Lagermodernisierung bei laufendem Betrieb
Patrick Radtke – Die Modernisierung des zentralen Produktionslagers am Standort Hamburg sichert DaimlerChrysler für die kommenden Jahre die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Produktions- und Montageversorgung. Durch den Austausch der Regalbediengeräte und die Einführung einer effizienten Materialflusssteuerung inkl. Staplerleitsystem konnten Verfügbarkeit und Prozessqualität deutlich gesteigert werden. Die Systemleistung stieg um ca. 30%. Die fablog GmbH begleitete das Projekt als Generalplaner bis zur letzten Stunde. Projektdaten:
Um auf diese Änderungen reagieren zu können, und um auch für zukünftiges Wachstum gerüstet zu sein, plante die DaimlerChrysler AG im Rahmen einer ganzheitlichen Neuausrichtung der Logistikprozesse im Werk Hamburg die Modernisierung des vorhandenen zentralen Produktions- und Distributionslagers. Dabei sollten die Bereiche Warenlieferung, Lagerung, Produktionsversorgung und Versand einer Prüfung und Optimierung unterzogen, sowie Warenströme und interne Lieferverkehre neu strukturiert werden. Das Hauptkriterium für die geplante Modernisierung war das Alter der vorhandenen Anlage. Die manuellen schienengebundenen Regalfahrzeuge (RFZ) wurden nach mehr als 20jährigem Betrieb ausgemustert. Steigende Betriebs- und Instandhaltungskosten, sinkende Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Support, sowie wachsende Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems waren die wesentlichen Gründe für diese Entscheidung. Sechs alte manuelle kurvengängige RFZ bedienten ein 16-gassiges Hochregallager (HRL) mit einer Gesamtleistung von 80 – 100 DS/h. Das Lager arbeitet im 24-Stunden-Betrieb, sechs Tage die Woche und sichert die Materialversorgung für Produktion und Versand. Auf Grund der wachsenden Anforderungen war es notwendig, den Durchsatz des Lagers auf 120 DS/h zu erhöhen. Dies entspricht einer Leistungssteigerung von durchschnittlich 30%. Lagermodernisierung mit System
In der Planungsphase wurden, durch die Experten der fablog GmbH Berlin, für die Modernisierung der Lagertechnik und die Prozess- und Materialflussoptimierung eine Vielzahl von Varianten und Alternativen erarbeitet und verglichen. Ein entscheidendes Erfolgskriterium für diese elementare Projektphase: Die Zusammenarbeit mit den DC-Verantwortlichen war überaus konstruktiv und zielorientiert. Trotz einiger interessanter Lösungsalternativen für die komplette Erneuerung des Lagers setzte sich der Ansatz der Lagermodernisierung durch. Ein entscheidender Grund dafür: Der Betrieb des Lagers durfte nicht unterbrochen werden. Bei der Errichtung einer Neuanlage hätte der Betrieb für Wochen stillgelegt werden müssen. Die Produktionsversorgung aus Außenlagern oder durch einen temporären Logistikdienstleister konnte auf Grund der hohen Lieferanforderungen (Sicherstellung von max. 2h Liefer- und Bereitstellzeit ab Materialbestellung) nicht garantiert werden. Der Modernisierungsansatz sah den Austausch der alten RFZ durch moderne automatische kurvengängige Regalbediengeräte (RBG) vor. Neben den RFZ wurde die komplette Gassenausrüstung, die Fahrschienenanlage, die Stromversorgung und die Steuerungs- technik erneuert. Der Umbau erfolgte in fünf Etappen (jeweils drei Gassen), um in jeder Umbauetappe 80% der vorhandnen Lagerkapazität für den Betrieb zu erhalten. Eine besondere Herausforderung lag darin, nach dem Umbau der ersten Etappe (Gassen 1 – 4) neben der kompletten IT- und Steuerungstechnik (Lagersteuerung, SAP-Anbindung, Visualisierung, Materialflusssteuerung inkl. Staplerleitsystem) auch die neugestalteten Prozesse und Arbeitsabläufe in der Vorzone (Staplerverkehre) und in den Funktionsbereichen (Wareneingang, Warenkontrolle, Kommissionierung, dynamische