Logistik-Indikator: Schwächerer Jahresauftakt, aber wieder mehr Zuversicht

Die Logistikkonjunktur in Deutschland hat sich zum Jahresauftakt weiter abgekühlt, allerdings sehen die Unternehmen wieder etwas optimistischer in die Zukunft als noch vor drei Monaten. Dies geht aus der jüngsten Erhebung (Februar-Befragung) für den Logistik-Indikator hervor, den das Institut für Weltwirtschaft im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) berechnet.

Insgesamt fiel der Rückgang des Geschäftsklimas mit 3,1 Punkten auf nunmehr 123,7 Zähler moderat aus; hierin spiegelt sich eine gegenläufige Bewegung zwischen Lagebeurteilung und Geschäftserwartungen wider: während die Lageeinschätzung um 16,8 Zähler deutlich und zum dritten Mal in Folge nachgab, legten die Erwartungen nach dem kräftigen Einbruch im Vorquartal um 10,6 Zähler zu. Die recht deutliche Erwartungskorrektur lässt auf eine im weiteren Jahresverlauf wieder anziehende Logistikkonjunktur schließen. Dieser Befund wird auch dadurch gestützt, dass das Klimamuster – eingetrübte Lage, aber aufgehellte Erwartungen – auf beiden Marktseiten in ähnlicher Weise zu beobachten ist. 

Besonders ausgeprägt ist die verschlechterte Lageeinschätzung der Logistikdienstleister (Anbieterseite). Der entsprechende Wert gab um 24 Punkte auf 119 Zähler nach. Sämtliche Teilkomponenten gaben nach, wobei die allgemeine Geschäftslage weiterhin ganz überwiegend als gut bezeichnet wird. Die hohe Kapazitätsauslastung gehört indes der Vergangenheit an, und der Auftragseingang für grenzüberschreitende Leistungen war seit der Großen Rezession erstmals wieder rückläufig – wenn auch nur leicht. Die Geschäftserwartungen mit Blick auf die kommenden 12 Monate liegen nunmehr fast gleichauf mit der Lageeinschätzung (Anstieg um 9,4 auf 116,4 Punkte). Offenbar zeichnet sich für die Unternehmen mit eine Trendumkehr bei der Auftragslage ab, für die nunmehr wieder ein leichter Anstieg erwartet wird. Die Kapazitätsplanung ist weiterhin auf Wachstum ausgerichtet, auch wenn die Investitionsneigung leicht nachgab.

Auf der Anwenderseite in Industrie und Handel hat sich das Klima insgesamt auf seinem Vorquartalswert stabilisiert, wobei sich die Lage- und Erwartungskomponenten deutlich aufeinander zu bewegten. Die – auf hohem Niveau – rückläufige Lageeinschätzung (Rückgang um 9,4 auf 138,1 Zähler) ist maßgeblich auf die Abschwächung der relativen Kosteninflation für Logistikleistungen zurückzuführen. Die Kapazitätsauslastung ist hingegen sogar angestiegen. Auch die nur als geringfügig höher wahrgenommene Kapazitätsverfügbarkeit im Markt bestätigt nicht die Einschätzung zur Normalisierung der Kapazitätsauslastung auf der Anbieterseite. Die Geschäftserwartungen haben gut ein Drittel des drastischen Einbruchs aus der Novemberbefragung wieder aufgeholt (Anstieg um 11,8 auf 121 Indexpunkte). Hierzu haben sämtliche Teilkomponenten beigetragen. Besonders stark schlugen sich der Swing in der erwarteten Geschäftsentwicklung und die Pläne zur Personalaufstockung nieder.

Knapp 60 Prozent der Befragten Logistikexperten rechnen im Zuge der von der Bundesregierung vollzogenen energiepolitischen Wende (Ausstieg aus der Atomenergie) mit negativen Auswirkungen für ihr Geschäftsmodell. 44 Prozent der Logistikdienstleister rechnen vor allem mit zusätzlichen finanziellen Belastungen zur Bewältigung des notwendigen Ausbaus der Netzinfrastruktur. Bei den Befragten aus Industrie und Handel sind es 31 Prozent. Diese sehen allerdings sich mit 26 Prozent allerdings stärker mit zusätzlichem Vorsorgeaufwand gegenüber Engpässen konfrontiert als die befragten Logistikdienstleister, bei denen es nur knapp 15 Prozent sind.

Kommentar von Prof. Dr. Ing. Raimund Klinkner, Vorsitzender des Vorstands, Bundesvereinigung Logistik
Die Einschätzung der Logistiker aus Industrie, Handel und Dienstleistung zur Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten steigt wieder an. Allerdings hat sich die aktuelle wirtschaftliche Lage auf beiden Marktseiten noch einmal leicht verschlechtert, bei den Logistikdienstleistern mehr als in Industrie und Handel. Trotzdem: In der Vergangenheit war eine Konvergenz von Lage- und Erwartungswerten ein Indikator für wirtschaftliche Stabilisierung. Verstärkend kommt hinzu, dass sich Lageeinschätzung und Erwartungen nicht nur deutlich annähern, sondern dass dies klar im expansiven Bereich geschieht.

Auch in den Antworten auf Detailfragen wird deutlich: Eine positive Geschäftsentwicklung bei den Nachfragern logistischer Leistungen verbessert die Auftragslage und folglich die Geschäftsentwicklung bei den Anbietern. Gemeinsam stellen sich Industrie, Handel und Dienstleistung schon jetzt auf den Aufbau von Sachkapazitäten und vermehrten Personalbedarf ein. Die rückläufige relative Preisentwicklung und eine in Industrie und Handel seit knapp einem Jahr sinkende Nachfrage belegen hingegen die Verunsicherung der Märkte – obwohl sich beide Teilindices immer noch im positiven Bereich bewegen.

Die Umfrageergebnisse werden durch Einschätzungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium gestützt. Dort heißt es, dass sich die deutsche Konjunktur zu Beginn dieses Jahres vorerst noch verhalten entwickeln werde. Allerdings sende die spürbare Zunahme der Bestellungen in der Industrie ein positives Signal – trotz der Eurokrise, der nicht eindeutigen wirtschaftlichen Signale aus den USA und den unklaren Informationen zum chinesischen Markt. Das Potenzial grenzüberschreitender Bedarfe gilt es zu nutzen, denn nachhaltiges Wachstum kann nicht allein auf guter Binnennachfrage aufgebaut werden.

Eine hausgemachte Wachstumsbremse machen die Unternehmen allerdings auch aus: die Folgewirkungen des Ausstiegs der Bundesrepublik aus der Atomenergie. Dies ergaben die Antworten auf eine Sonderfrage zum Logistik-Indikator. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer aus Industrie, Handel und Dienstleistung sehen die Versorgungssicherheit durch die Energiewende gefährdet. Die Logistikdienstleister erwarten außerdem weitere finanzielle Belastungen. Zusätzlich trifft der Anstieg der Kraftstoffpreise auf ein Allzeithoch alle Marktseiten mit hoher Intensität. Anlass zur Sorge gibt auch die Flutung der Kapitalmärkte mit frischem Geld und der damit verstärkten Inflationsgefahr.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben volatil. Anlass zur Entwarnung gibt es leider nicht. Die politisch Verantwortlichen im Bund und in den Ländern täten gut daran, durch ideologiefreie Entscheidungen in Sachen Infrastrukturausbau und Energieversorgung sowie eine klare Linie in der Finanz- und Währungspolitik die unternehmerischen Spielräume so großzügig wie möglich zu gestalten.

Quelle: MyLogistics
Portal: www.logistik-express.com




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