Logistik-Outsourcing – Gewusst wie!

In Zeiten der Wirtschaftskrise ist Outsourcing ein probates Mittel, um Kosten zu senken und zu flexibilisieren. Zusätzlich kann durch das Know-how des Dienstleisters auch eine Verbesserung der Servicequalität erreicht werden. Neben der Auslagerung der IT oder Lohnbuchhaltung ist die Auslagerung der Logistik, vor allem der Lagerhaltung, eine immer häufiger praktizierte Maßnahme. Sowohl die Ziele des Kunden als auch die Interessen des Dienstleisters müssen aber durch einen Vertrag abgesichert werden. Hierbei sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen, die weniger auf das klassische Logistikrecht zurückgehen, sondern outsourcing-spezifisch sind.

Von Dr. Marc Hilber, Oppenhoff & Partner

Der Verkauf der Lagerressourcen und der Übergang der Arbeitnehmer zum Dienstleister nach § 613a BGB senken die Fixkosten und verschlanken die Bilanz des Kunden. Durch entsprechende Vergütungsmodelle können Kosten flexibilisiert und gesenkt werden. Zum Beispiel haben Unternehmen wie Karstadt (an DHL) oder Tchibo ihre Logistik ausgelagert; auch die Bundeswehr schreibt etwa gegenwärtig die Übernahme ihrer Basislogistik aus (Bewerber bisher Hellmann/EADS sowie Schenker/ESG).

Vorbereitung
Outsourcingprojekte, bei denen suboptimale Geschäftsprozesse dem Dienstleister „über den Zaun geworfen“ werden, führen selten zum Erfolg. Spezialisierte Dienstleister können zwar Prozesse optimieren, aber keine Wunder vollbringen. Die Übernahme der Leistungsverantwortung und die Einarbeitung des Dienstleisters ins Tagesgeschäft binden zusätzliche Ressourcen und können zu erheblichen Anlaufschwierigkeiten führen. Wenn der Dienstleister nach der Übernahme also einen schlecht organisierten Betrieb vorfindet, ist nicht mit einer raschen Verbesserung, sondern sogar mit einer kurz- bis mittelfristigen Zuspitzung der Probleme zu rechnen.

Werden wichtige Geschäftsbereiche in die Verantwortung eines externen Dienstleisters gegeben, an den man sich in der Regel langfristig bindet, ist zudem eine tiefgründige Dokumentation und eine detaillierte Leistungsbeschreibung erforderlich. Dies setzt die Entwicklung klarer Vorgaben für den Vertrag voraus, die häufig aber noch nicht vorliegen, weil die Prozesse bisher intern durchgeführt wurden. Dienstleister sind jedenfalls schlecht beraten, wenn sie sich zu einer Leistung verpflichten, die unklar beschrieben ist und von der man nicht weiß, ob sie mit den vorhandenen Ressourcen erbracht werden können. Leistungen können zwar vorübergehend „wie bisher“ erbracht und Prozesse später definiert werden. Die dann nachfolgend erforderliche Anpassung der Leistungsbeschreibung führt aber häufig zu Streit. Etwa wenn der Auftraggeber ein weiteres Formular oder eine telefonische Hotline anfordert und der Dienstleister dies nur gegen ein zusätzliches Entgelt leisten will. Um derartige Konflikte mit einer konkreten vertraglichen Beschreibung der geschuldeten Leistungen vermeiden zu können, ist es sinnvoll, von einer vorschnellen Ausschreibung abzusehen und zuerst die „Hausaufgaben“ zu erledigen.

Grundregeln für erfolgreiche Outsourcingprojekte
Neben der guten Vorbereitung hilft die Beachtung einiger einfacher Grundregeln, um Outsourcingvorhaben erfolgreich zu machen:

· Der Outsourcingvertrag sollte den Leistungserfolg, also das Ergebnis, vorschreiben. Dem Dienstleister sollte es jedoch gestattet sein, die Art und Weise der Leistungserbringung zu bestimmen – auch wenn der Auftraggeber damit auf gewohnte Details (z.B. bei der Gestal-tung von Formularen oder Eingabemasken) verzichten muss. Denn regelmäßig lassen sich Kostenvorteile nur durch Veränderung (insbesondere Standardisierung) erzielen.