Versandbereitstellung) in Betrieb zu nehmen und nach einer extrem kurzen Testphase für den operativen Lagerbetrieb zur Verfügung zu stellen. Schließlich musste sowohl die neue Technik, als auch die neuen Prozesse 100%-ig funktionieren, um die Kapazitäten für die Montage- und Versandversorgung voll nutzen und die zweite Umbauetappe starten zu können. Das gesamte Lager arbeitete während des Umbaus quasi in zwei parallelen Systemen, Altsystem mit allen vorhandenen Abläufen und Prozessen, Neusystem mit allen neuen Anlagen und gesteuerten Arbeitsabläufen. Nach jeder weiteren Umbauetappe wurden die entsprechenden Gassen aus dem Altsystem in die neue Systemumgebung transferiert, in Betrieb genommen und ebenfalls für den operativen Betrieb zur Verfügung gestellt. Um eine solch komplexe Modernisierungsmaßnahme reibungslos umzusetzen, wurde durch die fablog GmbH ein detailliertes Umbaukonzept erarbeitet. Dieses enthielt, neben der Definition der Etappen und den detaillierten Arbeitsschritten, einen minutiösen Terminplan zur Koordination aller acht beteiligten Gewerke. Ebenso wichtig wie die sorgfältige Planung eines solchen Vorhabens ist die Absicherung der einzelnen Umbauschritte durch sinnvolle Fall-Back-Strategien. Denn: Auch trotz bester Planung und intensiver Vorbereitung ist man vor unerwarteten Ereignissen nicht geschützt. Absicherung bringt hier nur ein gut durchdachter „Plan B“ mit der Option, jederzeit zu einem definierten Status-Quo zurückkehren zu können.
Verschiedene Ladungsträger (LT) unterschiedlicher Dimensionen werden im Lager gehandelt und dem HRL durch die Stapler angedient. Das bedeutet, an den Übergabe-punkten ist eine zuverlässige Vorrichtung zur Positionierung der LT erforderlich, um den RBG die LT an einem definierten Referenzpunkt zu übergeben. Über geeignete Sensoren wird hierbei sowohl die korrekte Belegung der Übergabestellen, als auch die präzise Aus-richtung der LT kontrolliert. Fehlbelegungen werden dem Staplerfahrer sofort über optische Signale angezeigt. Eine Freigabe zur Einlagerung erfolgt erst nach entsprechender Korrektur. Sicherheitstechnische Schwierigkeiten ergeben sich durch den parallelen Zugriff der automatischen RBG und der manuellen Stapler auf die Übergabepunkte. Nicht zuletzt die Absicherung von Quetsch- und Scherstellen, der Zutrittskontrolle und des sicheren Systemhalts (unter Einhaltung erhöhter konzerneigener DaimlerChrysler – Sicherheitsricht-linien) erfordert ein Höchstmaß an Planungs- und Sicherheits-Know-how. Bewegt sich ein Stapler oder eine Person in die Sicherheitszone vor den Übergabepunkten, und ein RBG befindet sich in einem festgelegten Bereich von der Übergabe, wir das RBG sofort in den „sicheren Halt“ versetzt. Wir die Sicherheitszone wieder frei, läuft das RBG selbständig wieder an und setzt den Fahrauftrag fort. Die Erkennung von Gefahrensituationen erfolgt u.a. durch den Einsatz leistungsfähiger Laserscanner.
Trotz einiger Unwägbarkeiten, in einem solch komplexen Vorhaben nicht zu vermeiden, ist es Dank einer fundierten Planung, eines effektiven Ausschreibungs- und Vergabemanagements sowie eines konsequenten und professionellen Projektmanagements gelungen, die Modernisierung und den Umbau zu einem vollen Erfolg werden zu lassen. Dies äußerte sich nicht nur in der Zufriedenheit des Auftraggebers. Der Umbau und die Inbetriebnahme der Anlage verliefen problemlos, alle Tests und Abnahmen wurden im ersten Anlauf bestanden. Die Anlage läuft vom ersten Tag an unter Volllast und erbringt die geplante Leistung zuverlässig. Auch die beteiligten Lieferanten und Gewerke blicken zufrieden und nicht ohne Stolz auf einen beispielhaften Projektverlauf zurück. Das Projekt wurde auf den Tag genau fertig gestellt.
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