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Kriminelle entdecken Internet-Frachtbörsen

Frachtanbieter wähnen sich auf virtuellen Frachtbörsen in einem vermeintlich geschützten Anbieter-Nachfragerforum. Hinter seriös auftretenden Frächtern kann sich auch ein Betrüger verbergen, wie aktuelle Schadensfälle zeigen, die bei Lutz Assekuranz auf dem Tisch gelandet sind.

Wer Fracht auf Internet-Frachtbörsen vergibt, sollte sich den potenziellen Auftragnehmer des Transports sehr genau anschauen. Es mehren sich Vorfälle, dass sich hinter einem vermeintlich seriösen Unternehmen mit klingendem Namen ein Betrüger verbirgt. Beim Wiener Versicherungsmakler Lutz Assekuranz sind im Vorjahr Schadensfälle auf den Tisch gekommen, deren Hintergrund aufhorchen lässt und zur Vorsicht mahnt.

Ein österreichischer Verlader stellte seine Fracht ins Netz, ein Interessent meldete sich, bot einen akzeptablen Preis und bekam den Auftrag, weil er auf der Frachtbörse einen soliden Eindruck hinterließ. Der gute Eindruck erwies sich jedoch als fataler Irrtum. Die Ladung wurde abgeholt und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Schaden: „Elektronikartikel im Wert von mehreren hunderttausend Euro“, weiß Herbert Hasenhütl, Versicherungsexperte bei Lutz Assekuranz. Und das sei kein Einzelfall, ergänzt Lutz-Geschäftsführer Karl Jungmann und rät den Auftraggebern dringend, mehr Sorgfalt walten zu lassen, um Schäden durch Gutgläubigkeit zu vermeiden.

Kriminelle kaufen offenbar eingeführte österreichische Firmen auf und treten auf den Frachtbörsen unter bekannten Namen auf. Einloggen mit falschen Firmendaten nimmt als kriminelles Delikt zu. Daher sollten vor Auftragsvergabe auf einer Frachtenbörse Gewerbeberechtigung und Versicherungsbestätigung des Anbieters eingeholt und die Fax-Nummer, über die kommuniziert wird, gecheckt und andere Details mehr kritisch hinterfragt werden.

Jungmann: „Oft werden E-Mail-Adressen von anonymen Freemail-Anbietern genutzt, bei denen besondere Vorsicht geboten ist.“ Mit dem Absender der Ware sollte vereinbart werden, genau die avisierten Kfz-Kennzeichen zu überprüfen (möglicherweise gefälscht) und Führerschein und Reisepass des Fahrers zu kopieren. Es ist wie bei einem Einbruch in ein Haus: „Je besser das Haus durch Alarmanlagen, Hunde etc. gesichert erscheint, umso eher werden Kriminelle davon ablassen und sich eine leichtere Beute suchen“, bringt es Otmar J. Tuma, Geschäftsführer von Lutz auf den Punkt.

Versichern beruhigt, allerdings nur dann, wenn die Deckungssummen passen und der CMR-Versicherungsschutz maßgeschneidert auf den LKW und die Ladung zugeschnitten ist, wie Tuma ausdrücklich betont. Ist die Deckungssumme zu gering, muss der Frächter im Worst-Case-Szenario in einem Schadensfall den Betrag zwischen Deckungssumme und tatsächlicher Schadenssumme aus eigener Tasche bezahlen. Was sehr teuer werden kann.

Für alle Beteiligten in der Transportkette, zumal die Sorgfaltspflicht im Fall weitergegebener Aufträge jeden in der Kette gleichermaßen trifft, wird im Fall des Falles die Haftung schlagend. Im Bereich der CMR-Haftung kann es für ein Unternehmen existenzbedrohend werden, wenn etwa nicht die unlimitierte Haftung gem. Art. 29 CMR für grobes Verschulden mitversichert ist. Tuma: „Viele Spediteure glauben, dass sie nach dem Speditionsrecht haften, doch in vielen Fällen wird dann meist das wesentlich strengere Frachtrecht nach CMR oder anderen zwingenden Normen schlagend.“

Jungmann präzisiert den markanten Unterschied: „Organisiert der Spediteur im eigenen Namen und für fremde Rechnung einen Transport, ohne dabei selbst Hand anzulegen – schließt er also einen reinen Speditionsvertrag ab – , dann gilt die Haftung nach den AÖSp. Sobald er aber  entweder einen originären Frachtvertrag abschließt oder als Fixkosten- oder Sammelladungsspediteur oder im Selbsteintritt aktiv wird, gilt im Schadensfall das viel strengere Frachtrecht.“

Logistik express Redaktion: Markus Trostmann

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