbrot in Österreich mit rund 1.500 Mitarbeitern einen Umsatz von 135 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Filialen sind die verlängerte Backstube, wohin auch Tiefkühlware gebracht wird, um sie dort in den stationären Backöfen stundenfrisch aufzubacken. Denn Anker garantiert Frische und die Kunden erwarten auch noch um fünf Minuten vor sechs Uhr abends eine krachfrische Semmel. Aufbacken im Geschäft hat sich in den vergangenen Jahren herausgebildet, wie auch in der Handelslogistik der Trend immer stärker in Richtung Bündelung der Logistik geht.

Kleine Zeitfenster werden zum Problem
Doch die zunehmenden Nachtanlieferverbote zu den Geschäften verhindern zunehmend das Bündelungsbemühen. Das Problem: Die gesetzlich verordneten Nachtlieferungsverbote werden immer häufiger. Beinahe jeden Tag treten solche Verbote in Kraft, die vorschreiben, dass bei Geschäften eine Anlieferung erst ab 6 h morgens gestattet ist. Diese Auflage hängt meist damit zusammen, dass Geschäfte umgebaut werden und seitens der Behörde eine neue Betriebsanlagengenehmigung ausgestellt wird. Sobald diese auf dem Tisch liegt, kommt Raub mit seinem Team in Stress, weil er dann mit den Lkw möglichst alle Geschäfte ab 6 h beliefern soll. Zuvor konnten die 100 täglichen Touren durch die Wiener Stadt zeitlich flexibler disponiert werden.

Einen Lkw um 3 h morgens durch die Stadt zu schicken ist wirtschaftlicher, weil er schnell vorankommt und die Stadt in einer halben Stunde durchquert. Ab 6 h morgens ist auf Wiens Straßen „der Teufel los“ und „braucht der Lkw für die gleiche Wegstrecke 1,5 Stunden.“ Das kostet mehr Treibstoff und verdreifacht den CO2-Ausstoss, gibt Raub zu bedenken. Nicht selten kommt es vor, dass zwei Lieferadressen nicht weit voneinander entfernt liegen, doch wenn für eine Adresse ein Nachtanlieferverbot besteht, kann nur an einer Adresse (weil ohne Verbot) um 3 oder 4 h morgens abgeladen werden. Und muss zum Nebengeschäft wegen des Nachtanlieferverbots der Lkw um 6 h morgens noch einmal kommen. Raub ist in Gesprächsrunden mit der Stadt Wien und der Wirtschaftskammer zu diesem Thema involviert und hat wiederholt auf diesen Hemmschuh hingewiesen. Hier sei die Politik gefordert, die strengen Auflagen des Nachtanlieferverbots zu überdenken, plädiert der Logistiker.

Emissionsarm kommt die Ware
Dabei fährt Anker ohnehin nur mit 12-t-Lkw der neuesten Emissionsklasse. Die gesamte eigene Flotte besteht aktuell aus Euro-V-Fahrzeugen mit einer maximalen Laufzeit von vier Jahren. Danach wird pro Jahr in rund 25 neue Fahrzeuge der Emissionsklasse Euro-VI investiert. Das spürt Anker auch in der Logistik-Kasse. Raub: „Für uns wird die Lkw-Maut billiger, weil wir nur Lkw der obersten Emissions-Klasse fahren.“ Ganz auf externe Frächterleistung verzichtet Raub dennoch nicht. Die großen Ladungen mit Rohstoffen und Fertigwaren zwischen Wien und dem Produktionsstandort Leoben beispielsweise fahren externe Frächter. Zu internationalen und nicht österreichischen Preisen, wie Raub betont.

Auch bei den Transporten zwischen Wien und dem Lager in Schwanenstadt kommen Externisten zum Zug. Von Schwanenstadt aus wird das westliche Österreich mit den frischen Produkten beliefert. Bis 15 h langen die Bestellungen von den Filialen und Einzelhandelsunternehmen am Laaer Berg ein, dann läuft die Produktion der Frischeprodukte für den nächsten Tag voll an. Die Beschaffungslogistik der Rohstoffe wie Mehl, Zucker, Butter, Öle oder Sesam läuft seit Anfang 2012 über den zentralen Einkauf in Österreich.

Quelle: LE Magazin 01-2013

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