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Lang erwarteter Startschuss in Indonesien

Indonesiens Wirtschaft hat in den letzten Jahren erstaunliche Wachstumswerte erreicht. Die Güterströme im südostasiatischen Land sind angeschwollen und verstopfen die Häfen. Ein Ausbau ist dringend erforderlich. Der Entwurf des nationalen Hafen-Masterplans wurde schon erstellt, erste Projekte befinden sich in der Startphase – darunter der Ausbau des neuen Containerhafens bei Tanjung Priok nahe der Hauptstadt Jakarta. Redaktion: Dirk Ruppik

Die Republik Indonesien benötigt dringend neue und erweiterte Häfen, Straßennetzwerke und Schienenverbindungen, um die Wirtschaft des Landes zu entwickeln. Bislang sind die inländischen Versendungskosten zu hoch und die Liegeplatztiefe ist überwiegend zu klein, um größere Schiffe beherbergen zu können. Daher wird das Land meistens über Feederschiffe – üblicherweise über Singapur – versorgt. Aus all diesen Gründen sind die eigenen Häfen schlichtweg nicht wettbewerbsfähig. Laut dem indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono will die Regierung bis 2025 zwölf Milliarden US-Dollar (rund neun Milliarden Euro) in den Ausbau des Hafensystems investieren und spezielle Wirtschaftszonen im weltgrößten Inselstaat mit 17.508 Inseln und rund 240 Millionen Einwohnern einrichten. Er skizzierte dabei Pläne für sechs Wirtschaftskorridore und weitere Wirtschaftszonen für Tourismus und Bergbau genauer. Laut der Indonesischen Infrastruktur Initiative – ein dreijähriges Projekt der australischen Regierung – will die indonesische Regierung nur rund 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in 2013 (8,424 Billiarden indonesische Rupiah bzw. rund 666 Millionen Euro) in Infrastruktur investieren. Normalerweise sind in Entwicklungsländern fünf Prozent des BIP üblich. Durch den nationalen Hafen-Masterplan soll der Anteil auf fünf Prozent hochgeschraubt werden.

Hafenausbau hält mit Wirtschaftsentwicklung bisher nicht mit
„Indonesien wächst nicht mit voller Kraft, da das Wirtschaftswachstum durch die schwache Infrastruktur behindert wird“, sagte Michael Lund Hansen, Asia Pazifik-Direktor für Portfolio-Management von APM Terminals auf der „Indonesia International Conference – Focus On Indonesian Economy 2011“ in Jakarta am 22. Juli. Das Bruttoinlandsprodukt ist gemäß German Trade & Invest (Gtai) in den letzten Jahren real um sechs Prozent gewachsen. Er erklärte: „Momentan arbeiten fünf von sechs bedeutenden Containerhäfen – die 90 Prozent des Containeraufkommens des Landes handeln – an der Kapazitätsobergrenze, wodurch die Effizienz reduziert wird und die Logistikkosten erhöht werden. Dadurch besteht die Gefahr, dass das Land internationalen Handel an Niedrigkosten-Länder verliert.“ Anhand der vorhergesagten Wachstumsraten schlägt Hansen vor, dass das südostasiatische Land ein Minimum von sechs bis sieben Millionen TEU an neuer Containerkapazität bis 2015 und rund 15 Millionen TEU bis 2020 benötigt. „Wir müssen jetzt loslegen, damit die Anlagen im Zeitrahmen fertiggestellt werden können.“ Momentan können nur Containerschiffe bis zu 6.500 TEU im größten Liegeplatz des Landes in Tanjung Priok nahe der Hauptstadt Jakarta festmachen. Auf den Asien-Europa-Handelsrouten werden normalerweise Containerschiffe der doppelten Größe eingesetzt.

Neuer Masterplan für Häfen
Der Entwurf des neuen Hafenmasterplans (HMP, März 2012) stammt aus der Feder der Indonesia Infrastructure Initiative (IndII), ein durch die australische Regierung gefördertes Projekt, das das Wirtschaftswachstum in Indonesien durch verbesserte Infrastruktur und Investitionen fördern soll. Der Plan gilt für einen Zeitraum von 20 Jahren und kann alle fünf Jahre abgeändert werden. Er wurde in enger Zusammenarbeit mit den indonesischen Ministerien und Experten erstellt. Die Wirtschaft des südostasiatischen Inselstaats hängt stark vom Zustand der Häfen ab. Durch das Schifffahrtsgesetz Nr. 17 (2008) sollen kritische Bereiche wie Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit der Häfen adressiert werden.

