|

Österreichischer Markenartikelverband (MAV) plädiert für Kurswechsel im heimischen Handel

Internationale Studie fordert Änderung des Wettbewerbsrechts bezüglich Preisbindung.

In der Lebensmittel-Lieferkette rumort es. Der MAV (Österreichischer Markenartikelverband) kritisiert die Nicht-Weitergabe von Preiserhöhungen bei Rohstoffen, Personal-, Logistik-, Energie- und Verpackungs-Kosten vom Produzenten an den Lebensmittelhandel und in weiterer Folge an die Konsumenten. Der heimische Handel blockiert allzu oft ökonomisch unvermeidliche Preisanpassungen.

Gestaltungsraum und Wertschätzung für die Marke gefordert.
Die drei wesentlichen Themenbereiche, die eine Marke umfassen sind Individualität, Erfolgsformel der Qualität sowie Kommunikationskraft. Eine Marke braucht dazu Gestaltungsraum und Wertschätzung, die sich am Markt mit einem entsprechenden Preis abbilden. „Ein Preiskrieg, so wie er derzeit geführt wird, ist aus zwei Gründen absolut kontraproduktiv: erstens wird es dem Konsumenten unmöglich gemacht, sich ein wichtiges und klares Wert-Bild des Produktes zu machen. Gleichzeitig wird dem Hersteller auch der für Qualität und Innovation so nötige Anreiz bzw. Ertrag, den er für Investitionen in die Zukunft der Marke benötigt, vorenthalten“, erläutert Mag. Günter Thumser, Geschäftsführer des Österreichischen Markenartikelverbandes die Problematik.

Auch Studie fordert Änderung des Wettbewerbsrechts bezüglich Preisbindung.
Die renommierte University of East Anglia (UK) tritt hier klar für eine Änderung des Wettbewerbsrechts bezüglich der Preisbindung ein.* So wird gefordert, dass Kurantpreise (die unreduzierten Preise) weiterhin ausschließlich in der Verantwortung des Groß- und Einzelhandels verbleiben. Die Hersteller sollten jedoch bei Promotion-Preisen eine wertstabilisierende Untergrenze vorgeben dürfen. „Diese volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung hat sogar in Brüssel Gehör gefunden. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein fairer Preis ein wichtiger Garant für eine nachhaltig funktionierende Volkswirtschaft ist“, begrüßt Thumser die Forderungen.

Preisgestaltung: „Fairness for All“ für Handel und Lieferanten.
In Österreich ist die Inflationsrate bei Lebensmitteln 2021 mit lediglich 0,8% deutlich niedriger ausgefallen, als in den meisten anderen europäischen Ländern. Die UNO berichtet sogar von +28% auf den Weltmärkten! „Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass der hochkonzentrierte heimische Lebensmitteleinzelhandel die Übernahme und Weitergabe extern verursachter Preiserhöhungen beharrlich blockiert bzw. hinauszögert. Durch diesen „Rückstau“ erwächst den Lebensmittelproduzenten aus Landwirtschaft und Industrie erheblicher ökonomischer Schaden“, erklärt Thumser die in Schieflage geratene Partnerschaft zwischen Handel und Produzenten bzw. Lieferanten.

Denn der Handel hat die gesellschaftliche Verantwortung, die Konsumenten darüber aufzuklären, dass für wertvolle, nachhaltig produzierte Lebensmittel auch ein angemessener Preis zu entrichten ist. „Wir fordern seit Jahren, dass der Handel endlich die begründeten Anforderungen und ökonomischen Notwendigkeiten (Kostenveränderungen, Einkaufspreise, Losgrößen, Zeitläufe) der Lieferanten/Erzeuger in den Einkaufspreis-Verhandlungen und in der Kalkulation berücksichtigt“, spricht sich Thumser zum wiederholten Male für eine Partnerschaft auf Augenhöhe aus.

Soziale Verantwortung des Handels als Scheinargument.
Die marktdominanten Handelskonzerne argumentieren den Preisboykott damit, dass sie soziale Verantwortung für ärmere Bevölkerungsschichten tragen würden, die sich nur so weiterhin ausreichend Lebensmittel leisten könnten. Aber glücklicherweise ist das Risiko, sich wegen gewisser, durchaus überschaubarer Preiserhöhungen (die niedriger ausfallen werden, als in den meisten anderen EU-Ländern) nicht ausreichend gut ernähren zu können, gerade in Österreich sehr gering, da unser besonders stark ausgeprägtes Sozialsystem mit seinen enormen Transferleistungen, die im Spitzenfeld der OECD liegen, auch Menschen mit niedrigem Einkommen entsprechend unter die Arme greift.

Ohne Erwerbseinkommen kein Konsum – Arbeitsplätze gehen durch Preiskrieg verloren.
Das Produzieren ist durch diese einseitigen Blockaden am Weg zum Verbraucher ökonomisch nicht mehr ausreichend darstellbar, es gibt keine kostengerechtes Pricing mehr. Das hätte zur Folge, dass einerseits weniger produziert und anderseits zwangsläufig Arbeitsplätze abgebaut werden.

Es wäre also durchaus in der sozialen Verantwortung der Handelskonzerne, zu allererst für den Erhalt der wertschöpfenden Arbeitsplätze im produktiven Bereich ihrer Lieferanten zu sorgen. Das ermöglicht es dann auch vielen Menschen, sich den Konsum mit ausreichendem Erwerbseinkommen weiterhin SELBST zu finanzieren. „Schade, dass es in den obersten Etagen der Handelskonzerne nicht ausreichend Mut gibt, hier aus der wechselseitigen Paralyse des lautstark geführten Rabattkrieges auszuscheren und damit aktiv die wahre soziale Verantwortung für den Erhalt des Wohlstands in der gesamten Gesellschaft mitzutragen. Die Gesellschaft ist nämlich schon etwas weiter, das zeigt das gerade in den letzten beiden Jahren nochmals deutlich gestiegene Bewusstsein für heimische Produktion (Stichwort Herkunft) wie auch der zunehmende Bio-Anteil“, unterstreicht Thumser seine Forderung an den Handel, einen gemeinsamen Weg in Richtung eines zu stärkenden Kosten-/Preis- und Qualitätsbewusstseins bei den Konsumenten zu gehen. Denn, so Thumser weiter: „Höhere Qualität gibt es nicht geschenkt“.

*Studie: Minimum Advertised Prices; How They Differ from RPM; Prof. Sean Ennis,Prof. Kai-Uwe Kühn; Centre for Competition Policy, University of East Anglia, March 2021.

Rückfragen & Kontakt:
MAV Pressestelle
Mag. Gabriele Liebl
Liebl Consulting
office@liebl-consulting.com
www.liebl-consulting.com
+ 43-664-5137575

Ähnliche Beiträge