· Im Interesse beider Parteien sollte unbedingt die Logistikkompetenz bei einem Vertragsmanager (Logistikbeauftragter) auftraggeberseitig für die Steuerung der Auslagerung erhalten bleiben. Dieser sollte bei Änderungen der Logistikprozesse eingebunden werden – auch soweit die Prozesse im Ermessen des Dienstleisters stehen.

· Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die Vereinbarung angemessener Kommunikations- und Eskalationsmechanismen, die sicherstellen, dass die Beziehung zwischen Auftraggeber und Dienstleister positiv bleibt. Regelmäßige Projektmeetings und die Erstellung von Gesprächsprotokollen gehören ebenso dazu, wie die Benennung von Management Sponsors, die auf höherer Managementebene die Verantwortung für den Vertrag jenseits des Tagesgeschäfts tragen.

Wichtige vertragliche Besonderheiten
Bei der Verhandlung des Outsourcingvertrages sind einige Regelungen besonders wichtig:

· Aus Sicht des Kunden sind die Leistungsverpflichtungen durch Service Level Agreements (SLA) abzusichern, welche genau regeln, was geschuldet ist und vor allem auch welche Konsequenzen bei Verletzung der SLAs greifen. Auch aus Sicht des Dienstleisters machen detaillierte SLAs die Risiken kalkulierbar. Häufig übersehen – und daher nicht ausdrücklich geregelt – wird die Frage nach der Natur der Zahlung bei SLA-Verfehlungen: diese kann als Minderung, pauschalierter Schadensersatz oder Vertragsstrafe anzusehen sein. Für jede Variante gelten unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen.

· Wenn der Dienstleister zur Leistungsbringung neue Software einsetzt und die bisher eingesetzte Software außer Betrieb nimmt, stellt sich die Frage, wer die Rechte an dieser Software erwirbt. Wer welche Rechte hat, entscheidet auch darüber, wer die Software nach Kündigung des Outsourcingvertrages weiter benutzen darf, wenn der Vertrag gekündigt wird. Dies gilt im Wesentlichen auch für die Anschaffung anderer Ressourcen durch den Dienstleister. Darüber sind Regelungen im Vertrag zu treffen.

· Vielfach bestehen Dienstleister (zu Recht) auf einem weitgehenden Ausschluss von Kündigungsrechten, um die teilweise hohen Anfangsinvestitionen amortisieren zu können. Hier ist Vorsicht geboten, denn im Fall von mangelhaften Leistungen muss ein Ausstieg möglich sein – auch wenn er Geld kostet. Das gesetzliche Kündigungsrecht aus wichtigem Grund kann zwar in seinem Kern nicht vertraglich ausgeschlossen werden (besteht also immer); es hat aber strenge und auch unscharfe Voraussetzungen. Mangels klarer Vereinbarung ist in der Praxis oft strittig, ob gekündigt werden kann.

· Für den Fall einer Kündigung, müssen die Voraussetzungen für eine Übertragung auf einen anderen Dienstleister (sog. „2nd Generation Outsourcing“) oder die Reintegration gegeben sein. Sonst stünde der Auftraggeber nach einer Kündigung ohne funktionierende Logistik da. Deshalb ist vertraglich sicherzustellen, dass das Know-how und erforderliche Betriebsmittel zur Verfügung stehen. Gerade wenn die Logistik an einen neuen Dienstleister übergeben werden soll, wird der Dienstleister aber (verständlicherweise) zögerlich sein, sein Know-how einem Wettbewerber zur Verfügung zu stellen.

Neben diesen Regelungen sind natürlich die Bestimmungen zum Vergütungsmodell von entscheidender Bedeutung. Beide Parteien haben das Interesse sicherzustellen, dass die Vergütungsregelungen den jeweiligen business case angemessen reflektieren, d.h. einerseits Kostenflexibilisierung und -senkung und andererseits Deckung fixer und variabler Kosten sowie Erzielung eines angemessenen Gewinns. Es kommt die Besonderheit hinzu, dass der Dienstleister die bestehenden Ressourcen des Kunden übernimmt, ohne die damit verbundene Kostenstruktur von Anfang an genau einschätzen zu können. Selbst wenn das Vergütungsmodell anfangs funktioniert, können Kostenänderungen oder Marktpreisentwicklungen zur Unangemessenheit führen. Daher sollten geeignete Anpassungsmechanismen (z.B. Benchmarkklauseln, Neuverhandlungsmechanismen oder Preisanpassungsformeln) vereinbart werden.

Quelle: MyLogistics       
Portal:  www.logistik-express.com

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