In einem multidimensionalen Ansatz sollen u.a. der Wettbewerb stimuliert, rationalisierte Hafenentwicklungspläne erstellt, PPP-Verfahren für die Finanzierung eingeführt und die nationalen Behörden in den Planungsprozess integriert werden. Dadurch wird die Entwicklung eines Hafensystems gefördert, das „effizient, wettbewerbsfähig und flexibel ist und den internationalen Handel sowie Wirtschaftswachstum und regionale Entwicklung unterstützt.“ 2009 wurden laut HMP 968,9 Millionen Tonnen Güter in den indonesischen Häfen umgeschlagen. Davon waren 560,4 Millionen Tonnen Trockenschüttgut (rund 75 Prozent Kohle), 176,1 Millionen Tonnen Flüssigschüttgut (86 Prozent Petroleum und -produkte), 143,7 Millionen allgemeine Fracht und nur 88,2 Millionen Tonnen containerisierte Güter.

Der Containerumschlag wuchs zwischen 1999 und 2009 mit 12,3 Prozent. 2020 soll sich der Containerumschlag gegenüber 2009 verdoppelt haben (bis 2030 weitere Verdopplung). Die Containerhäfen drohen bereits zu Engpässen zu werden und den freien Strom an Gütern zu behindern. Der gesamte Außenhandel belief sich auf 543 Millionen Tonnen (56 Prozent am Gesamtvolumen). Darunter waren es die Exportprodukte, die mit 442,5 Millionen Tonnen (80 Prozent) den größten Anteil hatten. Indonesien gilt daher als klassisches Exportland. Es wird prognostiziert, dass der Güterumschlag bis 2015 auf 1,3 Milliarden Tonnen (jährlich +4,5 Prozent) und bis 2020 auf 1,5 Milliarden Tonnen (jährlich + 3,7 Prozent) ansteigt.

Konkrete Hafenprojekte
Die sechs erwähnten Wirtschaftskorridore sind namentlich der Sumatra-, Java-, Kalimantan-, Sulawesi-, Bali-Nusa Tenggara- und der Papua-Kepulauan Maluku-Wirtschaftskorridor. Die Warenströme und die Hafensysteme in den jeweiligen Wirtschaftskorridoren sollen neu geordnet werden. Das südostasiatische Land besitzt insgesamt 111 Handelshäfen, 614 nichtkommerzielle Häfen, 472 Spezialterminals und 721 Terminals für private Interessen. Indonesien verfügt über insgesamt vier staatliche Betriebsgesellschaften für Seehäfen. Die PT Pelindo I mit Sitz in Medan ist im Gebiet von Nord-Sumatra in vier Provinzen für 26 Häfen zuständig. Die PT Pelindo II verwaltet neben dem Hafen von Jakarta in zehn Provinzen insgesamt 29 Häfen. PT Pelindo III mit Sitz in Surabaya ist in acht Provinzen für 32 Häfen verantwortlich. Weiterhin betreibt die PT Pelindo IV mit Sitz in Makassar 24 Häfen in zehn Provinzen.

Ein Megahafenprojekt auf Java (und größtes Hafenprojekt im Land) ist die Entwicklung des größten Industriehafens in Indonesien – dem Hafen Kalibaru nicht weit von Tanjung Priok im Norden Jakartas. Der staatliche Hafenbetreiber Pelindo II will hier in der ersten Phase (6,5 Millionen TEU) bis 2014 rund 1,8 Milliarden Euro investieren. Laut dem Präsidenten von Pelindo II Richard Jost Lino wird der neue Hafen nach drei Bauphasen im Jahr 2023 13 Millionen TEU Kapazität besitzen. Es ist der Bau von Kaianlagen von 4.000 m Länge vorgesehen. Die Wassertiefe soll 20 m betragen. Nach Fertigstellung erhält er offiziell den Namen New Priok. Zusammen mit dem alten Hafen Tanjung Priok (2011 5,8 Millionen TEU) wird der Großraum Jakarta dann über rund 19 Millionen TEU Boxenkapazität verfügen.

Bis 2020 muss das Terminal laut Handelsminister Gita Wirjawan seine Kapazität verdreifachen, um mit dem Wachstum schrittzuhalten. „Wir müssen unsere Kapazität erhöhen, oder wir werden leiden.“ Containerschiffe nehmen derzeit laut Gtai für das Entladen eine Wartezeit von mindestens vier Tagen in Kauf. Tanjung Priok hat insgesamt drei Containerterminals, wovon zwei (Terminal I und II) von der Gesellschaft Jakarta International Container Terminals (JICT) im Rahmen eines Managementvertrages mit einer Laufzeit von 20 Jahren betrieben werden. JICT ist ein Joint Venture von Pelindo II und der Hong Konger Hutchison Port Holdings (HPH). Durch den Ausbau von New Priok will Indonesien insbesondere seine Abhängigkeit vom Transshipment in Singapur verringern. Weitere Containerhäfen sind laut Gtai in Palembang und Bengkulu (beide Sumatra) sowie Pontianak (Kalimantan) geplant.

Laut Alfred Natsir, dem geschäftsführender Direktor von Pelindo I, will die Hafengesellschaft in den nächsten vier Jahren vier Häfen – namentlich Batu Ampar Port (Batam), Dumai Port (Riau), Belawan (Medan) und Kuala Tanjung (Nord-Sumatra) – entwickeln. Dabei soll in Kuala Tanjung ein neuer internationaler Tiefsee-Hubhafen (15 m Wassertiefe) für Westindonesien entstehen. Allerdings steht die Machbarkeitsstudie noch aus. Die erste Phase des Hafenausbaus in Belawan wurde 2012 begonnen, ein 100 m langer Pier sowie fünf Containerkrane wurden installiert.

Von 2013 bis 2015 werden ein Kaierweiterungsprojekt (zunächst 700 m, dann 350 m Länge) durchgeführt und weitere fünf Krane aufgebaut. Der Hafen Bitung in Sulawesi wird ebenfalls in einen Hub für Indonesiens Osten verwandelt. Hier steht die Machbarkeitsstudie gleichermaßen aus. Beide Hubs liegen an internationalen Schifffahrtslinien und besitzen genügend Hinterland für die Entwicklung. Die drei Häfen New Priok, Teluk Lamong (Perak) und Belawan (Medan) sind Teil eines Fast-Track-Programms seitens der Regierung. Ein internationaler Standard bei der Containerabfertigung wird bisher nur in Tanjung Priok (JV mit HPH) und in Surabaya (JV mit DPW) erreicht.

Hapag-Lloyd wünscht sich bessere Zollabfertigung
Die Hamburger Reederei bietet wöchentliche Dienste (SIS) von Jakarta und von Surabaya (SSL) – dem zweitgrößten Hafen Indonesiens, an dem zahlreiche Kunden angesiedelt sind – an. Zudem werden Feederservices von vielen anderen Häfen via Jakarta und Singapur durchgeführt, um an alle bedeutenden Hapag-Lloyd-Services nach Europa, dem Doppelkontinent Amerika und innerhalb der Region anschließen zu können. Am 17. April wird Hapag ihren Südostasien-Australien-Service (SAL) erweitern. Er ist eine Kombination aus dem bisherigen SAL-Dienst und dem ASA-Service und wird wöchentlich an einem festen Tag durchgeführt. Folgende Häfen werden angelaufen: Kelang, Singapur, Brisbane, Sydney, Melbourne, Adelaide, Jakarta und Kelang.

Die Reederei sieht durch den Ausbau des Hafensystems entstehende Chancen für das eigene Geschäft und denkt dabei an mögliche zusätzliche Dienste weiterer Häfen. Eine höhere Effizienz der Häfen sowie der Einsatz von größeren Schiffen würden zusätzlich das Geschäft beflügeln. Der Hauptschwachpunkt im indonesischen Hafensystem ist laut Reederei immer noch die Straßen- und Schienenanbindung der Häfen. Für das eigene Geschäft wäre eine verbesserte Zollabfertigung von größter Bedeutung.“ (DR)

Quelle: LOGISTIK express Fachzeitschrift 2/2013

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